Die richtige Einnahme von Medikamenten stellt für Patienten und Angehörige in der häuslichen Pflege oft eine Herausforderung dar. Mit der Vielzahl an Darreichungs- und Applikationsformen sowie Einnahmehinweisen sind viele überfordert und unsicher.

Dieser Artikel fasst wesentliche Aspekte der Medikamentengabe zusammen, erklärt wichtige Begriffe und zeigt potenzielle Fehlerquellen auf, um für Patienten und pflegende Angehörige eine Grundlage für den sicheren Umgang mit Medikamenten zu schaffen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die 5-R-Regel (richtige Person, richtiges Medikament, richtige Dosierung, richtige Applikationsform und richtiger Zeitpunkt) ist eine nützliche Merkhilfe, mit der Fehlmedikationen vermieden werden können.
  • Ein Medikationsplan steht allen Versicherten zu, die dauerhaft mindestens drei systemisch wirksame Medikamente zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnet bekommen haben, und wird in der Regel vom Hausarzt ausgestellt.
  • Im Zweifelsfall sollte bei der Einnahme von Medikamenten professioneller Rat eingeholt werden.

Medikamentengabe im Alter

Von der ursächlichen Behandlung einer Erkrankung über die Linderung von Symptomen bis zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit und Lebensqualität finden Medikamente breite Anwendung. Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil derjenigen mit Medikamenten sowie die Anzahl der eingenommenen Medikamente. Zu den am häufigsten verordneten Arzneimitteln gehören dabei:

  • Schmerzmittel (Analgetika) wie Metamizol (Novaminsulfon) und Ibuprofen
  • Blutdrucksenker (Antihypertensiva) wie Ramipril, Bisoprolol, Metoprolol
  • das Schilddrüsenhormon Levothyroxin (L-Thyroxin)
  • Lipidsenker wie Simvastatin und Atorvastatin
  • Säureblocker wie Pantoprazol

5-R-Regel – Was ist bei der Medikamentengabe zu beachten?

Die „5-R-Regel“ ist eine Merkhilfe für die fünf wichtigsten Aspekte der Medikamentengabe. Diese sind:

Richtige Person
– ist das Medikament für diese Person bestimmt?

Richtiges Medikament
– handelt es sich sicher um das verordnete Medikament?

Besonders achtsam muss man hier bei ähnlich klingenden Namen sein, um Verwechslungen zu vermeiden.

Gut zu wissen:

Die Verwirrung mit den Namen – zu jedem Medikament gibt es meist viele Namen:

Der Wirkstoffname bezeichnet dabei die in einem Arzneimittel enthaltene wirksame Substanz (Wirkstoff). Wirkstoffe einer Wirkstoffgruppe haben häufig dieselbe Endung, zum Beispiel die Beta-Blocker Metoprolol und Bisoprolol. Ein Wirkstoff kann mehrere Wirkstoffnamen haben.

Der Handelsname eines Arzneimittels bezeichnet dahingegen ein Arzneimittel mit einer festen Zusammensetzung eines Herstellers wie sie in der Apotheke erhältlich sind. So sind Dolorgit®, Dolormin®, Ibubeta®, Ibuflam®, IbuHexal®, Neuralgin® und Nurofen® alles Handelsnamen von Arzneimitteln verschiedener Hersteller, die alle denselben Wirkstoff Ibuprofen enthalten.

Richtige Dosierung – stimmt die Dosis?

Dabei sollte auf die Menge des Wirkstoffes und nicht nur auf die Anzahl der Tabletten geachtet werden. Viele Wirkstoffe gibt es in Form von Tabletten mit unterschiedlicher Wirkstoffmenge („Stärke“); „eine Tablette morgens und abends“ reicht als Angabe nicht aus.

Achtung: Bei der Einnahme von Medikamenten sollte immer auch auf die Wirkstoffmenge geachtet werden. Ibuprofen zum Beispiel ist als Tabletten mit 200 bis 800 mg erhältlich.

Richtige Applikationsform
– wie wird das Medikament verabreicht?

Die richtige Applikationsform ist entscheidend für die Wirksamkeit des Medikamentes. Die häufigsten Applikationsformen sind unten genauer erläutert.

Richtiger Zeitpunkt
– wann ist das Medikament einzunehmen?

Neben der Tageszeit spielt hier auch eine Rolle, ob die Medikamente zu den Mahlzeiten oder auf nüchternen Magen genommen werden sollen.

Gut zu wissen:

Durch Wechselwirkungen von Nahrungsmitteln und Medikamenten kann die Wirkung einiger Medikamente abgeschwächt oder verstärkt werden. Hierdurch kann die gewünschte Wirkung ausbleiben oder es können teils gefährliche Nebenwirkungen resultieren. Alkohol und Grapefruit sind bekannte Bespiele und sollten mit vielen Medikamenten nicht kombiniert werden.

Außerdem wichtig

Richtige Anwendungsdauer
– ist die ärztliche Verordnung noch aktuell?

Medikamente sollten immer genau wie verordnet eingenommen werden. Das frühzeitige Absetzen kann den Erfolg der Therapie gefährden.

Richtige Aufbewahrung

Die meisten Medikamente können bei Raumtemperatur, geschützt vor Sonnenlicht und Feuchtigkeit und außerhalb der Reichweite von Kindern gelagert werden.

Gut zu wissen:

In der Packungsbeilage, die jedem Medikament beiliegt, finden sich wichtige Informationen unter anderem zur Anwendung, Aufbewahrung, Nebenwirkungen, Warnhinweisen und Wechselwirkungen. Hier kann man im Zweifelsfall nachlesen.

Richtige Entsorgung

Falsch entsorgte Medikamente stellen eine Gefahr für die Umwelt und Mitmenschen dar. Niemals sollen Medikamente über das Abwasser entsorgt werden. Im Zweifelsfall können Sie sich an eine Apotheke wenden, die Sie bezüglich der fachgerechten Entsorgung berät oder Ihnen die nicht verbrauchten Medikamente sogar abnimmt.

Vorsicht bei Selbstmedikation!

Viele Arzneimittel sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich (sogenannte „Over-the-counter“-Präparate). Das heißt allerdings nicht, dass diese Medikamente keine Nebenwirkungen haben können und für alle gleichermaßen geeignet sind.

Für Kinder und Senioren können bestimmte Medikamente und Dosierungen problematisch sein, die im mittleren Alter allgemein gut vertragen werden.

Auch bei vorbestehenden Erkrankungen oder in Kombination mit anderen Medikamenten ist unter Umständen Vorsicht geboten. Je mehr Medikamente eingenommen werden, desto größer ist das Risiko für Wechselwirkungen mit teils ernsten Nebenwirkungen.

Bevor Sie sich also ein rezeptfreies Medikament selbst „verordnen“, holen Sie besser professionellen Rat bei einem Arzt oder Apotheker ein.

Applikation – Verabreichung von Medikamente

Das Verabreichen von Medikamenten wird fachsprachlich Applikation genannt. Die Applikationsform ist die Art und Weise, mit der das Medikament verabreicht wird. Zur jeweiligen Applikationsform muss eine geeignete Darreichungsform gewählt werden. Folgend sind wichtige Applikationsformen mit Beispielen für geeignete Darreichungsformen aufgeführt:

  • lokal/topisch – örtlich auf eine Stelle aufgetragen (z. B. Salben oder Augentropfen)
  • enteral – „über den Darm“; dazu gehören:
    • oral über den Mund eingenommen und geschluckt (die allermeisten Tabletten)
    • sublinguale Applikation unter die Zunge ohne das Medikament zu schlucken. Die Aufnahme erfolgt dann über die Schleimhaut (z. B. Nitroglycerin-Spray bzw. „Nitro-Spray“).
    • rektal über den After in den Mastdarm geschoben (z. B. Zäpfchen) 
  • parenteral – „am Darm vorbei“
    Die Aufnahme des Medikaments erfolgt dabei ohne Beteiligung des Verdauungstraktes.
    Zu den parenteralen Applikationsformen gehören unter anderem:

    • Injektionen, wobei das Medikament subkutan (unter die Haut), intravenös (in die Vene) oder intramuskulär (in den Muskel) gespritzt wird (z. B. Insulin oder viele Impfungen)
    • intravenöse Infusionen, bei denen das Medikament langsam in eine Vene läuft (z. B. bei der „Ernährung über die Vene“)
    • transdermale Applikation durch die Haut hindurch (z. B. bei Schmerzpflastern)

Abhängig von der Applikationsform können Medikamente systemisch (im ganzen Körper) oder lokal (örtlich begrenzt) wirken.

Medikamente für die Einnahme richten

Das Richten (auch Stellen) von Medikamenten ist die Vorbereitung von Arzneimitteln für die kommenden Einnahmen. Tabletten können in Tablettendispensern nach Tagen und Einnahmezeitpunkten für einen Tag oder länger vorbereitet werden und müssen dann nur noch entsprechend eingenommen werden.

Manche Patienten sind nicht mehr in der Lage, ihre Medikamente selbst zu richten, weil sie beispielsweise zu schwach sind, die Tabletten aus den Blistern herauszudrücken oder die Tabletten nicht mehr unterscheiden können.

Ein Vorteil dieser Vorbereitung ist auch, dass man sich in einem ruhigen Moment Zeit für die notwendige Sorgfalt nehmen kann und so Fehlern, die in der Hektik passieren, vorbeugt.

Wichtig: Nehmen Sie Tabletten, die Sie nicht mehr zuordnen können, sicherheitshalber nicht mehr ein. Das Risiko einer Fehlmedikation ist anderenfalls zu hoch.

Medikationsplan – den Überblick behalten

Um den Überblick über alle einzunehmenden Medikamente zu behalten, ist es sinnvoll, diese übersichtlich und vollständig aufzulisten.

Der bundeseinheitliche Medikationsplan ist ein standardisierter Plan aller aktuellen Medikamente eines Versicherten. Er enthält alle eingenommenen apothekenpflichtigen Arzneimittel mit Angaben zu deren

  • Wirkstoff
  • Handelsnamen
    • Stärke (Wirkstoffmenge je Einheit; z. B. pro Tablette)
    • Form (z. B. eine Tablette oder eine Lösung)
    • Einnahmezeitpunkt (morgens, mittags, abends oder zur Nacht)
  • Einheit (z. B. Stück, Tropfen oder Milliliter)
  • Einnahmehinweise
  • Indikation (Grund der Verordnung)
  • sowie Angaben zum Versicherten und dem ausstellenden Arzt. Dies ist in der Regel der behandelnde Hausarzt.

Anspruch auf den Medikationsplan haben alle, die:

  • gesetzlich krankenversichert sind,
  • gleichzeitig mindestens drei verordnete Arzneimittel dauerhaft einnehmen und
  • diese Arzneimittel zu Lasten der Krankenkasse verordnet sind.

Gut zu wissen:

Der Medikationsplan kann auch auf der elektronischen Gesundheitskarte gespeichert werden.

FAQ - Häufige Fragen zur Medikamentengabe