Sind Sie berufstätig und kümmern sich um einen zu pflegenden Angehörigen? Dann wissen Sie, dass die Vereinigung von Familie und Beruf nicht immer problemlos gelingt. Das Pflegezeit-Gesetz bietet die Möglichkeit, Pflegezeit zu beantragen.

Wir verraten Ihnen in diesem Artikel, welche Voraussetzungen Sie erfüllen müssen, um die sechsmonatige Freistellung von der Arbeit beantragen zu können. Zudem geben wir Ihnen wichtige Informationen zu der sozialen Absicherung in dieser Zeit.

Das Wichtigste in Kürze

  • Pflegezeit kann für maximal sechs Monate beantragt werden
  • Voraussetzung ist, dass Sie einen nahen Verwandten in der häuslichen Umgebung pflegen und dass Ihr Arbeitgeber mindestens 15 Personen beschäftigt
  • Die Pflegezeit kann unter gewissen Umständen verlängert werden
  • Eine Kombination mit der Familienpflegezeit ist möglich

Die Pflegezeit schafft Entlastung

Personen, die sich mit viel Herz um die Pflege ihrer Angehörigen kümmern, kennen das Gefühl von innerer Zerrissenheit. Sie möchten der Pflege viel Aufmerksamkeit schenken, ihren Beruf aber trotzdem nicht aufgeben. Das kann schnell zu einer echten Herausforderung werden. Das Pflegezeitgesetz hat sich zur Aufgabe gemacht, Bedingungen zu schaffen, damit pflegende Angehörige Entlastung erfahren. Eine wichtige Maßnahme ist dabei die Pflegezeit.

Wurde die Pflegezeit beantragt und bewilligt, erhält der Angehörige eine Freistellung von der Arbeit. Der Zeitraum beträgt in der Regel sechs Monate, er kann unter bestimmten Voraussetzungen jedoch verlängert werden.

Gut zu wissen!

Sie haben die Möglichkeit, sich entweder ganz oder teilweise freistellen zu lassen. So erhalten Sie die nötige Flexibilität, um Ihrer Arbeit bei Bedarf weiter nachgehen zu können. Grundsätzlich hat jeder Angestellte das Recht auf eine teilweise Freistellung, es sei denn, es gibt betriebsbedingte Gründe, die das verhindern.

Wer hat Anspruch auf Pflegezeit?

Sie haben einen Anspruch auf Pflegezeit, wenn Sie sich in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis befinden und einen nahen Angehörigen zu Hause pflegen. Außerdem ist es zwingend erforderlich, dass Ihr Arbeitgeber mindestens 15 Menschen in seinem Unternehmen beschäftigt.

Pflegezeit: Voraussetzungen

Der Gesetzgeber hat genaue Vorstellungen davon, wer von einer Pflegezeit profitieren sollte. Davon können verschiedene Voraussetzungen abgeleitet werden. Sind diese erfüllt, lässt sich die Pflegezeit beantragen.

Folgende Voraussetzungen gibt es:

    • Sie pflegen einen nahen Angehörigen im häuslichen Umfeld.
    • Sie besitzen eine Bescheinigung, die eine Pflegebedürftigkeit des Angehörigen durch die Pflegekasse oder den medizinischen Dienst (MDK oder MEDICPROOF) bestätigt.
    • Sie haben die Pflegezeit bei Ihrem Arbeitgeber schriftlich angemeldet.

Gut zu wissen!

Ihr Arbeitgeber benötigt Zeit, um die personellen Änderungen einzuplanen. Deshalb muss die Pflegezeit 10 Tage vor Pflegebeginn beim Arbeitgeber eingereicht werden. Geben Sie Ihrem Arbeitgeber dazu auch Informationen, über welchen Zeitraum Sie die Pflegezeit benötigen oder wie die Teilzeitarbeit gestaltet sein sollte. 

Was sind nahe Angehörige?

Im Pflegezeitgesetz und im Familienpflegezeitgesetz wird häufig von nahen Verwandten gesprochen, aber was sind nahe Verwandte überhaupt? 

Der Gesetzgeber versteht unter nahen Verwandten folgende Personen:

    • Eltern, Großeltern, Stiefeltern und Schwiegereltern
    • Ehepartner, Lebensgefährten 
    • Geschwister
    • Kinder, Enkelkinder, Pflegekinder, Adoptivkinder (auch die des Ehegatten oder Lebenspartners)
    • Schwiegerkinder
    • Schwager und Schwägerinnen

Test – Bekommen Sie eine Pflegezeit für Angehörige? 

Auch eine kurzfristige Pflegezeit ist kein Problem, solange Sie alle Voraussetzungen erfüllen und Ihr Vorhaben bei Ihrem Arbeitgeber rechtzeitig ankündigen. Mit unserem Test können Sie mit nur wenigen Klicks erfahren, ob Sie die Voraussetzungen für die Pflegezeit erfüllen.

  1. Pflegen Sie einen nahen Angehörigen?
  2. Stellen Sie die Pflege im häuslichen Umfeld sicher?
  3. Haben Sie eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des medizinischen Dienstes (MDK) über die Pflegebedürftigkeit Ihres Angehörigen?
  4. Haben Sie die Pflegezeit schriftlich bei Ihrem Arbeitgeber eingereicht?
  5. Beschäftigt Ihr Arbeitgeber mindestens 15 Personen?

Ergebnis: Können Sie alle 5 Fragen mit „Ja“ beantworten, sind die Voraussetzungen erfüllt, ansonsten nicht. 

Antrag auf Pflegezeit – Formular

Um eine Pflegezeit beantragen zu können, ist ein entsprechender Hinweis an den
Arbeitgeber erforderlich. Wir haben Ihnen ein Musterschreiben zur Beantragung
entworfen. Dieses können Sie ausdrucken und Ihrem Arbeitgeber ausgefüllt
überreichen.

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Wie lange kann man Pflegezeit in Anspruch nehmen?

Die Pflegezeit ist für eine maximale Dauer von sechs Monaten ausgelegt. Der Gesetzgeber hat keine Möglichkeit geschaffen, die Pflegezeit auf mehrere Zeitabschnitte zu verteilen. Daher empfehlen wir Ihnen, auch wirklich die Zeit einzuplanen, die Sie für die Pflege benötigen.

Wenn Sie sich die Pflegezeit genommen haben, besteht kein Anspruch auf eine weitere Pflegezeit. Eine Verlängerung ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Zum Beispiel dann, wenn Sie nur drei Monate beantragt haben, dann aber merken, dass Sie mehr Zeit brauchen. In dem Fall muss der Zeitraum nahtlos an den vorherigen anschließen. Zudem muss Ihr Arbeitgeber der Verlängerung zustimmen.

Gut zu wissen!

Wenn Sie den Sterbeprozess Ihres Angehörigen begleiten möchten, dürfen Sie die Pflegezeit um bis zu drei Monate verlängern. Nun gilt das häusliche Umfeld nicht mehr als einziges Kriterium. So können Sie Ihren Angehörigen auch in einem Hospiz begleiten.

Vorzeitig zurück aus der Pflegezeit

Eine Pflegezeit kann länger dauern, als zuvor angenommen. In diesem Fall haben Sie die Möglichkeit, den Zeitraum auf insgesamt sechs Monate auszudehnen.

Manchmal ist der Angehörige nach einiger Zeit nicht mehr pflegebedürftig oder die Pflege erfolgt zukünftig nicht mehr im häuslichen Umfeld. Dann endet die Pflegezeit automatisch vier Wochen, nachdem sich die Umstände verändert haben.

Sie haben nun die Pflicht, dass bei Ihrem Arbeitgeber zeitnah anzugeben. Nicht nur der Wechsel in eine stationäre Pflege oder das Versterben der Pflegeperson können dazu führen, dass Sie vorzeitig aus der Pflegezeit ausscheiden. Vielleicht haben Sie finanzielle Engpässe und sind daher auf die Aufnahme Ihrer Tätigkeit angewiesen. Das stellt ebenfalls einen triftigen Grund für eine vorzeitige Beendigung der Pflegezeit dar.

Gut zu wissen!

Sie möchten aus anderen persönlichen Gründen die Pflegezeit abbrechen, dann liegt es an Ihrem Arbeitgeber, ob er der Anfrage zustimmt oder nicht. Wir raten Ihnen dazu, das Gespräch zu suchen.

Pflegezeit – Soziale Absicherung und Bezahlung

Wenn die Tätigkeit über mehrere Monate eingestellt werden muss, ergeben sich automatisch Fragen zur sozialen Absicherung und zur finanziellen Lage. Die gute Nachricht ist, dass Sie in der Pflegezeit nicht gekündigt werden können, da Sie einen besonderen Kündigungsschutz genießen.

In der Regel erhalten Sie während der Pflegezeit kein Gehalt. Sie können für diesen Zeitraum jedoch Pflegeunterstützungsgeld als Lohnersatzleistung beantragen. Der richtige Ansprechpartner ist hier die Pflegekasse Ihres pflegebedürftigen Angehörigen. Eine ärztliche Bescheinigung wird für die Beantragung benötigt.

Wenn Sie sich in der Pflegezeit befinden, sind Sie auch ausreichend sozial abgesichert. Die Pflegekasse übernimmt in dieser Zeit gewisse Beiträge für die Unfallversicherung und Rentenversicherung. Mit Blick auf die Rentenversicherung bestimmt der Pflegegrad des Pflegebedürftigen über die Beitragshöhe.

Gut zu wissen!

Sie können auf die Familienversicherung in der Pflegezeit bei Krankheit zurückgreifen. Ist das nicht umsetzbar, sind Sie dazu angehalten, sich freiwillig oder privat bei einer Krankenversicherung abzusichern. Die Pflegeversicherung leistet einen Zuschuss bei der Kranken- und Pflegeversicherung, wenn Sie einen entsprechenden Antrag stellen.

Wer zahlt bei Pflegezeit?

Der Arbeitgeber zahlt in der Regel kein Gehalt während der Pflegezeit. Sie können jedoch das Pflegeunterstützungsgeld in Anspruch nehmen. Es sieht 90 % des entfallenden Nettoarbeitsentgeltes vor. Hier gibt es allerdings einen Höchstbetrag. So werden maximal 70 % der Beitragsbemessungsgrenze übernommen. Im Jahr 2021 entspricht das höchstens 112,88 Euro täglich. Einmalzahlungen wie Prämien werden nicht in die Berechnung mit einbezogen. 

Gut zu wissen!

Wenn Sie weiter Gehalt oder ein Kinderpflege-Krankengeld beziehen, wird ein Pflegeunterstützungsgeld nicht bewilligt. Seit dem Jahr 2015 gewährt das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ein zinsloses Darlehen für die Pflegezeit. Durch Inanspruchnahme können Sie finanzielle Engpässe vermeiden.

Sonderform – Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Die Bedürfnisse von Angehörigen, insbesondere im Alter, können sich schnell ändern. Plötzlich liegt eine Pflegebedürftigkeit vor. Um organisatorische Regelungen zu treffen, wird einige Zeit benötigt. Diese erhalten Sie mit der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung. Dabei handelt es sich um eine Sonderform der Pflegezeit. Ihnen stehen zehn Arbeitstage zur Verfügung, die Sie im Rahmen der Arbeitsverhinderung ausschöpfen können.

Hierbei spielt es keine Rolle, wie groß das Unternehmen ist, in dem Sie arbeiten. Die Arbeitsverhinderung und die benötigten Tage müssen Sie Ihrem Arbeitgeber zeitnah mitteilen. Er kann daraufhin eine ärztliche Bescheinigung, die den Anspruch untermauert, verlangen.

Gut zu wissen!

Bei der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung kann es unter Umständen möglich sein, dass Sie Ihr Gehalt weiter erhalten. Entsprechende Informationen befinden sich im Arbeits- oder Tarifvertrag.

Familienpflegezeit und Pflegezeit – eine clevere Kombination

Der Gesetzgeber hat mehrere Möglichkeiten geschaffen, damit Sie als pflegender Angehöriger von einer Entlastung profitieren. So wurde neben der Pflegezeit auch die Familienpflegezeit geschaffen. Beide Modelle können miteinander kombiniert werden. Die Möglichkeit ergibt sich dann, wenn die sechsmonatige Pflegezeit in Ihrem Fall nicht ausreicht.

Auch hier ist es wichtig, dass keine Zeiträume zwischen den Intervallen liegen. Pflegezeit und Familienpflegezeit müssen demnach direkt ineinander übergehen. Zudem sollten Sie beachten, dass die maximale Freistellung 24 Monate beträgt.

Was ist der Unterschied zwischen Pflegezeit und Familienpflegezeit?

Die zugrunde liegenden Bedingungen sind bei beiden Modellen nahezu identisch. Allerdings wird die Familienpflegezeit über einen Zeitraum von 24 Monaten gewährt. Voraussetzung ist jedoch, dass Sie als Arbeitnehmer mindestens 15 Arbeitsstunden pro Woche leisten. Sie bleiben Ihrem Arbeitgeber also weiterhin für einen gewissen Stundenumfang erhalten. Damit die Familienpflegezeit bewilligt werden kann, muss Ihr Unternehmen mindestens 25 Personen beschäftigen.

FAQ: Fragen und Antworten rund um die Pflegezeit