Mit Elektrostimulationsgeräten ist es möglich, eine vordefinierte Strommenge zu therapeutischen Zwecken in den Körper zu leiten. Damit lassen sich Muskeln kräftigen oder Schmerzen lindern.[1] Elektrostimulationsgeräte gibt es für spezielle Anwendungsorte wie den Kopf oder die Haut.

Wir verraten Ihnen heute, wie die Elektrostimulation funktioniert, welche Geräte dabei zum Einsatz kommen und wer die Kosten dafür übernimmt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Elektrostimulationsgeräte können Schmerzen lindern, Behinderungen ausgleichen, Muskelgruppen aktivieren und eine Inkontinenz abschwächen.
  • Das Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes listet verschiedene Geräte zur Elektrostimulation auf – sie alle eignen sich für den Hausgebrauch.
  • Im Hilfsmittelverzeichnis sind die verschiedenen Produkte nach Einsatzort aufgeführt.
  • Versicherte, die eine entsprechende Diagnose und eine ärztliche Verordnung mitbringen, erhalten ein Elektrostimulationsgerät über die Krankenkasse.
  • Betroffene müssen dann lediglich einen Eigenanteil in Höhe von maximal 10 Euro leisten.
  • Pflegende Angehörige können Betroffene bei der Durchführung der Elektrostimulation anleiten und begleiten.

Was sind Elektrostimulationsgeräte?

Elektrostimulationsgeräte sind Medizinprodukte, die elektrisch betrieben werden. Ihre Aufgabe ist es, einen therapeutisch wirksamen Strom zu erzeugen. Dieser wird mittels Elektroden in den Körper geleitet. Die Elektrostimulationsgeräte machen sich einen cleveren Weg im Körper zunutze, der der Informationsübertragung dient. Der Organismus leitet nämlich bioelektrische Signale über das periphere Nervensystem weiter. Dieser Informationsweg ermöglicht nicht nur eine besonders schnelle, sondern auch eine sehr gezielte Weitergabe von Informationen. Das ist wichtig, denn so können Körperfunktionen ausgelöst werden. Elektrostimulationsgeräte nutzen diese Form der Erregungsleitung – künstlich erzeugte elektrische Impulse haben das Ziel, Nervenreizungen zu provozieren. Das Ergebnis sind wünschenswerte Reaktionen bzw. Empfindungen oder eine Schmerzlinderung.

Einsatzgebiete der Elektrostimulation

Elektrostimulationsgeräte sind im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes in der Kategorie „09-Elektrostimulatiosgeräte“ aufgeführt. Die hier genannten Produkte produzieren therapeutisch wirksame Ströme – die Stromstärke, die Frequenz, die Wirkdauer und andere Einstellungen lassen sich individuell vornehmen. Alle Geräte haben gemeinsam, dass sie sich in der Regel auf die äußere Anwendung konzentrieren und für den häuslichen Therapiegebrauch vorgesehen sind. Das bedeutet, die Elektrostimulationsgeräte dieser Kategorie werden von Pflegebedürftigen bzw. Angehörigen angewendet. Zuvor ist natürlich eine ausführliche Einweisung wichtig – diese kann durch den Arzt oder den Leistungserbringer erfolgen.2

Die Elektrostimulationsgeräte eignen sich für folgende Einsatzgebiete:

  • Schmerztherapie
  • Muskelstimulation
  • funktionelle Elektrostimulation
  • Behandlung einer Inkontinenz
  • Therapie einer idiopathischen Hyperhidrose (krankhaftes Schwitzen)

Gut zu wissen!

Bei der Elektrostimulation kommen verschiedene Frequenzspektren zum Einsatz. Neben dem (gepulsten) Gleichstrom, gibt es die Niederfrequenztherapie, die Mittelfrequenztherapie und die Hochfrequenztherapie.2

Welche Elektrostimulationsgeräte gibt es im Hilfsmittelverzeichnis?

Im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes werden die Elektrostimulationsgeräte in der Kategorie 09 nach dem Anwendungsort eingeteilt. Auf diese Weise können Sie sich sehr strukturiert über die verschiedenen Gerätschaften informieren. Im Folgenden stellen wir Ihnen die Elektrostimulationsgeräte vor.

1. Leib/Rumpf: Defibrillatorwesten zur Eigenanwendung

Eine tragbare Defibrillatorweste ist für Menschen vorgesehen, bei denen das Risiko eines plötzlichen Herzstillstandes besteht. Betroffene legen das Hilfsmittel selbst an und tragen es rund um die Uhr unter der Kleidung. Das System überwacht kontinuierlich den Herzrhythmus und löst bei Auffälligkeiten und nach einem Alarm automatisch eine Defibrillation aus. Dabei erfolgt ein Gleichstromstoß, der über den Brustkorb das Herz erreicht. Das Ziel ist, wieder einen normalen Herzrhythmus herzustellen.

Die Defibrillatorwesten setzen sich aus 3 Komponenten zusammen:

  • Eine Steuereinheit, die Betroffene mit sich tragen müssen
  • Ein Elektrodengürtel
  • Eine Weste, die den Brustkorb des Versicherten umschließt

2. Kopf: Hilfsmittel zur Erzeugung von Tumortherapiefeldern

Im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes ist ein Gerät aufgeführt, mit dem sogenannte „TTFields“ erzeugt werden können. Die elektrischen Felder sind für einen im Gehirn befindlichen Krebstumor vorgesehen. Auch hier erfolgt die Anwendung im häuslichen Umfeld. Mit einem Netzteil und einem Akku ausgestattet, eignet sich das Gerät sowohl für den stationären als auch den mobilen Einsatz. Das Hilfsmittel zur Erzeugung von Tumortherapiefeldern richtet sich an Patienten ab 18 Jahren.

3. Haut: Monophasische Elektrotherapiegeräte bei Hautfunktionsstörungen

Lediglich ein Leitungswasser-Iontophoresegerät zur Hyperhidrosisbehandlung befindet sich in dieser Kategorie. Hier werden die elektrischen Pulse dazu eingesetzt, einer übermäßigen Schweißbildung an Händen, Füßen oder unter den Achseln entgegenzuwirken. An dem Gerät können Versicherte die Stromstärke und die Behandlungszeit einstellen. Besonders praktisch ist, dass Betroffene den mitgelieferten Koffer direkt als Behandlungswanne für Hände oder Füße nutzen können. Sollen die Achseln behandelt werden, werden die in Wasser getränkten Elektronen unter den Achseln befestigt.[2] Übrigens: Um die Erfolge der Therapie zu sichern, muss das Gerät regelmäßig zum Einsatz kommen.

4. Nerven/Muskeln: Elektrostimulationsgeräte bei Schmerzen, zur Stimulation und bei Inkontinenz

Ein besonders großes Therapiefeld ergibt sich in Bezug auf die Nerven und Muskeln. Durch den Einsatz der Elektrostimulationsgeräte können Schmerzen gelindert, Muskeln aufgebaut und eine Inkontinenz reduziert werden.

  • Schmerztherapiegeräte: Ein Elektrostimulationsgerät kann die peripheren Nerven insoweit reizen, dass eine Reduzierung der Schmerzen bis hin zu einer völligen Schmerzfreiheit möglich ist. Die Behandlung führt der Versicherte nach einer Einweisung des Arztes selbst durch. Dafür legen Betroffene die Behandlungselektroden auf die entsprechende Körperstelle auf, verbinden sie mit dem Gerät und setzen die Behandlung in Gang. Wie stark die Nerven stimuliert werden, können Versicherte selbst regeln. Das Elektrostimulationsgerät besitzt mindestens zwei Stimulationskanäle, mit denen es symmetrische oder asymmetrische Impulse abgibt. Der behandelnde Mediziner kann den Therapiespeicher des Gerätes auslesen und so Rückschlüsse auf die Mitarbeit des Patienten gewinnen.
  • Muskelstimulationsgeräte: Die Produkte sind dafür vorgesehen, innervierte, nicht vollständig denervierte oder akut denervierte Muskeln zu stimulieren. In Abklärung mit dem behandelnden Mediziner wenden Betroffene die Geräte selbst an. Auch hier ist zuvor ein Aufbringen von Elektroden und eine Verbindung mit dem Stimulationsgerät nötig – danach starten Versicherte die Therapie. Die Elektrostimulationsgeräte zur Muskelstimulation verfügen über mindestens zwei Stimulationskanäle, die unabhängig voneinander genutzt werden können. Ein vorhandener Therapiespeicher ermöglicht es dem Arzt, die Behandlungsergebnisse zu bewerten. Als Energieversorgung dienen übrigens Batterien oder Akkus. In die Kategorie fallen auch sogenannte EMG-getriggerte Muskelstimulationsgeräte. Entsprechende Geräte kommen bei nicht vollständig denervierten Muskeln zum Einsatz. Das Besondere ist hier, dass die verarbeitete Mess- und Verstärkungselektronik gezielt die geringen, noch von zerebral ankommenden Efferenzen nutzt, um gelähmte Muskelpartien zu stimulieren.
  • Elektrostimulationsgeräte bei Inkontinenz: Elektrostimulationsgeräte, die in diese Kategorie fallen, stimulieren die Beckenbodenmuskulatur. Die Produkte können eine Inkontinenz-Behandlung begleiten. Der Versicherte legt zunächst die Behandlungselektroden auf oder führt diese in das Rektum oder die Vagina ein. Im Anschluss wird das Gerät mit den Elektroden verbunden – nun müssen Betroffene nur noch den Startknopf drücken. Versicherte können die Behandlungsintensität selbst regeln. Auch hier kann der Mediziner regelmäßig den Therapiespeicher auslesen. Handelt es sich um ein Gerät mit Biofeedback, erhält der Nutzer über akustische oder optische Signale eine Rückmeldung zur Qualität der Muskelanstrengung.
  • Elektrostimulationsgeräte zur funktionellen Elektrostimulation (FES): Diese speziellen Elektrostimulationsgeräte helfen Versicherten dabei, flüssiger und dynamischer zu gehen. Das steigert nicht nur die Lebensqualität, sondern minimiert auch das Sturzrisiko. Das Prinzip ist einfach: Das Gerät stimuliert die Muskulatur und leitet so eine Kontraktion ein – Betroffene heben damit automatisch die Fußspitze beim Gehen an. Die Befestigung des Gerätes erfolgt am Bein – die Versicherten fixieren die Elektroden außen am Knie, im Schuh befindet sich ein Sensor und leitet die Impulsübermittlung ein. Das Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes sieht verschiedene Geräte in dieser Kategorie vor. Des Weiteren gibt es mehrkanalige, sensorgesteuerte Stimulationsgeräte zum Behinderungsausgleich, die sich ebenfalls in der Produktkategorie 09 befinden.

Gut zu wissen!

Das Hilfsmittelverzeichnis listet nicht nur Elektrostimulationsgeräte in der entsprechenden Kategorie auf, sondern gibt auch einen Überblick über Oberflächen- und sonstige Elektroden. Diese sind nötig, um die elektrischen Reize in den Körper zu leiten. Aus hygienischen Gründen handelt es sich dabei allerdings um Zubehör, das nicht an andere Versicherte weitergegeben wird.

Wer erhält ein Elektrostimulationsgerät auf Rezept?

Mediziner können ein Elektrostimulationsgerät verordnen, um die Therapiemöglichkeiten zu erweitern. Entsprechende Geräte kommen beispielsweise zur Aktivierung von Muskelgruppen, zur Schmerzlinderung, zum Ausgleich einer Behinderung, zur Therapie eines Gehirntumors oder zur Behandlung einer Inkontinenz zum Einsatz. Ob und inwieweit ein Elektrostimulationsgerät eine Therapie bereichern kann, entscheidet der Arzt selbst. Wichtig ist, dass eine entsprechende Indikation, also ein hinreichender Grund für die Anwendung des Gerätes vorhanden ist.

Elektrostimulation: Kostenübernahme und Eigenanteil

Alle im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes aufgeführten Hilfsmittel sind grundsätzlich übernahmefähig. Das bedeutet, dass alle hier gelisteten Produkte von der Krankenkasse übernommen werden können. Eine Voraussetzung ist natürlich, dass eine entsprechende Diagnose den Einsatz begründen kann und dass eine ärztliche Verordnung vorliegt. Erfüllen Sie die Voraussetzungen, kann beispielsweise ein Sanitätshaus Ihnen das Elektrostimulationsgerät nach der Kostenzusage der Krankenkasse übergeben. Wie auch bei anderen Hilfsmitteln entsteht bei der Versorgung mit einem Elektrostimulationsgerät ein Eigenanteil. Dieser ist jedoch mit höchstens 10 Euro pro Hilfsmittel recht überschaubar.[1] Unser Tipp: Prüfen Sie, ob eine Befreiung der Zuzahlung bei Ihnen möglich ist. Dafür ist das Einkommen entscheidend.

So erhalten Sie ein Elektrostimulationsgerät über die Krankenkasse

Die Versorgung mit einem Hilfsmittel erfolgt in drei einfachen Schritten und dauert nur wenige Tage bis Wochen. Hier ist Ihre Mithilfe gefragt. Wir verraten Ihnen, wie Sie schnell und einfach ein Elektrostimulationsgerät über die Krankenkasse erhalten.

  1. Planen Sie einen Arzttermin ein: Erinnern Sie sich? Eine entsprechende Diagnose und eine medizinische Verordnung sind wichtige Voraussetzungen für die Versorgung mit einem Hilfsmittel. Deshalb steht im ersten Schritt ein Arzttermin auf dem Plan. Spricht der Mediziner nicht von sich aus ein Elektrostimulationsgerät an, fragen Sie einfach nach, ob sich ein solches Gerät in Ihrem Fall anbieten würde. Ist Ihr Arzt der Ansicht, dass der Einsatz Sinn macht, kann er eine Verordnung ausstellen.
  2. Kontaktieren Sie die Krankenkasse: Nun ist es wichtig, herauszufinden, mit welchen Hilfsmittelversorgern die Krankenkasse zusammenarbeitet. Rufen Sie am besten direkt bei der Krankenkasse an und lassen Sie sich eine Liste aushändigen.
  3. Statten Sie dem Leistungserbringer einen Besuch ab: Am einfachsten ist es, wenn Sie die ärztliche Verordnung nehmen und sie bei einem Hilfsmittelversorger, beispielsweise einem Sanitätshaus, in Ihrer Nähe vorzeigen. Die Mitarbeiter klären Sie gerne über das Hilfsmittel auf und sind meist auch bei der Regelung der Kostenübernahme behilflich. Übrigens: Als Versicherter haben Sie nicht nur Anspruch auf das Gerät selbst, sondern auch auf das Zubehör.

Gut zu wissen!

Bei dem Hilfsmittel handelt es sich in der Regel um eine Leihgabe. Das bedeutet: Ist Ihre Behandlung abgeschlossen, müssen Sie das Gerät zurückgeben.

3 Tipps zur Anwendung von Elektrostimulationsgeräten

Die in der Produktgruppe „09 – Elektrostimulationsgeräte“ aufgeführten Produkte eignen sich für den häuslichen Gebrauch. Versicherte starten und beenden die Behandlung also selbst. Wir verraten Ihnen im Folgenden einige Tipps, mit denen Pflegebedürftige das Hilfsmittel sicher anwenden.

  1. Halten Sie sich an ärztliche Anweisungen: Auch wenn ausgewählte Elektrostimulationsgeräte für den Hausgebrauch vorgesehen sind, können bei unsachgemäßer Anwendung unerwünschte Begleiterscheinungen drohen. Eine zu hoch gewählte Intensität kann beispielsweise Hautirritationen begünstigen. Deshalb ist es wichtig, sich stets an die Anweisungen des behandelnden Arztes zu halten. Regeln Sie die Intensität nicht auf eigene Faust höher als angeraten und planen Sie keine längeren Behandlungszeiten ein. Bei Unsicherheiten oder Rückfragen sollten Sie stets den behandelnden Mediziner kontaktieren.
  2. Bieten Sie Ihrem pflegebedürftigen Familienmitglied Unterstützung an: Die Elektroden anlegen, sie mit dem Gerät verbinden und den Startknopf drücken – all das kann für Pflegebedürftige sehr knifflig sein. Sei es durch mangelnde Kraft oder Flexibilität. Begleiten Sie die ersten „Therapiesitzungen“ und bieten Sie, falls nötig, Ihre (dauerhafte) Unterstützung an.
  3. Sorgen Sie für die nötige Hygiene: Elektrostimulationsgeräte kommen in direkten Kontakt mit dem Körper. Daher ist es empfehlenswert, hier auf Hygiene zu achten. Das Therapiegerät kann selbstverständlich nicht unter fließendem Wasser abgewaschen werden. Erkundigen Sie sich bei dem Leistungserbringer, ob das vorsichtige Abreiben mit Desinfektionsmitteln empfehlenswert ist. Achtung: In dem Gerät befindet sich viel Elektronik, die empfindlich auf Reinigungsmittel reagieren kann. Halten Sie also unbedingt Rücksprache mit dem Hersteller oder dem Leistungserbringer. Der behandelnde Arzt gibt Ihnen Auskunft darüber, wie häufig ein Elektrodenwechsel oder eine Elektrodenreinigung sinnvoll ist.

FAQ: häufige Fragen zu Elektrostimulationsgeräten