Angst ist ein überlebenswichtiges Gefühl. Empfänden wir keine Angst, so wäre die Menschheit bereits vor langer Zeit ausgestorben. Angst hält uns am Leben, und jeder Mensch kennt das existentielle Gefühl der Angst. Im Falle einer Angststörung verselbstständigt sich die Angst jedoch und verliert ihre Funktion unserer Selbsterhaltung. Sie wird so stark und allumfassend, dass sie Betroffene im Alltag lähmt, tritt unvermittelt ohne tatsächliche Gefahr auf, und/oder versetzt Betroffene in eigentlich harmlosen Situationen in höchste Alarmbereitschaft.

Angststörungen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und betreffen jeden Menschen weltweit im Laufe des Lebens mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu einem Drittel. Frauen erkranken öfter als Männer, wobei auch beachtet werden muss, dass Frauen häufiger ärztliche und/oder therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Es ist daher von einer hohen Dunkelziffer insbesondere bei Männern auszugehen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei einer Angsterkrankung steht ein übersteigertes Angstempfinden im Vordergrund, das den Alltag Betroffener einschränkt.
  • Angsterkrankungen werden unterteilt in die generalisierte Angststörung, Panikstörung und phobische Störungen. Bekanntes Symptom einer Angsterkrankung sind unter anderem Panikattacken.
  • Die kognitive Verhaltenstherapie durch erfahrene Therapeuten, mit oder ohne zusätzliche medikamentöse Behandlung, bietet bei vielen Angsterkrankungen eine gute Behandlungsmöglichkeit.
  • Einige körperliche Erkrankungen und Medikamente können Symptome einer Angststörung oder Panikattacke imitieren. Lassen Sie etwaige Symptome daher frühzeitig in einer ärztlichen Praxis abklären.
  • Die Rolle des Pflegepersonals bei Patienten mit Angststörungen richtet sich nach der Ausprägung der Erkrankung und den Wünschen und Bedürfnissen der Patienten.
  • Informieren Sie sich als Person mit regelmäßigem Umgang mit angespannten Patienten frühzeitig über Deeskalationstrainings. Viele Arbeitgeber von Beschäftigten in Gesundheitsberufen bieten solche Fortbildungen und Trainings an oder kennen seriöse Anbieter.

Definition und Formen von Angststörungen

Definition

Angststörungen sind definiert als psychische Störungen, bei denen ein übersteigertes Angstempfinden im Vordergrund steht. Dieses fehlregulierte Gefühl der Angst ist so stark ausgeprägt bzw. tritt so häufig auf, dass es den Alltag Betroffener dauerhaft einschränkt. Meist besteht ein hoher Leidensdruck, da die Angst von Betroffenen selbst als unkontrollierbar und/oder unbegründet empfunden wird.

Formen

Die Angststörungen werden in drei größere Gruppen unterteilt: Die generalisierte Angststörung, Panikstörungen und phobische Störungen.

Wann tritt Angst auf?
Wovor haben Betroffene Angst?
Wie äußert sich die Angst?
Generalisierte Angststörung Chronisch bzw. an den meisten Tagen, oft mit Schwankungen im Tagesverlauf Meist bestehen Sorgen um alltägliche Dinge, die eigene Gesundheit oder um geliebte Menschen Anhaltende innere Anspannung, Sorgen, Gedankenkreisen
Panikstörung In unspezifischen Situationen, plötzlich und unerwartet Kein spezifischer Auslöser Akute Panikattacke mit unterschiedlich stark ausgeprägten körperlichen Symptomen wie Atemnot, Herzklopfen, Schwitzen, Zittern, ggf. bis hin zur Ohnmacht
Phobische Störung In spezifischen, objektiv ungefährlichen Situationen Individuell unterschiedliche Auslöser (s.u.) Akut auftretend, individuell unterschiedlich stark bis hin zu intensiven Panikattacken. Oft versuchen Betroffene, auslösende Situationen zu vermeiden.

Pflegehilfsmittel zum Verbrauch

Beantragen Sie jetzt zuzahlungsfreie Pflegehilfsmittel und erhalten Sie diese kostenfrei jeden Monat im Wert von 40 € mit der Sanubi Pflegebox

Jetzt zuzahlungsfreie Pflegehilfsmittel auswählen

Bekannte Beispiele für phobische Störungen sind:

  • Soziale Phobie: Angst vor Situationen, in denen Betroffene im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stehen und Bewertung durch andere erhalten oder vermuten, z. B. Wortmeldungen in Gruppen, Essen in Gesellschaft, öffentliche Vorträge, Telefonieren.
  • Agoraphobie: „Angst vor der Angst“. Betroffene vermeiden, in der Regel, nachdem früher spontane Panikattacken aufgetreten sind, Situationen, in denen sie einer erneuten Panikattacke hilflos ausgeliefert wären, zum Beispiel in Menschenmengen, in Zügen, in Flugzeugen, im Auto oder in großen Kaufhäusern. Oft besteht Angst, die vertraute Umgebung wie die eigene Wohnung alleine zu verlassen.
  • Spezifische Phobie:
    – Arachnophobie: Angst vor Spinnen
    – Akrophobie: Höhenangst
    – Klaustrophobie: Angst vor engen, geschlossenen Räumen
    – Angst vor Blut, Nadeln oder spitzen Gegenständen
    – Angst vor Arztpraxen und/oder Krankenhäusern
    – etc.

Gut zu Wissen!

Häufig treten Angststörungen gemeinsam mit anderen psychischen Erkrankungen auf, wie zum Beispiel einer Depression, einer Essstörung oder einer Zwangsstörung.

Symptome einer Angststörung

Bei Angststörungen steht die Angst im Vordergrund, die so stark ausgeprägt ist, dass Betroffene ihren Alltag nicht ohne Weiteres durchführen können und starken Leidensdruck empfinden.

Bei einer generalisierten Angststörung besteht die Angst dauerhaft und äußert sich in ständig wiederkehrenden Sorgen und Ängsten. Diese Sorgen haben in der Regel einen realen Hintergrund, sind also im Grunde nachvollziehbar, dabei aber so stark ausgeprägt, dass Betroffene ihren Alltag nicht mehr bewältigen können. Dazu kommen körperliche Symptome wie Anspannung, Ruhelosigkeit, Schlafstörungen, Konzentrationsstörungen oder Veränderungen im Essverhalten.

Im Unterschied zur generalisierten Angststörung betreffen Phobien typischerweise Dinge, die objektiv harmlos sind. Teil des Leidensdrucks ist auch, dass Betroffene sich dessen bewusst sind, aber die Angst trotzdem nicht verhindern können.

Bei einer Panikstörung und bei stark ausgeprägten spezifischen Phobien kommt es – in unspezifischen oder spezifischen Situationen – zu Panikattacken.

Eine Panikattacke dauert meist zwischen zehn Minuten und einer halben Stunde und liegt vor, wenn:

  • abrupt starke Angst aufkommt
  • die Beschwerden sich innerhalb von Minuten bis zur stärksten Ausprägung steigern
  • zusätzlich zu psychischen Symptomen, Atemnot oder Brustenge mindestens eines der folgenden Symptome vorliegt: Herzrasen, Schwitzen, Zittern, Mundtrockenheit.

Grob gesagt ist eine Panikattacke die physiologische Reaktion auf eine Gefahrensituation, jedoch deutlich verstärkt und mit dem gleichzeitigen Auftreten von Reaktionen, die normalerweise zeitlich versetzt wären. Der Körper wird innerhalb von Minuten in höchste Alarmbereitschaft versetzt: Todesangst, Herzrasen, Schweißausbrüche und Atemnot. Oft haben Betroffene Angst, einen Herzinfarkt zu erleiden oder zu sterben. So unangenehm sie sich auch anfühlt: Eine Panikattacke ist körperlich erst einmal harmlos und verschwindet in aller Regel von selbst nach einer gewissen Zeit wieder. Eine Verhaltenstherapie hat auch das Ziel, Betroffenen zu vermitteln, dass die Angst natürlicherweise ein Maximum erreicht und dann von alleine wieder abflaut.

Behandlung einer Angststörung

Bei der Behandlung einer Angststörung stehen die Wünsche Betroffener sowie die Ausprägung und Art der Symptome im Vordergrund. Weit verbreitete spezifische Phobien, wie zum Beispiel die Spinnenphobie, bedürfen oft gar keiner Behandlung, da Betroffene durch eingespieltes Vermeidungsverhalten ihrem Alltag problemlos nachgehen können. Eine Behandlung, meist durch ein Expositionstraining, ist auf Wunsch möglich und oft erfolgreich.

Die kognitive Verhaltenstherapie hat bei Angststörungen die höchste Evidenz der psychotherapeutischen Verfahren und ist somit in der Regel die erste Wahl. Ziele der Therapie sind die Verringerung der Angst, der Abbau von Vermeidungsverhalten, Strategien für Rückfälle sowie die Verbesserung des Alltags- und Berufslebens. Weitere Therapiemöglichkeiten sind die psychodynamische sowie ggf. die systemische Psychotherapie. Speziell bei spezifischen Phobien ist Expositionstraining im Rahmen einer kognitiven Verhaltenstherapie am erfolgversprechendsten.

Reicht die Psychotherapie nicht aus oder besteht von vornherein eine Präferenz hierfür, stehen auch medikamentöse Optionen zur Verfügung. Hierbei werden meist gängige Antidepressiva wie Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) empfohlen.

Achtung! Eine medikamentöse Therapie mit Antidepressiva sollte ärztlich überwacht werden. Empfohlen wird außerdem, die Einnahme mindestens ein halbes bis ein Jahr nach Verschwinden der Symptome der Angststörung weiterzuführen, um einem Rückfall vorzubeugen.

Große Vorsicht sollte bei der Verwendung von Benzodiazepinen erfolgen. Diese wirken zwar sehr schnell und effektiv akut angstlösend, bergen jedoch bereits nach kurzer Zeit ein enormes Abhängigkeitspotential. Daher sollten sie nur für kurze Zeit und nur streng nach ärztlicher Anweisung eingenommen werden. Falls Sie Benzodiazepine anwenden, seien Sie sich dessen bewusst und lassen Sie sich zu jedem Zeitpunkt ärztlich betreuen. Wenden Sie sich an Ihre ärztliche Praxis, wenn Sie vermuten, eine Medikamentenabhängigkeit durch Benzodiazepine zu entwickeln. Setzen Sie Benzodiazepine nicht selbstständig ab, sondern besprechen Sie dies mit Ihrem betreuenden Arzt.

Zusätzlich zu Psychotherapie und Medikamenten stehen weitere unterstützende Dinge zur Verfügung, die Sie selbstständig durchführen können, um Ihre Angstsymptome zu lindern.

Dazu gehören:

  • Entspannungsverfahren wie Meditation, Atemtechniken, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson oder Yoga (Achtung: Lassen Sie sich hierfür von Ihrem Arzt oder Therapeuten beraten, da in einigen Fällen die Fokussierung auf Körpersignale kontraproduktiv ist.)
  • Regelmäßiger Ausdauersport
  • Teilnahme an Selbsthilfegruppen
  • Therapeutische Internetprogramme oder Handy-Apps, die auf Prinzipien der kognitiven Verhaltenstherapie basieren – Lassen Sie sich hierfür bei Ihrer Krankenkasse oder Ihrem behandelnden Arzt beraten.

In vielen Fällen ist eine ambulante Behandlung der Angststörung ausreichend. Sind die Symptome jedoch sehr stark ausgeprägt, hindern die Symptome selbst Betroffene am Wahrnehmen von Arzt- oder Therapieterminen, oder kommt eine Eigen- oder Fremdgefährdung hinzu (zum Beispiel durch Selbsttötungsabsichten), so ist unter Umständen ein stationärer Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik notwendig.

Achtung! Zögern Sie bei Suizidabsichten, in einer akuten psychiatrischen Notsituation oder einer Gefährdung von sich selbst oder anderen Menschen nicht, umgehend den Notruf 112 zu wählen. Dies gilt sowohl für selbst Betroffene als auch für Bekannte und Angehörige.

Ursachen finden und vorbeugen

Die Ursachen von Angststörungen sind, wie bei allen psychischen Erkrankungen, vielschichtig und nur schwer eingrenzbar. Vermutet werden Zusammenhänge zwischen genetischer Veranlagung und begünstigenden Umwelteinflüssen, wie zum Beispiel traumatische Erlebnisse oder ein belastendes Familienverhältnis.

So ist auch das Vorbeugen von Angststörungen schwierig. Ein gesunder Lebensstil mit regelmäßiger körperlicher Bewegung, einer ausgewogenen Ernährung, Stressvermeidung soweit möglich sowie ein stabiles soziales Umfeld sind natürlich empfehlenswert, um psychische Erkrankungen zu vermeiden. Ein sicheres Mittel dagegen gibt es jedoch nicht. Ebenso wenig gibt es den einen Risikofaktor, bei dessen Vorliegen eine Angststörung vorprogrammiert ist.

Achtung! Die Symptomatik einer Angststörung kann auch durch eine körperliche Erkrankung hervorgerufen werden. Beispiele für Erkrankungen, die mögliche Symptome einer Angststörung bewirken können, sind Asthma bronchiale, Herzrhythmusstörungen, Schilddrüsenüberfunktion oder Angina pectoris bei verengten Herzkranzgefäßen. Auch manche Medikamente können Nebenwirkungen hervorrufen, die einer Angsterkrankung ähneln. Suchen Sie daher bei Symptomen einer Angsterkrankung Ihre hausärztliche Praxis auf, um körperliche Ursachen auszuschließen.

Praxisbeispiel

Die 50-jährige Frau S. leidet seit dem Versterben ihres Ehepartners vor drei Jahren zunehmend an einer Depression, einer schweren generalisierten Angststörung sowie einer Agoraphobie. Sie hat Angst, alleine die eigene Wohnung zu verlassen, und schafft dies in letzter Zeit auch in Begleitung nicht mehr. Nachdem sie beim Autofahren mehrmals Panikattacken erlitten hat, die zu Beinahe-Unfällen geführt haben, vermeidet sie dies nun. Ihre Schwiegertochter und Frau S.‘ Bruder wechseln sich damit ab, für Frau S. einzukaufen und sie zu Behördengängen zu begleiten. An einigen Tagen kann Frau S den eigenen Haushalt ausreichend führen, an anderen fesseln sie ihre Sorgen und Ängste ans Bett. Zudem bestehen heftige Schlafstörungen und Frau S. schläft in den meisten Nächten nur wenige Stunden. Frau S. selbst leidet sehr unter ihrer Erkrankung und empfindet große Scham. Auch der Besuch einer Arztpraxis ist mit heftigen Angstzuständen verbunden.

Im Falle von Frau S. empfiehlt der Hausarzt bei einem Hausbesuch mit langem Gespräch einen stationären Therapieaufenthalt in einer nahegelegenen psychiatrischen Klinik.

Rolle des Pflegepersonals bei Patienten mit Angststörungen

Die Rolle des Pflegepersonals bei Betroffenen von Angststörungen richtet sich danach, wie stark die Angststörung ausgeprägt ist und ob sie den Hauptgrund für die Pflegebedürftigkeit darstellt.

Hat eine körperlich erkrankte pflegebedürftige Person zusätzlich eine leicht ausgeprägte Angststörung, so reicht unter Umständen ein freundlicher, empathischer, bestärkender Umgang durch das Pflegepersonal bereits aus.

Ist eine Angsterkrankung, evtl. gemeinsam mit anderen psychischen Störungen, jedoch sehr stark ausgeprägt, so kommt dem Pflegepersonal eine andere Rolle zu. Zum Beispiel muss das Pflegepersonal eine Person mit Agoraphobie möglicherweise bei Besorgungen begleiten. Ebenso können Menschen mit starker sozialer Phobie lange brauchen, bis sie sich wohl genug fühlen, neues Pflegepersonal in ihre Wohnung zu lassen.

Tritt im Beisein des Pflegepersonals eine Panikattacke auf, so brauchen Betroffene möglicherweise Hilfe, diese zu durchbrechen. Menschen, die bereits seit vielen Jahren an Panikattacken leiden, wissen oft, was ihnen dagegen hilft. Lassen Sie sich in diesem Fall vorher erklären, was Betroffene im Falle einer Panikattacke von Ihnen brauchen und wie Sie helfen können.

Folgende Notfalltipps können dabei helfen, jemanden zu unterstützen, der akut eine Panikattacke hat, wenn Sie über keine weiteren Informationen verfügen:

  • Sprechen Sie mit ruhiger Stimme, und versuchen Sie mit kurzen, klaren Sätzen (z.B. „Alles ist gut.“, „Ich bin hier.“) zu erreichen, dass sich die Person auf Sie konzentriert. Vermitteln Sie der Person, dass die Panikattacke körperlich harmlos ist, dass keine Lebensgefahr besteht, dass die Angst bald von alleine weniger werden wird und dass Sie so lange dableiben.
  • Oft besteht Atemnot oder Betroffene beginnen zu hyperventilieren. Leiten Sie die Person zum ruhigen Atmen an und atmen Sie ggf. gemeinsam und synchron.
  • Körperkontakt kann einen Bezug zur Außenwelt wiederherstellen und Betroffenen helfen, sich von der Panikattacke zu distanzieren. Klären Sie dies jedoch wann immer möglich vorher mit den Betroffenen ab, um bestehende Grenzen zu respektieren.
  • Sie können versuchen, Betroffene in ein Gespräch zu verwickeln und abzulenken. Dies kann zum Beispiel über etwas sein, das die Betroffenen besonders interessiert, oder das sich bei Ihnen im Raum befindet.
  • Falls ein vertrautes Haustier vorhanden ist, kann das Streicheln des Tieres ebenfalls dabei helfen, die Panikattacke zu lindern – die Sicherheit und das Wohl des Tieres natürlich vorausgesetzt.
  • Vielen Menschen hilft kurzfristig körperliche Betätigung, um eine aufkommende Panikattacke zu durchbrechen oder zu lindern.
  • Mitunter tun auch das Öffnen eines Fensters oder das Hinausgehen an die frische Luft Betroffenen während einer Panikattacke gut.

Tipps für Pflegekräfte im Umgang mit angespannten Patienten

Im Rahmen einer Angsterkrankung, aber auch im Rahmen anderer psychischer Erkrankungen, oder schlichtweg durch eine belastende Ausnahmesituation im Leben können sich Menschen akut angespannt oder sogar aggressiv gegenüber sich selbst oder anderen Menschen verhalten. Pflegepersonal erlebt solche Situationen berufsbedingt leider häufig.

Viele Menschen und auch Pflegende fühlen sich unsicher, wie sie in derartigen Situationen reagieren sollen. Eine Pauschalregel gibt es leider nicht.

Allerdings können folgende Deeskalationstipps helfen:

  • Das Wichtigste vorweg: Achten Sie auf Ihre eigene Sicherheit. Lassen Sie sich von Kollegen begleiten, wenn Sie bei Patienten ein mulmiges Bauchgefühl haben. Ziehen Sie sich frühzeitig aus der Situation zurück, wenn Sie um Ihre Sicherheit fürchten. Behalten Sie Ausgänge und potentiell gefährliche Gegenstände im Blick und bleiben Sie möglichst in der Nähe der Tür. Tragen Sie, falls vorhanden, stets ein Diensttelefon mit einem Notfallknopf bei sich, oder vereinbaren Sie alternativ mit Ihren Kollegen Codewörter, um schnell auf eine bestehende Gefahrensituation hinzuweisen, ohne dies laut aussprechen zu müssen. Verinnerlichen Sie Kurzwahlnummern des örtlichen Sicherheitspersonals Ihres Arbeitsplatzes und der zuständigen Polizei und zögern Sie nicht, in gefährlichen Situationen Amtshilfe anzufordern.
  • Achten Sie frühzeitig auf Warnzeichen möglicherweise bevorstehender Panik, Wut und Anspannung bei Ihren Patienten. Oft können Situationen bereits frühzeitig deeskaliert werden.
  • Bitten Sie alle umstehenden Personen, die nicht professionell deeskalierend zur Situation beitragen können, den Raum zu verlassen. So kann das Gefühl des In-die-Ecke-gedrängt-Werdens Betroffener verringert werden.
  • Bemühen Sie sich, ruhig zu bleiben und dies auch auszustrahlen, unter anderem durch eine ruhige Stimme, klare Sätze und festen Stand.
  • Vermeiden Sie, in großer Zahl dem angespannten Patienten gegenüberzutreten. Wenn eine oder zwei zusätzliche Kollegen dabei sind, um die Sicherheit zu gewährleisten und notfalls einzugreifen, sollten sich diese im Hintergrund aufhalten und einer einzelnen Person das Reden überlassen.
  • Versuchen Sie auch durch Ihre Körpersprache Ruhe zu vermitteln. Vermeiden Sie hektische Handbewegungen oder eine bedrohliche Körperhaltung. Halten Sie ausreichend körperlichen Abstand und vermeiden Sie unerwünschte Berührungen.
  • Lassen Sie die aufgebrachte Person nicht aus den Augen, um notfalls sofort reagieren zu können. Vermeiden Sie dabei jedoch allzu durchdringendes Starren.
  • Gehen Sie nicht auf Provokationen, Drohungen oder Streitigkeiten des Patienten ein. Machen Sie jedoch keine Versprechungen, die Sie hinterher nicht einhalten können. Versuchen Sie vielmehr, die Emotionen des Betroffenen zu spiegeln („Ich sehe, Sie sind gerade sehr aufgebracht.“).
  • Bleiben Sie empathisch und zeigen Sie Wertschätzung, Respekt und Mitgefühl. Kommunizieren Sie, dass Sie sich um den Betroffenen sorgen und helfen möchten.
  • Versuchen Sie herauszufinden, welche Gefühle sich hinter der Aggression verbergen, selbst wenn Sie es in dem Moment nicht ansprechen. Häufige Gründe für Aggression sind zum Beispiel Angst, Trauer oder Überforderung.
  • Handelt es sich um Patienten, die regelmäßig aggressiv reagieren, zwischendurch aber zugänglich ist, sprechen Sie dies in ruhigen Momenten an. Vereinbaren Sie mit den Patienten im Vorfeld Regeln, was diese zur Deeskalation brauchen, und respektieren Sie diese wann immer möglich. Sie können diese Vereinbarungen auch in einem formlosen, schriftlichen „Vertrag“ festhalten. Dies gibt Betroffenen ein Gefühl der Kontrolle und ein Mitspracherecht.

Tipp!

Informieren Sie sich bei Ihrem Arbeitgeber frühzeitig über Deeskalationstrainings, Simulationen, Kommunikationsschulungen und Fortbildungen zum Umgang mit akut angespannten Patienten. In den meisten Städten existieren hierzu zahlreiche Angebote. Falls Ihr eigener Arbeitgeber dies nicht anbietet, wenden Sie sich an eine psychiatrische Klinik, die üblicherweise regelmäßig Schulungen für Pflegekräfte durchführt, oder an externe, seriöse Anbieter. Wiederholen Sie diese Deeskalationstrainings in regelmäßigen Abständen.

FAQ-Häufige Fragen zum Thema Pflege bei Angststörungen