Neben einer Demenz gehören Altersdepressionen zu den häufigsten Erkrankungen der Psyche im Alter. Allerdings werden depressive Syndrome bei älteren Menschen häufig nicht als solche erkannt. Das ist fatal, da Depressionen das Leben der Betroffenen stark einschränken und unabhängig vom Alter gut behandelbar sind. Ebenso wie bei anderen Erkrankungen hilft die richtige Therapie, die Lebensqualität wieder deutlich zu steigern.
Woran man eine Altersdepression erkennt, wie sich diese von einer Demenz unterscheidet, welche Besonderheiten bei Depressionen im Alter auftreten und welche Therapien besonders wirkungsvoll helfen, das lesen Sie in diesem Artikel.
Hinweis: Einen Artikel mit Praxistipps, wie Sie als Angehörige den Pflegealltag einer Person mit Depressionen gut gestalten können, lesen Sie hier.
Das Wichtigste in Kürze
- Eine Depression ist eine Erkrankung und kann jeden Menschen treffen.
- Oft treten bei Depressionen im Alter sowohl psychische als auch körperliche Symptome auf.
- Altersdepressionen sind gut behandelbar, wenn man sie erkennt.
- Die wichtigsten Behandlungsmöglichkeiten sind die Kognitive Verhaltenstherapie sowie die Einnahme von Antidepressiva.
- Therapien anderer Erkrankungen können und sollten damit gut abgestimmt werden.
Definition: Wann spricht man von Depressionen?
Jeder Mensch hat mal schlechte Laune, ist traurig oder deprimiert. Hin und wieder ist man auch über längere Zeit gestresst, frustriert oder unglücklich. Manchmal hat eine solche Phase einen konkreten Auslöser, manchmal nicht. In jedem Fall sind solche Phasen ganz normal. Und sie gehen vorbei. Eine Depression ist jedoch eine Krankheit.
Die Deutsche Depressionshilfe definiert es so:
„Aus medizinischer Sicht ist die Depression eine ernste Erkrankung, die das Denken, Fühlen und Handeln der Betroffenen tiefgehend beeinflusst, mit Störungen von Hirn- und anderen Körperfunktionen einhergeht und erhebliches Leiden verursacht.“
Im Gegensatz zu einer vorübergehenden Phase der Niedergeschlagenheit verschwindet eine Depression in der Regel nicht einfach von selbst:
„Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, können sich selten allein von ihrer gedrückten Stimmung, Antriebslosigkeit und ihren negativen Gedanken befreien. Aber es gibt gute und effektive Möglichkeiten der medikamentösen und psychotherapeutischen Behandlung.“
Eine separate Definition für Altersdepressionen gibt es streng genommen nicht. Unter dem Begriff versteht man viel mehr eine Depression, die in einem Alter ab 65 Jahren auftritt.
Symptome: Altersdepressionen
Depressionen sind üblicherweise gekennzeichnet durch psychische Symptome. Im Alter kommen häufig auch körperliche Symptome hinzu.
Psychische Symptome
Zu den typischen Hinweisen auf eine Depression gehören:
- Angstzustände
- Antriebslosigkeit
- Gefühle der Sinnlosigkeit
- Gleichgültigkeit
- Interessenverlust
- Konzentrationsstörungen
- Motivationsschwierigkeiten
- Pessimistische Gedanken
- Schuldgefühle
- Selbstvorwürfe
Nicht offiziell in den ICD-11-Kriterien aufgelistet sind Symptome wie erhöhte Reizbarkeit oder Aggressivität. Aktuelle Untersuchungen deuten darauf hin, dass Männer manchmal eher solche Symptome zeigen als die typischen nach innen gerichteten Hinweise. Auch ein sehr hoher Alkohol- oder Zigarettenkonsum bis hin zu Medikamentenmissbrauch kann auf eine Depression hinweisen.
Körperliche Symptome
Insbesondere bei Altersdepressionen kommen häufig körperliche Symptome hinzu. Diese können leicht die psychischen überschatten und dazu führen, dass gar nicht an eine Depression gedacht wird.
Folgende körperliche Symptome können ebenfalls auf eine Depression im Alter hindeuten:
- Appetitlosigkeit
- Druckgefühl im Kopf
- Flache Atmung
- Herzprobleme
- Kopf- oder Rückenschmerzen ohne erkennbare Ursache
- Schlaflosigkeit
- Schwindel
- Tinnitus
- Verstopfung
Psychische und körperliche Symptome hängen miteinander zusammen und beeinflussen sich auch gegenseitig. Negative Emotionen können sich durch körperliche Beschwerden äußern. Und körperliche Einschränkungen können dazu führen, dass man negative Gedanken hat.
Was ist im Alter normal?
Da das Leben im Alter häufig auch von Erkrankungen und Verlusten geprägt ist, kann es deutlich leichter als bei jüngeren Menschen passieren, dass Beschwerden als „typisch im Alter“ abgetan werden. Das ist besonders fatal, wenn dadurch das Empfinden der Betroffenen heruntergespielt und deshalb eine Depression nicht erkannt wird. Folgende Äußerungen haben einen wahren Kern, können aber auch das Erkennen einer psychischen Erkrankung erschweren:
- Der Verlust eines geliebten Menschen macht nunmal traurig.
- Wenn vieles nicht mehr klappt, führt das zu Hoffnungslosigkeit.
- Konzentrationsprobleme im Alter sind normal.
- Viele ältere Menschen haben kaum noch Appetit und Durst.
- Am Ende des Lebens denkt man über vieles anders und intensiver nach. Dann sind auch Schuldgefühle ganz normal.
Angehörige sollten sich mit Bewertungen zurückhalten und stattdessen versuchen zu ergründen, warum bestimmte Symptome auftreten. Dabei ist zu bedenken, dass ältere und pflegebedürftige Menschen häufig mit mehreren Erkrankungen und verschiedenen Gesundheitsproblemen zu kämpfen haben. Symptome sind daher nicht immer leicht zuzuordnen. Ein Hinweis kann die Intensität sein. Hat jemand eine Depression, werden körperliche Beschwerden und soziale Schwierigkeiten deutlich verstärkt wahrgenommen. Zum Beispiel:
- Rückenschmerzen oder Ohrgeräusche erscheinen kaum erträglich.
- Schlafprobleme oder Verdauungsschwierigkeiten sind so präsent, dass an kaum etwas anderes gedacht werden kann.
- Vergleichsweise kleine Hürden – körperliche oder soziale – wirken unüberwindbar.
Gut zu wissen!
Depressiv erkrankte Menschen dramatisieren ihr Erleben nicht. Es ist die Depression, die auch leichte Schmerzen oder Missempfindungen ins kaum Erträgliche steigert.
Diagnose
Um eine korrekte Diagnose bei einer Altersdepression zu stellen, werden zunächst alle vorhandenen Symptome erfasst. Das ist möglich in der Hausarztpraxis oder bei einem spezialisierten Therapeuten oder einer Therapeutin. Für ältere Patienten ist der Fragebogen „Geriatrische Depressionsskala“ (GDS) entwickelt worden. Damit lässt sich eine Depression im Alter gut erkennen.
Haupt- und Nebensymptome
Bei der Diagnose unterscheiden Mediziner zwischen Haupt- und Nebensymptomen. Anhand dieser Symptome kann eine Depression eindeutig diagnostiziert werden.
Die offiziellen Symptome sind:
- Depressive Verstimmung oder innere Leere (Hauptsymptom)
- Verlust von Freude oder Interesse (Hauptsymptom)
- Antriebsmangel, sehr schnelle Ermüdung und/oder Unfähigkeit, Entscheidungen zu treffen
- Appetitverlust und starke Gewichtsabnahme, seltener: Heißhunger
- Hoffnungslosigkeit
- Konzentrations- oder Aufmerksamkeitsprobleme
- Rastlosigkeit
- Schuldgefühle oder Gefühle der Wertlosigkeit
- Schlafstörungen
- Suizidgedanken oder sogar entsprechende Vorbereitungen
- Insbesondere im Alter: Denk- und Sprechhemmung
Wenn Betroffene über mehr als zwei Wochen unter mindestens fünf Symptomen, davon mindestens einem Hauptsymptom, leiden, liegt eine Depression vor. Je nach Intensität der Symptome unterscheiden Mediziner zwischen leichter, mittelgradiger und schwerer Depression. Eine Depression kann sich also sehr unterschiedlich äußern und nicht immer sind alle Symptome vorhanden.
Ähnlichkeiten und Unterschiede zu anderen Erkrankungen
Manche Symptome sind nicht nur typisch für eine Depression, sondern ebenfalls für andere Erkrankungen. So können einige Symptome auch auf eine Schilddrüsenunter- oder -überfunktion, auf eine Demenz, einen Tumor oder eine neurologische Erkrankung hinweisen. Entsprechend kann es zu Verwechslungen kommen. Daher ist eine professionelle Diagnose so wichtig.
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Depression oder Demenz?
Manche Symptome einer Depression erinnern an Demenz. Insbesondere Konzentrationsstörungen und Rastlosigkeit lassen viele Betroffene und Angehörige spontan an eine dementielle Erkrankung wie Alzheimer denken. Das gilt umso mehr, je älter die Betroffenen sind.
Dennoch gibt es einige wichtige Unterschiede zwischen einer Demenz und einer Depression, die man vergleichsweise gut erkennen kann:
Anzeichen für eine Demenz
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Anzeichen für eine Depression
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Schleichende Veränderungen über Monate | Eher schnelle Veränderungen binnen Wochen |
Instabile Stimmung, die schnell kippt, aber teils auch gut von außen verbessert werden kann |
Stimmungstief am Morgen, Besserung am Abend, insgesamt aber eher negativ |
Betroffene leugnen eher ihre Probleme | Betroffene klagen eher viel |
Ort und Zeit werden immer schlechter erkannt | Ort und Zeit werden meist sicher benannt |
Verwirrung wird nachts schlimmer | Betroffene denken und agieren mitunter langsam, sind aber nicht verwirrt |
Bei der Suche nach einer Diagnose kann das Gehirn auch direkt untersucht werden. Ein Elektroenzephalogramm (EEG), eine Untersuchung per Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) kann Aufschluss über die Funktionsweise des Gehirns und vorhandene Auffälligkeiten geben.
Ursachen
Die Ursachen für Altersdepressionen sind nicht vollständig aufgeklärt. Es gibt meist keine einzelne Ursache, sondern verschiedene Faktoren, die eine Depression begünstigen können. Das Gehirn ist komplex und es bestehen mannigfaltige Wechselwirkungen, die noch erforscht werden. Klar ist auf jeden Fall, dass bei einer Depression grundsätzlich psychosoziale und neurobiologische Risikofaktoren eine Rolle spielen.
Risikofaktoren
Die neurobiologischen Faktoren sind bei allen Menschen unterschiedlich. Manche Personen haben ein höheres genetisches Risiko für Depressionen, so wie andere ein erblich bedingt erhöhtes Risiko für Brustkrebs oder Diabetes haben. Im Alter kann außerdem das gleichzeitige Auftreten verschiedener Krankheiten bei einer Person beziehungsweise die Einnahme verschiedener Medikamente, die miteinander in Wechselwirkung stehen, eine Altersdepression begünstigen. Durch solche neurobiologischen Faktoren kann das hormonelle Gleichgewicht durcheinander geraten, was wiederum eine Depression auslösen kann. Diese Variante wird manchmal auch als „körperliche Depression“ bezeichnet, weil die Erkrankung gewissermaßen eine körperliche Ursache hat.
Der zweite große Aspekt sind psychosoziale Faktoren, etwa eine chronische Überbelastung, anhaltender Stress oder traumatische Erlebnisse. Auch Jahrzehnte nach einem traumatischen Erlebnis, wie Bombenhagel, Flüchtlingserfahrungen oder Todesangst, kann dieses wieder hochkochen und eine Depression auslösen.
Unabhängig davon kommen im Alter noch weitere Risiken hinzu, zum Beispiel:
- Rollenverlust, beispielsweise durch den Renteneintritt oder den Wegzug der erwachsenen Kinder. Dadurch kann das Gefühl entstehen, nicht mehr nützlich für die Gesellschaft zu sein.
- Verlust von Freunden, Familienmitgliedern, dem Partner oder der Partnerin beziehungsweise die Angst davor
- Veränderung oder Wegfall jahrelanger Routinen
- Verminderte Autonomie im Alltagsleben
- Ein allgemeines Gefühl, nicht mehr gebraucht zu werden
Das alles sind Faktoren, die eher die Seele belasten.
Für die erfolgreiche Behandlung einer Depression ist es wichtig zu erkennen, welche die möglichen Auslöser sind. Es können körperliche oder seelische oder beide Varianten in Frage kommen. Davon abhängig ist auch die Therapie. (Mehr zu den einzelnen Therapieformen weiter unten.)
Betroffenheit
Wie viele Personen von Altersdepressionen betroffen sind, ist sehr schwer zu sagen. Forschende gehen von einer hohen Dunkelziffer aus. Vermutlich wird knapp die Hälfte aller Altersdepressionen, vielleicht sogar noch mehr, weder erkannt noch behandelt. Im Allgemeinen zeigen Studien, dass im Laufe des Lebens etwa jede fünfte bis sechste Person mindestens einmal an einer Depression erkrankt. Manche Schätzungen gehen sogar von jeder dritten Person aus.
Depression – Varianten
Depression ist nicht gleich Depression. Bei manchen ist die Erkrankung eine vergleichsweise kurze Episode, die schnell erkannt und gut behandelt wird und nicht wiederkehrt. Andere kämpfen immer wieder gegen einzelne depressive Phasen an, sind dazwischen aber beschwerdefrei. Wieder andere brauchen eine lange, mehrjährige Therapiephase, bevor sie schließlich die Erkrankung überwinden. All das sind Ausprägungen der sogenannten unipolaren Depression. Eine andere Form, die bipolare affektive Störung, ist gekennzeichnet durch Phasen der Depression, die sich mit Phasen euphorischen Tatendrangs abwechseln. Diese bipolare Form ist aber deutlich seltener.
Achtung! Die folgenden Absätze beschäftigen sich mit dem Thema Selbsttötung. Wenn Sie das nicht lesen wollen, überspringen sie diese, und lesen weiter ab „Behandlung“.
Ein Hinweis darauf, dass Depressionen im Alter häufig unerkannt bleiben und nicht behandelt werden, ist die Suizidrate. Die offizielle Todesursachenstatistik des Statistischen Bundesamts zeigt, dass sich in der Altersgruppe der Über-65-Jährigen deutlich mehr Menschen selbst das Leben nehmen als Jüngere. Etwa 35 Prozent aller Selbsttötungen werden von Menschen über 65 Jahren begangen. Ihr Anteil an der Bevölkerung beträgt aber nur ungefähr 21 Prozent. Dabei sind nur eindeutige Suizide erfasst. Grenzfälle, wie etwa das Verweigern lebensnotwendiger Medikamente oder tödliche Unfälle, die womöglich selbst herbeigeführt wurden, sind in der Statistik nicht erfasst.
Nun könnte man meinen, dass das Leben im hohen Alter mit verschiedenen Erkrankungen nunmal schwieriger wird und daher der Lebenswille nachlässt. Diese Theorie ist aber sehr wahrscheinlich falsch. Denn dann müssten die älteren Menschen, die sich selbst das Leben nehmen, häufiger Erkrankungen wie Krebs, Diabetes, chronische Erkrankungen oder ähnliches haben, als gleichalte Menschen, die keinen Suizid begehen. Das ist aber nicht der Fall.
Die Deutsche Depressionshilfe betont auf ihrer Webseite, dass es vielleicht naheliegend, aber trotzdem meist falsch ist, dass eine (schwere) körperliche Erkrankung die Betroffenen verzweifeln oder an Selbsttötung denken lässt. Es ist deutlich wahrscheinlicher, dass bei antriebs- und hoffnungslosen Menschen zusätzlich eine Depression vorliegt, die aber nicht erkannt wird. Es ist daher insbesondere im höheren Alter sehr wichtig, an eine mögliche Depression zu denken und darauf untersuchen zu lassen. Wird sie erkannt und behandelt, kann die Lebensfreude für die letzten Jahre der betroffenen Person noch einmal zurückkehren. Prinzipiell können gerade ältere Menschen trotz vermehrter Einschränkungen eine besonders hohe Zufriedenheit haben.
Behandlung
Depressionen lassen sich in allen Altersklassen gut behandeln, wenn sie einmal erkannt wurden. Je nach Diagnose kommt eine Behandlung mit Medikamenten oder eine Psychotherapie oder eine Mischform aus beidem in Frage. In jedem Fall braucht eine Behandlung eine gewisse Zeit. Erste Besserungen sind meist nach zwei, spätestens nach vier Wochen Therapie spürbar.
Medikamente gegen Depressionen
Wenn im Gehirn von Erkrankten ein hormonelles Ungleichgewicht vorliegt, kann es durch passende Medikamente wieder korrigiert werden. Diese Medikamente werden Antidepressiva genannt. Es gibt mehrere verschiedene Wirkvarianten.
Gut zu wissen!
Es dauert bei allen Antidepressiva einige Wochen, bis ihre volle Wirkung einsetzt. Dann aber hellen sie zuverlässig und merklich die Stimmung auf und bringen auch Appetit, Schmerzwahrnehmung, Aufmerksamkeit, den Schlaf-Wach-Rhythmus und weiteres wieder ins Lot. Sie machen auch bei längerer Einnahme NICHT abhängig.
Über Serotonin und Noradrenalin
Oft ist der Stoffwechsel des Botenstoffs Serotonin gestört. Serotonin hat deutliche Auswirkungen auf die Stimmung, es gibt in der richtigen Konzentration ein angenehmes Gefühl der zufriedenen Gelassenheit. Außerdem hat es Einfluss auf Appetit, Körpertemperatur, Schlaf-Wach-Rhythmus, Schmerzwahrnehmung und sexuelle Lust. Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), die zu den bevorzugten Antidepressiva gehören, sorgen dafür, dass mehr Serotonin zur Verfügung steht. Das schaffen sie, indem sie das Transportmolekül, welches das Serotonin in seine Speicher zurückbefördert, blockieren. Zu den SSRI gehören die Wirkstoffe Citalopram, Fluoxetin, Fluvoxamin, Paroxetin und Sertralin.
Zusätzlich kann die Menge des Botenstoffs Noradrenalin gestört sein. Das ist vor allem nach langanhaltenden Stress-Episoden der Fall. Der Körper ist dann auf permanenten Fluchtmodus eingestellt, was zunächst den Blutdruck und die Aufmerksamkeit erhöht, langfristig aber das Immunsystem und den Appetit schwächt sowie zu Konzentrationsstörungen und Schlappheit fühlt. Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) können dafür sorgen, dass wieder eine bessere Menge an Noradrenalin zur Verfügung steht. Dazu gehört der Wirkstoff Reboxetin.
Wenn ein Mangel an beiden Botenstoffen herrscht, kann eins der relativ neu entwickelten Kombipräparate – sogenannte Duale Selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) – in Frage kommen. Beispiele sind die Wirkstoffe Duloxetin und Venlafaxin.
Weitere Medikamente gegen Depressionen sind unter anderem Mono-Amin-Oxidase-Hemmer (MAO-Hemmer), tri- und tetrazyklische Antidepressiva sowie Noradrenerge und spezifisch serotonerge Antidepressiva (NaSSA). Außerdem gibt es pflanzliche und indirekt wirkende Mittel.
Neben- und Wechselwirkungen
Wie alle Medikamente können auch Antidepressiva Neben- oder Wechselwirkungen haben. Sie gelten aber insgesamt als gut verträglich. Im Alter werden allerdings häufig bereits mehrere Medikamente gegen andere Erkrankungen eingenommen, sodass mögliche Wechselwirkungen besonders aufmerksam beobachtet werden müssen. Das Antidepressivum, das bei der erkrankten Person möglichst effektiv wirkt und gleichzeitig möglichst geringe Neben- und Wechselwirkungen hat, wird verschrieben. Ein Medikamentenverzicht ist nicht sinnvoll. So gut wie immer überwiegt der Nutzen eines Antidepressivums mögliche Neben- oder Wechselwirkungen. Denn nur die passenden Medikamente können ein hormonelles Chaos wieder ins Gleichgewicht bringen – und somit auch die betroffene Person.
Gut zu wissen!
Auch pflanzliche Stimmungsaufheller wie Johanniskraut können Neben- und Wechselwirkungen haben. Beispielsweise wird die Wirkung bestimmter Medikamente dadurch abgeschwächt. Eine Einnahme sollte daher immer mit dem Arzt oder der Ärztin abgesprochen werden.
Manche Menschen nehmen Antidepressiva nur für einige Monate ein, bis das Hormongleichgewicht wieder hergestellt ist. Andere nehmen die Medikamente ihr Leben lang, wenn eine grundsätzliche Störung vorliegt. Teilweise wird auch zunächst mit der Einnahme von Antidepressiva begonnen, um den Einstieg in eine Psychotherapie zu erleichtern oder überhaupt zu ermöglichen, und dann analysiert, wie es weitergehen soll. Wie lange und in welcher Dosierung Antidepressiva eingenommen werden sollten, entscheidet der Facharzt oder die Fachärztin. Eigenmächtig sollte niemand mehr oder weniger Wirkstoff einnehmen.
Psychotherapie
Wenn psychosoziale Faktoren die Depression (mit)ausgelöst haben, kann eine Psychotherapie sehr gut dagegen helfen. Es gibt verschiedene Methoden, die meist eine Mischung aus Gesprächen und Übungen beinhalten. Die häufigste Methode ist die Kognitive Verhaltenstherapie (KVT). Sie wird von einem Psychotherapeuten oder einer Psychotherapeutin durchgeführt.
Gut zu wissen!
Eine Psychotherapie wirkt! Das wurde in vielen Studien nachgewiesen. Sie heilt sogar besser als viele Behandlungen körperlicher Erkrankungen. Neben der KVT sind noch drei weitere Therapieverfahren offiziell anerkannt, weil ihre Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist. Das sind die Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie, die Analytische Psychotherapie und die Systemische Therapie.
Nach einem Erstgespräch gibt es zunächst mehreren Probesitzungen. Denn bei einem sensiblen Thema wie einer Psychotherapie ist es besonders wichtig, dass beide Seiten gut „miteinander können“. Betroffene sollten sich angenommen und verstanden fühlen und verstehen, was der Profi erklärt. Sollte das nicht der Fall sein, ist eine andere Person die bessere Wahl.
Stimmt das Verhältnis, arbeitet der Therapeut oder die Therapeutin einen individuellen Behandlungsplan zusammen mit der betroffenen Person aus. Außerdem muss zu diesem Zeitpunkt ein Antrag bei der Krankenkasse auf eine psychotherapeutische Behandlung gestellt werden. Mit der Genehmigung beginnt die eigentliche Therapie. Bei einer leichten Depression kann manchmal schon eine Kurztherapie nach 24 Sitzungen abgeschlossen werden. Die normale Therapiedauer beträgt 60 bis 80 Sitzungen, wobei im Laufe der Zeit immer weitere Fortschritte erzielt werden. Bei einer schweren Depression können auch weit über 100 Stunden nötig sein.
Gut zu wissen!
Die Krankenkassen bezahlen die Kosten der Psychotherapie, sofern der behandelnde Therapeut oder die Therapeutin eine Kassenzulassung hat. Bei privat Versicherten hängt es vom jeweiligen Vertrag ab. Die Beihilfe erstattet auf Antrag einen Teil der Kosten einer Psychotherapie.
Einige Psychotherapeuten sind auf die Behandlung älterer Menschen spezialisiert. So können die individuellen Baustellen, die sich im Laufe eines Lebens angesammelt haben, am besten aufgearbeitet werden. Gerade im höheren Alter gilt die Psychotherapie als besonders erfolgreich, weil durch die vorhandene Lebenserfahrung vieles besser verstanden und eingeordnet werden kann, was der Therapeut oder die Therapeutin erklärt. Außerdem haben ältere Menschen eine geringere Abbruchquote. Wenn sie einmal begonnen haben, dann ziehen sie die Therapie meist auch durch.
Gut zu wissen!
Der Beruf „Psychotherapeut“ ist in Deutschland als Bezeichnung geschützt. Es gibt „Psychologische Psychotherapeuten“. Diese haben ein Psychologiestudium und anschließend eine mehrjährige, psychotherapeutische Ausbildung absolviert. Und es gibt „Fachärzte für Psychotherapie“. Diese haben nach einem Medizinstudium eine Weiterbildung für die Behandlung psychischer Krankheiten abgeschlossen. Beide Berufsgruppen bieten wissenschaftlich anerkannte Psychotherapien an. „Heilpraktiker für Psychotherapie“ hingegen ist beispielsweise keine geschützte Bezeichnung, ist keinen staatlichen Vorgaben unterworfen und somit von den Krankenkassen auch nicht anerkannt.
Begleitende Therapien
Zusätzlich ist es möglich, begleitende Therapien zu nutzen, die teils von den Krankenkassen, teils privat finanziert werden müssen.
Dazu gehören vor allem:
- Akupunktur
- Elektrokrampf-Therapie (EKT)
- Entspannungsverfahren, wie Autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung
- Ergotherapie
- Heilpraktische Anwendungen
- Kunst-, Musik- oder Theatertherapie
- Lichttherapie
- Soziotherapie
- Wachtherapie
- Yoga
Die Elektrokrampf-Therapie (EKT) ist die einzige hier genannte Therapieform, die anstelle einer anderen Therapie eingesetzt werden kann, wenn nichts anderes geholfen hat. Das ist aber nur selten und nur bei schweren Depressionen der Fall. Für die EKT wird zunächst ein muskelentspannendes Medikament eingenommen und anschließend unter Vollnarkose präzise Stromstöße ins Gehirn gegeben. Dadurch werden kleine epileptische Anfälle ausgelöst, die das Gehirn beeinflussen. Wenn andere Therapien nur mäßige Wirkung zeigen, kann die EKT oft trotzdem helfen. Da aber noch nicht abschließend erforscht sind, warum und wie die EKT genau wirkt, wird diese nur sparsam eingesetzt.
Alle anderen Therapien sind als Ergänzung zu verstehen. Sie können die Haupttherapie begleiten und deren Wirkung verbessern, aber nicht ersetzen. Der Vorteil an begleitenden Therapien ist, dass sie, sofern sie der behandelten Person gefallen, oft dauerhaft beibehalten werden können und dabei helfen, einen Rückfall zu vermeiden oder zumindest besser damit umzugehen.
Suchen Sie sich Hilfe!
Wird eine Depression nicht behandelt, wird das Leben der betroffenen Person immer trister. Auch das Leben von Freunden und Angehörigen kann zur Hölle werden, weil sie einfach nicht mehr an den geliebten Menschen herankommen, wenn die Depression ihn zunehmend zerstört. Deshalb sollten direkt und indirekt Betroffene nicht warten. Eine Depression wird in der Regel nicht von alleine wieder gut. Aber eine passende Behandlung hilft – auch wenn die Betroffenen das oft zunächst nicht glauben können. Zögern Sie nicht, diese zu suchen und anzunehmen.
Weitere Informationen, Berichte von Betroffenen und professionelle Ansprechpartner finden Sie bei der Deutschen Depressionshilfe unter https://www.deutsche-depressionshilfe.de sowie telefonisch unter 0800 / 33 44 533.
Pflegehilfsmittel bei Altersdepression
Bei Altersdepression können verschiedene Pflegehilfsmittel eingesetzt werden, um den Pflegebedürftigen zu unterstützen und das Pflegepersonal zu entlasten.
Im Folgenden finden Sie eine Liste mit einigen Pflegehilfsmitteln und ihrem Nutzen:
1.Bettschutzeinlagen
Eine Altersdepression ist eine ernsthafte psychische Erkrankung, die oft von Schlafproblemen begleitet wird. Patienten mit Altersdepression haben oft Schwierigkeiten, ihre Blase oder ihren Darm kontrolliert zu entleeren, was zu einem erhöhten Risiko von Bettwäscheverschmutzung und Inkontinenz führen kann. Bettschutzeinlagen können in dieser Situation eine große Hilfe sein, da sie dazu beitragen können, die Bettwäsche und das Bett selbst vor Feuchtigkeit und Schmutz zu schützen.
Beispiel: Sie reduzieren das Risiko von Hautreizungen, Infektionen und Geruchsproblemen, die bei der Pflege von Patienten mit Altersdepression auftreten können. Darüber hinaus erhöhen Bettschutzeinlagen auch den Komfort der Patienten, da sie ein trockenes und sauberes Umfeld schaffen, was wichtig für ein gutes Schlafverhalten ist. Insgesamt können Bettschutzeinlagen dazu beitragen, die Pflege von Patienten mit Altersdepression zu erleichtern und ihre Lebensqualität zu verbessern.
2. Lagerungsrollen
Lagerungsrollen sind Hilfsmittel, die bei der Positionierung und Stabilisierung des Körpers im Bett helfen und insbesondere für Patienten mit Altersdepression von Vorteil sein können.
Beispiel: Durch eine verminderte körperliche Aktivität kann es bei älteren Menschen zu einer Abnahme der Muskelmasse und -funktion kommen, was das Risiko von Druckgeschwüren, Gelenksteifheit und Schmerzen erhöhen kann. Die Verwendung von Lagerungsrollen kann dabei helfen, eine ergonomische und bequeme Schlafposition einzunehmen und somit das Auftreten dieser Beschwerden zu reduzieren. Darüber hinaus kann das Gefühl von Stabilität und Unterstützung, das durch die Verwendung von Lagerungsrollen entsteht, eine beruhigende Wirkung auf Patienten mit Altersdepression haben und ihnen helfen, besser zu schlafen und sich wohler zu fühlen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die Verwendung von Lagerungsrollen in Abhängigkeit von den individuellen Bedürfnissen und gesundheitlichen Einschränkungen jedes Patienten angepasst werden sollte.
3. Einweghandschuhe
Einweghandschuhe eignen sich besonders für Patienten mit Altersdepression, da diese Patientengruppe häufig durch ein geschwächtes Immunsystem anfälliger für Infektionen ist.
Beispiel: Einweghandschuhe sind eine hygienische Möglichkeit für Pflegekräfte, um Infektionsübertragungen zu verhindern und somit das Risiko für Infektionskrankheiten bei älteren Patienten zu minimieren. Durch den Einsatz von Einweghandschuhen können Pflegekräfte die Übertragung von Keimen und Bakterien durch direkten Hautkontakt vermeiden und somit ein höheres Maß an Sicherheit für den Patienten gewährleisten. Darüber hinaus bieten Einweghandschuhe auch eine Schutzbarriere für Pflegekräfte, um sich selbst vor potenziell infektiösen Materialien oder Körperflüssigkeiten zu schützen.
4. Desinfektionsmittel
Die Verwendung von Desinfektionsmitteln, insbesondere für die Händedesinfektion und Flächendesinfektion, ist für Patienten mit Altersdepression von besonderer Bedeutung, da diese Personen oft ein geschwächtes Immunsystem haben und somit anfälliger für Infektionen sind.
Beispiel: Desinfektionsmittel helfen, das Risiko einer Infektion durch eine schnelle und effektive Reduktion der Keimbelastung auf der Haut und Oberflächen zu minimieren. Dies ist besonders wichtig in Umgebungen wie Pflegeeinrichtungen oder Krankenhäusern, wo eine Vielzahl von Personen auf engem Raum zusammenleben und das Risiko einer Keimübertragung erhöht ist. Die Verwendung von Desinfektionsmitteln kann dazu beitragen, dass Patienten mit Altersdepression eine gesunde Umgebung haben und sich sicher und geschützt fühlen können.
5. Digitale Pflegeanwendungen
Digitale Pflegeanwendungen können besonders für Patienten mit Altersdepression von Vorteil sein, da sie eine zusätzliche Form der sozialen Interaktion und Unterstützung bieten können.
Beispiel: Durch die Nutzung von digitalen Geräten wie Tablets oder Smartphones können Patienten in Kontakt mit Pflegekräften, Ärzten oder Familienangehörigen bleiben, auch wenn sie nicht persönlich anwesend sind. Dies kann helfen, Gefühle von Isolation und Einsamkeit zu reduzieren, die oft mit Altersdepression verbunden sind. Darüber hinaus können digitale Pflegeanwendungen auch helfen, den Patienten bei der Überwachung ihrer Gesundheit und Medikamenteneinnahme zu unterstützen. Zum Beispiel können Patienten ihre Vitaldaten wie Blutdruck, Blutzucker oder Gewicht mithilfe von tragbaren Geräten messen und die Ergebnisse automatisch an ihre Pflegekräfte oder Ärzte übermitteln. Auf diese Weise können Veränderungen im Gesundheitszustand schnell erkannt und behandelt werden, was zu einer verbesserten Gesundheit und Lebensqualität beitragen kann. Insgesamt bieten digitale Pflegeanwendungen ein vielversprechendes Potenzial, um Patienten mit Altersdepression zu unterstützen und ihnen ein höheres Maß an Selbstbestimmung und Kontrolle über ihre Gesundheit zu geben.
6. Notrufsysteme
Notrufsysteme sind insbesondere für Patienten mit Altersdepression von großer Bedeutung, da diese Patientengruppe häufig ein erhöhtes Risiko für Stürze, Verletzungen oder andere Notfallsituationen aufweist.
Beispiel: Durch die Verwendung eines Notrufsystems können diese Patienten im Falle eines Notfalls schnell und einfach Hilfe rufen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen oder auf die Unterstützung anderer Personen angewiesen zu sein. Insbesondere für ältere Menschen mit Depressionen kann das Gefühl der Sicherheit und der Gewissheit, dass im Notfall Hilfe verfügbar ist, eine beruhigende Wirkung haben und das Selbstvertrauen und die Unabhängigkeit fördern. Darüber hinaus können einige Notrufsysteme auch mit zusätzlichen Funktionen wie Erinnerungen an Medikamente oder Terminen sowie der Möglichkeit, den Kontakt zu Familienmitgliedern und Pflegepersonal aufrechtzuerhalten, ausgestattet sein, was für Patienten mit Altersdepression ebenfalls von Vorteil sein kann.
→ Zur Übersicht aller zum Verbrauch bestimmter Pflegehilfsmittel
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