Pflegebedürftige Menschen sind in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt. Hier ist nicht nur viel Organisation, sondern auch Kommunikation gefragt. Der Austausch zwischen Pflegebedürftigen und Pflegefachkräften bzw. pflegenden Angehörigen ist sehr wichtig. Digitale Pflegeanwendungen bieten eine Möglichkeit, die Beeinträchtigung der Selbstständigkeit zu reduzieren. Außerdem können sie die Kommunikation tatkräftig unterstützen.

Wir verraten Ihnen heute, wie die digitalen Helfer den Pflegealltag unterstützen. Außerdem geben wir Ihnen einen Überblick über die Funktionen und die Möglichkeiten zur Kostenübernahme.

Das Wichtigste in Kürze

  • Digitale Pflegeanwendungen richten sich an Pflegebedürftige und Pflegepersonen.
  • In Form von Apps oder internetgestützten Lösungen können DiPAs den Pflegealltag vereinfachen.
  • DiPAs können eingesetzt werden, um Termine zu koordinieren oder die Kommunikation mit dem Arzt zu ermöglichen. Außerdem sehen einige Anwendungen Übungseinheiten, beispielsweise für demenzkranke Menschen, vor.
  • Die Pflegekasse gewährt Pflegebedürftigen einen Zuschuss von maximal 50 Euro pro Monat für die Nutzung einer DiPA.
  • Voraussetzung ist neben einem Pflegegrad auch die Pflege in der häuslichen Umgebung.
  • Noch gibt es keine zugelassenen digitalen Pflegeanwendungen. Im Jahr 2023 können Pflegebedürftige voraussichtlich den Zuschuss für DiPAs bei der Pflegekasse beantragen.

Warum ist die Digitalisierung in der Pflege und im Gesundheitssektor wichtig?

Die Welt um uns herum bietet zahlreiche digitale Lösungen – sie machen das Leben einfacher und unterstützen die Informationsübermittlung. Auch der Gesundheitssektor wird zunehmend digitaler. Die elektronische Patientenakte (ePA) bietet beispielsweise die Möglichkeit, medizinische Befunde und Untersuchungsergebnisse zu speichern. Besonders clever: Die Daten sind über die Grenzen von Praxis und Krankenhäusern hinweg gespeichert. Damit entfällt die lästige Suche nach Papierdokumenten. Auch wenn die elektronische Patientenakte vielen Bürgern noch nicht bekannt ist: es gibt sie bereits. Seit dem 01. Januar 2021 können Versicherte sich eine App ihrer Krankenkasse herunterladen und so auf die ePA zugreifen.[1] Ein weiteres Beispiel ist das elektronische Rezept, mit dem Papierrezepte überflüssig werden. Die Apotheken können bereits seit Dezember 2022 Rezepte einlösen und mit der Krankenkasse abrechnen. Hier klappt der Zugriff unter anderem ebenfalls über eine App.[2]

Natürlich darf sich auch der Pflegesektor der Digitalisierung nicht verschließen. Sie bietet hier zahlreiche Vorteile. Zum Beispiel kann sie die Kommunikation und die Organisation im Pflegealltag für alle Beteiligten vereinfachen. Zu den Helfern zählen digitale Pflegeanwendungen.

Was sind digitale Pflegeanwendungen (DiPAs)?

Digitale Pflegeanwendungen haben das Ziel, dem Anstieg der Pflegebedürftigkeit entgegenzuwirken und die Einbußen mit Blick auf die Selbstständigkeit zu verringern. Die speziellen Anwendungen gibt es in Form von Pflege-Apps, die Sie auf Ihrem Smartphone installieren können. Alternativ können Sie sich auch für eine Webanwendung entscheiden, die Sie mit Ihrem Internetbrowser öffnen. Außerdem gibt es Software für klassische Desktop-Rechner.[3]

Welche digitalen Hilfsmittel gibt es? Achtung Verwechslungsgefahr!

Nicht alles, was digital ist, zählt zu den klassischen digitalen Pflegeanwendungen. Wenn Sie von digitalen Pflegehilfsmitteln lesen, sind damit in der Regel digitale Helfer wie eine automatische Herdabschaltung oder Systeme zur Sturzerkennung gemeint. Eine weitere Verwechslungsgefahr droht mit Blick auf die sogenannten DiGAs (digitale Gesundheitsanwendungen).

Was ist der Unterschied zwischen DiPA und DiGA?

Auch wenn der Name ähnlich klingt, digitale Gesundheitsanwendungen und digitale Pflegeanwendungen sind nicht dasselbe. Nicht nur das Hauptziel der Anwendung unterscheidet sich voneinander, auch für die Kosten kommt jeweils ein anderer Träger infrage.

Digitale Pflegeanwendungen (DiPA)
Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)
Hauptziel Die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen optimieren Die Gesundheit selbst überwachen
Kostenträger Pflegekasse Krankenkasse
Aufgeführt im.. digitalem Pflegehilfsmittelkatalog Verzeichnis digitaler Gesundheitsanwendungen

Abbildung 1: Unterschiede zwischen DiPA und DiGA. Quelle: Eigene Darstellung.

Anwendungsbereiche von digitalen Pflegeanwendungen

Pflegebedürftige selbst können auf digitale Pflegeanwendungen zurückgreifen. Auf Wunsch können sie alleine die Funktionen nutzen. An der Nutzung von digitalen Pflegeanwendungen können sich aber auch Mitarbeiter von Pflegediensten oder ehrenamtlich pflegende Personen wie Familienmitglieder beteiligen.3 Das bietet sich vor allem dann an, wenn die Organisation der Pflege eine gemeinschaftliche Aufgabe zwischen Pflegebedürftigen und Angehörigen ist.

Abbildung 2: Nutzer von digitalen Pflegeanwendungen. Quelle: Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) | gesund.bund.de

In folgenden Bereichen kann die digitale Pflegeanwendung zum Einsatz kommen:

  • DiPA zur Organisation des Pflegealltags: DiPAs (Digitale Pflegeanwendungen) können Betroffene dabei unterstützen, Pflegeleistungen zu koordinieren und den Pflegealltag zu bewältigen.
  • DiPA zur Anleitung, Begleitung & Unterstützung des Pflegealltags: Spezielle digitale Anwendungen haben das Ziel, die Selbstständigkeit bzw. die Fähigkeiten von pflegebedürftigen Menschen zu verbessern oder zumindest einer Verschlimmerung der Kompetenzen entgegenzuwirken. DiPAs können in verschiedenen Lebensbereichen Anleitung und Unterstützung bieten – insbesondere in jenen, die auch bei der Pflegebegutachtung auf dem Prüfstand stehen. Ausgewählte Apps können zudem die Haushaltsführung in den Blick nehmen.
  • DiPA für die Bewältigung besonderer pflegerischer Situationen: Weist ein pflegebedürftiger Mensch ein akutes Sturzrisiko auf, können Apps mit speziellen Übungen dabei helfen, dieses zu senken. Demente Menschen erhalten mit digitalen Anwendungen Übungseinheiten, um ihr Gedächtnis zu trainieren.
  • DiPAs, die sich vor allem an Pflegeperson richten: Grundsätzlich richten sich digitale Pflegeanwendungen sowohl an Pflegebedürftige als auch an Pflegende. Speziell entwickelte DiPAs sind vornehmlich auf Angehörige oder andere freiwillige Helfer zugeschnitten – mit dem Einsatz gelingt beispielsweise die Organisation der Pflegemaßnahmen einfacher.

Vorteile von Digitalen Pflegeanwendungen

Der Pflegealltag ist von so einigen Herausforderungen geprägt. Es gibt vieles zu organisieren. Insbesondere, wenn sich mehrere Menschen um eine pflegebedürftige Person kümmern, kann es zu Unklarheiten kommen: Was muss noch erledigt werden und wer kümmert sich darum? Hat mein Angehöriger bereits all seine Medikamente eingenommen? Genau hier können digitale Pflegeanwendungen beispielsweise in App-Form unterstützen. Pflegebedürftige und Pflegende können damit alle relevanten Informationen an einem Ort speichern – den Status können andere ehrenamtliche Helfer, Pflegefachkräfte oder Ärzte einsehen. Auch die Nutzung von intelligenten Sensoren, die einen Sturz erkennen, ist möglich. Nicht zuletzt bieten digitale Pflegeanwendungen auch interaktive Trainingseinheiten an – Pflegebedürftige können so ihre körperliche und geistige Gesundheit fördern.

 DiPA – Vorteile auf einen Blick:

  • Einfachere Kommunikation zwischen Pflegebedürftigen, Pflegenden und Medizinern
  • Mögliche Entlastung der Pflege durch einfache Zuteilung von Aufgaben
  • Angebot von Übungseinheiten für das Gedächtnis oder die Mobilität
  • Geprüfte Anwendungen für die häusliche Pflege.
  • Bei Erfüllung der Voraussetzungen beteiligt sich die Pflegekasse an den Kosten

Digitale Pflegeanwendungen: Beispiele

Stand heute (Januar 2023) gibt es noch keine zugelassene DiPA (digitale Pflegeanwendung). Das bedeutet, dass wir Ihnen an dieser Stelle auch keine konkreten Beispiele nennen können. Allerdings gibt es einige Anwärter, die durchaus ein DiPA-Kandidat sein könnten.

  • meinPAUL: Die Anwendung läuft entweder über eine App auf dem Smartphone oder über den Internetbrowser auf Tablet, Laptop und Co. meinPAUL unterstützt die Videotelefonie – so können Sie beispielsweise mit einem Mediziner sprechen. Außerdem verfügt die Anwendung über ein Schwarzes Brett, mit dem ein Informationsaustausch möglich ist. Außerdem ist eine Hilfebedarf-Erkennung vorgesehen, die beispielsweise bei einem Sturz wichtig ist. Mehr Informationen erhalten Sie hier.
  • lidaa: Dabei handelt es sich um eine digitale Informationsplattform. Mit der Anwendung können Sie auf einen Web-Gesprächskreis, eine systematische Pflegeberatung oder Online-Seminare zurückgreifen. Das Besondere: Experten stehen per Telefon oder Video für eine Beratung zur Verfügung. Diese potentielle DiPA könnte vor allem für pflegende Angehörige hilfreich sein. Mehr zu lidaa.
  • memoreCare: Spaß beim digitalen Gesundheitstraining? Das klappt mit der gestengesteuerten Spielekonsole memoreCare. Das speziell für Senioren entwickelte Programm wird in Pflegeeinrichtungen eingesetzt. Hierbei erfasst eine Kamera die Bewegungen und ermöglicht den Spielspaß. Bisher gibt es keine Lösung für Zuhause – der Hersteller arbeitet nach eigenen Angaben aber mit Hochdruck daran. memoreHome könnte ein vielversprechender DiPA-Kandidat sein. Hier erfahren Sie mehr über das System.

Wer erhält eine digitale Pflegeanwendung (DiPA)? Das sind die Voraussetzungen!

Es gibt ein Gesetz, das sich mit digitalen Pflegeanwendungen und dem Leistungsanspruch beschäftigt. Die Rede ist von dem Digitalen-Versorgung- und Pflege-Modernisierungs­Gesetz (DVPMG). Es regelt, dass pflegebedürftige Menschen, die in ihren eigenen vier Wänden leben, einen Leistungsanspruch auf digitale Pflegeanwendungen sowie Unterstützungsleistungen haben. Der richtige Ansprechpartner ist hier die Pflegekasse. Möchten Sie die Pflegekasse an den Kosten beteiligen, müssen Sie einen Pflegegrad mitbringen. Wie hoch Ihr Pflegegrad ist, spielt keine Rolle. Doch Achtung: Die Versorgung mit der DiPA bzw. das Recht auf eine (anteilige) Kostenerstattung ist zunächst befristet, und zwar auf 6 Monate. Die Pflegekasse überprüft, ob die Pflegeanbindung genutzt und die Zwecksetzung erreicht wird 3 – hierzu findet eine Befragung statt, entweder schriftlich oder telefonisch.[1] Läuft alles zur Zufriedenheit der Pflegekasse, erhalten Sie eine unbefristete Bewilligung.

Gut zu wissen!

Die Pflegekasse übernimmt nur dann die Kosten für eine digitale Pflegeanwendung, wenn sie im DiPA-Verzeichnis steht.

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DiPA: Kostenübernahme und Beantragung

Die Pflegekasse beteiligt sich mit höchstens 50 Euro monatlich an den Kosten für ergänzende Unterstützungsleistungen oder für die DiPA selbst. Ergänzende Unterstützungsleistungen sind beispielsweise Leistungen eines Pflegedienstes, die Ihnen bei der Nutzung der DiPA helfen. Wichtig: Pflegebedürftige müssen den Betrag zunächst vorstrecken und können sich diesen mit dem Erstattungsprinzip zurückholen.[1] Wenn Ihnen eine digitale Pflegeanwendung zusagt, können Sie den Zuschuss direkt bei der Pflegekasse beantragen. Viele Pflegekassen bieten die Beantragung ganz bequem per Krankenkassen-App an. Alternativ können Sie Ihre Pflegekasse auf einen Antrag ansprechen.

Digitale Pflegeanwendungen für 50 Euro – alles Wichtige im Überblick

Das Thema DiPA ist für viele Pflegebedürftige und Angehörige neu. Um Ihnen einen bestmöglichen Überblick zu verschaffen, haben wir Ihnen alle wichtigen Details noch einmal zusammengefasst.

  • Für die DiPA und ergänzende Unterstützungsleistungen können Sie sich monatlich 50 Euro von der Pflegekasse zurückholen.
  • Voraussetzungen dafür sind ein vorliegender Pflegegrad und eine pflegerische Versorgung im häuslichen Umfeld oder in ambulant betreuten Wohngruppen.
  • Ein Rezept brauchen Sie für die Beantragung nicht.
  • Die Pflegekasse beteiligt sich nur an DiPAs, die im Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen stehen.
  • Für den Zuschuss wenden Sie sich direkt an die Pflegekasse.
  • Die Bewilligung der Kosten ist zunächst auf sechs Monate beschränkt, danach erfolgt eine unbefristete Bewilligung.
  • Sie können mehrere DiPAs nutzen, die Kostenbeteiligung bleibt jedoch bei maximal 50 Euro.

Wann kommen die DiPAs?

Viele Menschen haben bereits im Jahr 2022 ungeduldig auf die digitalen Pflegeanwendungen gewartet. Doch noch ist es nicht so weit. Das liegt daran, dass es noch keine zugelassenen digitalen Pflegeanwendungen gibt. Genau das ist aber die Grundvoraussetzung für die Beteiligung der Pflegekasse. Hersteller haben über das Antragsportal für DiGA und DiPA die Möglichkeit, eine Zulassung zu beantragen. Hier gelten allerdings strenge Regeln – schließlich müssen die Anwendungen sicher und zielführend sein. Es ist damit zu rechnen, dass die ersten DiPAs im Laufe des Jahres 2023 in das digitale Pflegeanwendungen-Verzeichnis aufgenommen werden. Die Erstattungsfähigkeit ist übrigens schon seit dem 01. Januar 2022 gewährleistet – jetzt ist also nur noch ein wenig Geduld gefragt!

So helfen weitere Pflegehilfsmittel im Pflegealltag

Ein bunter Mix aus Pflegehilfsmitteln bietet sich in den meisten Fällen an. So wird der Pflegebedürftige vollumfänglich in seiner Selbstständigkeit unterstützt und Sie erhalten als pflegender Angehöriger die nötige Entlastung. Neben digitalen Lösungen wie der DIPA sind technische Pflegehilfsmittel eine Option. Wie wäre es beispielsweise mit einem Pflegebett, das viele hilfreiche Funktionen wie das Absenken der Liegefläche bietet? Auch weitere technische Pflegehilfsmittel wie Lagerungsrollen, Produkte zur Hygiene im Bett oder Waschsysteme können den Pflegealltag sinnvoll unterstützen. Prüfen Sie auch, ob ein Notrufsystem empfehlenswert ist – es bietet sich dann an, wenn Ihr Angehöriger zeitweise oder vollständig alleine im häuslichen Umfeld verbleibt. Pflegehilfsmittel zum Verbrauch optimieren darüber hinaus die Hygiene. Dazu zählen beispielsweise Bettschutzeinlagen, Händedesinfektion, Flächendesinfektion, Mundschutzmasken oder Einweghandschuhe. Spezielle Pflegesituationen können Sie mit Pflegehilfsmitteln zur Verbesserung kognitiver und kommunikativer Fähigkeiten bewältigen. Hier kann sich der Betroffene beispielsweise mit ausgewählten Produkten, wie Uhren, zeitlich oder örtlich orientieren. Eine Körpermessung oder die Unterstützung der Medikamenteneinnahme sind hingegen mit Pflegehilfsmitteln zur Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen möglich. Wie Sie sehen, gibt es viele Möglichkeiten, Pflegehilfsmittel clever miteinander zu kombinieren.

FAQ- häufige Fragen zu digitalen Pflegeanwendungen