Ein Unfall oder eine Erkrankung kann dazu führen, dass ein Auge operativ entfernt werden muss. Die Augenprothese, auch als Kunstauge oder Glasauge bezeichnet, wird dann aus kosmetischen und physiologischen Gründen eingesetzt. Damit das Hilfsmittel die therapeutischen Ziele erreicht, ist eine individuelle Anpassung wichtig. Neben gewöhnlichen Kunstaugen aus Glas und Kunststoff sind auch Kunstaugen als Sonderversorgung erhältlich. Für die Kosten kommt die Krankenkasse auf, sofern eine hinreichende medizinische Begründung vorliegt.

Wir verraten Ihnen heute, welche Unterschiede zwischen den verschiedenen Augenprothesen bestehen. Außerdem geben wir Ihnen Tipps zur Beantragung und Nutzung des Hilfsmittels.

Das Wichtigste in Kürze

  • Augenprothesen sind Hilfsmittel, die im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes in der Kategorie 36 aufgelistet sind.
  • Augenprothesen bestehen aus Glas oder Kunststoff.
  • Die Hilfsmittel kommen bei erblindeten Menschen oder Personen mit fehlendem Auge zum Einsatz.
  • Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für Augenprothesen, wenn eine hinreichende medizinische Begründung vorliegt.
  • Für die Beantragung einer Augenprothese benötigen Versicherte eine ärztliche Verordnung.
  • Herausgegeben werden die Hilfsmittel von einem Vertragspartner der Krankenkasse.

Was sind Augenprothesen?

Augenprothesen sind Hilfsmittel, die im Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes gelistet sind. Patienten können ein Kunstauge aus Glas oder Kunststoff erhalten, wenn sie ihr Auge beispielsweise durch einen Unfall verloren haben. Außerdem verordnen Mediziner das Hilfsmittel bei einer entstellten Augenpartie. Eine Augenprothese hat kosmetische Vorteile – sie gibt dem Gesicht ein harmonisches Aussehen zurück. Das Hilfsmittel verfolgt allerdings noch mehr Ziele. Es beugt Schrumpfungen vor und dient der Augenhöhle als Schutz vor äußeren Einflüssen. Bei Kindern setzen Augenprothesen einen wichtigen Wachstumsanreiz in der entsprechenden Hälfte des Gesichtes.[1]

Der Unterschied zwischen Kunstaugen aus Glas und Kunststoff

Wenn Sie sich über Augenprothesen informieren, stellen Sie fest, dass hier Produkte aus Glas und Kunststoff existieren. Zwar verfolgen beide die gleichen Ziele, sie unterscheiden sich jedoch in vielen Bereichen. Lassen Sie uns gemeinsam herausfinden, was ein Kunstauge aus Glas von einem Kunstauge aus Kunststoff unterscheidet.

Kunstauge aus Glas

Anfertigungen aus Glas zählen zur Standardversorgung. Das Material, aber auch die Verarbeitungsmöglichkeiten und die Biokompatibilität sind hervorragend für den Einsatz geeignet. Die Glasausführung wird einwandig oder doppelwandig mithilfe eines Glasbrenners hergestellt. Danach erfolgt eine manuelle Bearbeitung, um das Glasauge an die Bedürfnisse des Trägers anzupassen. Dazu können Hersteller eine Feinmodellierung unter Zuhilfenahme von Prothesenwachs vornehmen. Manchmal ist auch ein Abdruck der Augenhöhle (Orbita) erforderlich. Augenprothesen aus Glas setzen sich übrigens aus Kristallglas für die Schaffung der vorderen Augenkammer und Kryolithglas für den Prothesenkörper zusammen. Die Iris und Pupille profitieren von dem Einsatz farbiger Glassorten wie Kalziumsphosphatgläsern und Akalisilikatgläsern. Kunstaugen aus Glas verschleißen mit der Zeit, genauer gesagt ihre Oberfläche. Da es dadurch zu Schädigungen der Schleimhaut in der Augenhöhle kommen kann, ist die durchschnittliche Tragedauer auf ein Jahr begrenzt. In einigen Fällen ist auch ein häufiger Wechsel notwendig, zum Beispiel bei Kindern, die sich im Wachstum befinden.1

Kunstaugen aus Kunststoff

Augenprothesen aus Kunststoff haben einen wesentlichen Vorteil: Die Bruchgefahr ist hier gering. Die aus organischem Polymethylmethacrylat (PMMA) gefertigten Hilfsmittel nutzen sich jedoch vergleichsweise schnell ab, da sie materialbedingt eine weiche Oberfläche besitzen. Anders als Glaskörper lassen sich Kunstaugen aus Kunststoff jedoch nachpolieren, dadurch kann eine längere Tragezeit erreicht werden. Für die Herstellung des Hilfsmittels wird meistens ein Abdruck der Augenhöhle gemacht. Die Anfertigung klappt unter anderem durch die Zuhilfenahme eines Wachsmodells, hier ist genaue Präzision gefragt. Kunstaugen aus Kunststoff müssen ein bis zweimal jährlich fachmännisch nachpoliert werden, damit die Schleimhaut der Augenhöhle nicht unnötig gereizt wird.1

Gut zu wissen!

Manchmal ist eine sehr individuelle Anfertigung nötig. In dem Fall kommen Kunstaugen als Sonderversorgung ins Spiel. Das Besondere: Dahinter steckt eine aufwendige Anfertigungstechnik. Sie kommen beispielsweise zur Defektversorgung zum Einsatz, wenn beispielsweise das Augenlid beeinträchtigt ist. Patienten sind auf eine solche Sonderversorgung auch angewiesen, wenn ihre Augenhöhle extrem von der üblichen Größe abweicht.1

Wer benötigt eine Augenprothese?

Eine Augenprothese erfüllt kosmetische und physiologische Aufgaben. Menschen können aus den unterschiedlichsten Gründen auf das Hilfsmittel angewiesen sein. Durch einen Tumor ist es womöglich nötig, das Auge zu entfernen, eine Augenprothese hilft dann, ein harmonisches Äußeres zu bewahren. Auch durch andere Erkrankungen oder Unfälle kann bei Patienten der Wunsch nach einer kosmetischen Angleichung entstehen. Eine Augenprothese hilft außerdem dabei, die Augenhöhle vor Schäden oder dem Einschrumpfen zu bewahren. Kunstaugen kommen aber nicht nur dann zum Einsatz, wenn das Auge fehlt. Bei Personen, bei denen der Augapfel nur anteilig verloren ist oder bei denen schwerwiegende Defekte beispielsweise durch Verbrennungen oder Verätzungen vorliegen, kann eine Augenprothese hilfreich sein. Das Gleiche gilt für erblindete Menschen.

Augenprothesen: Hilfsmittel im Überblick

Das Hilfsmittelverzeichnis ist gewissermaßen ein Leitfaden für die häusliche Pflege. Zumindest dann, wenn es um technische Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel zum Verbrauch geht. In dem Hilfsmittelkatalog des GKV-Spitzenverbandes finden Sie Hilfsmittel für den Heimgebrauch, die bei entsprechender Diagnose von der Krankenkasse/Pflegekasse übernommen werden. Dazu zählen auch Augenprothesen, die Sie in der Kategorie 36 „Augenprothesen“ finden.

Folgende Hilfsmittel sind hier aufgeführt:

  • Augenprothesen aus Glas
  • Augenprothesen aus Kunststoff

1. Augenprothesen aus Glas

Es gibt nicht die eine Augenprothese, die für jeden Patienten passend ist. Deshalb bietet das Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbandes eine größere Auswahl an Kunstaugen aus Glas.

  • Doppelwandige Augenprothese aus Glas: Die auch als Reformauge bekannte Anfertigung gelingt mithilfe einer speziellen Form- und Einsaugtechnik. Die doppelwandige Augenprothese füllt die Augenhöhle unter Berücksichtigung der individuellen Beschaffenheit bestenfalls komplett aus. Sie kommt insbesondere bei Menschen zum Einsatz, bei denen das Auge operativ entfernt werden musste.[1]
  • Einwandige Augenprothese aus Glas: Für diese Art der Prothese wird auch der Begriff Schalenauge genutzt. Bei der Prothese kommt ein spezielles Fertigungsverfahren zum Einsatz. Ein Schalenauge erhalten Patienten, bei denen anatomische Besonderheiten die Nutzung einer doppelwandigen Ausführung verhindern.
  • Bulbusschale aus Glas: Ist ein Auge erblindet, kommt eine Bulbusschale zum Einsatz. Dabei handelt es sich um ein sehr dünngefertigtes Schalenauge. Auch Menschen mit Schleimhautvorwölbungen oder ausgeprägten Implantatvortretungen können von diesem Hilfsmittel profitieren. Die Augenprothese wird entweder an die Augenhöhle oder an den Augapfel angepasst. Durch eine genaue Fertigung deckt das Hilfsmittel die vordere Augenpartie komplett ab.2
  • Sonderversorgung aus Glas: Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten im Bereich der Schalenaugen bzw. Bulbusschalen oder Reformaugen.2 Individualität ist bei dieser Art der Versorgung besonders wichtig. So gelingt es, auf die verschiedensten physiologischen Ausgangslagen beim Träger einzugehen.
  • Augenprothese aus Glas für Epithesen: Hierbei erfolgt eine feste Verarbeitung einer Augenprothese in die Epithese. Augenepithesen ersetzen nicht nur das Auge, sondern auch umliegende Areale wie die Nase, Wange oder Stirn.[2]

2. Augenprothesen aus Kunststoff

Hier unterscheidet das GKV-Hilfsmittelverzeichnis ebenfalls verschiedene Augenprothesen. Die Aufteilung ist dieselbe wie bei den Augenprothesen aus Glas. Allerdings kommen hier andere Materialien zum Einsatz und auch das Fertigungsverfahren ist nicht immer gleich.

  • Schalenauge aus Kunststoff: Eine solche Augenprothese wird mithilfe eines individuellen Abdrucks erstellt. So wird die Beschaffenheit der Augenhöhle berücksichtigt. Das Hilfsmittel wird meistens aus Vollmaterial hergestellt, kann aber auch innerhalb hohl sein.2
  • Bulbusschale aus Kunststoff: Genauso wie die Variante aus Glas kommt eine Bulbusschale aus Kunststoff bei einem erblindeten Auge, Schleimhautvorwölbungen oder bei einem stark hervortretenden Implantat zum Einsatz.2
  • Sonderversorgungen aus Kunststoff: Diese speziell angefertigten Augenprothesen setzen auf Vollmaterial – sie können hohl, dick- oder dünnwandig hergestellt werden. Bei den Hilfsmitteln kann eine Möglichkeit geschaffen werden, Hebe- oder Stützeinrichtungen einzubringen – so klappt eine Verbindung mit integrierten Implantaten.2
  • Augenprothese aus Kunststoff für Epithesen: Auch hier erfolgt eine Integration des Augenkörpers in die Epithese, die umliegende Regionen wie Nase oder Wange abdeckt.2

Gut zu wissen!

Eine Augenprothese ersetzt nicht die Funktionen des Sehapparates. Sie können mit einer Augenprothese also nicht wieder sehen.

Augenprothesen: Kosten und Kostenübernahme

Die Preise für Augenprothesen variieren stark. Das liegt daran, dass hier verschiedene Materialien (Kunststoff oder Glas) zum Einsatz kommen und die Fertigungsverfahren voneinander abweichen. Einen allgemeingültigen Preis für alle Augenprothesen zu nennen, ist deshalb nicht möglich. Wenn Sie medizinisch auf eine Augenprothese angewiesen sind, zum Beispiel nach einem operativen Eingriff, müssen Sie sich über die Kosten keine Gedanken machen. Die Krankenkasse springt immer dann ein, wenn eine hinreichende medizinische Begründung vorliegt. Sie müssen in dem Fall dann nur die gesetzlich vorgeschriebene Zuzahlung miteinrechnen – diese beträgt maximal 10 Euro pro Hilfsmittel.[1]

Voraussetzungen für die Übernahme von Augenprothesen

Nicht alle Menschen erhalten eine durch die Krankenkasse finanzierte Augenprothese. Eine wichtige Voraussetzung ist hier die medizinische Notwendigkeit, die von einem Facharzt bestätigt werden muss. Interessieren Sie sich aus kosmetischen oder physiologischen Gründen für eine Augenprothese, halten Sie deshalb am besten Rücksprache mit Ihrem behandelnden Mediziner.

Folgende Voraussetzungen gibt es für eine Augenprothese von der Krankenkasse:

  • Ihr behandelnder Arzt hat festgestellt, dass Sie auf eine Augenprothese angewiesen sind.
  • Der Mediziner stellt Ihnen eine ärztliche Verordnung für die Augenprothese aus.

Augenprothese in 3 Schritten beantragen: So gehen Sie vor

Sie interessieren sich für die Beantragung einer Augenprothese? Kein Problem, das ist leichter als gedacht. Mit nur drei Schritten erhalten Sie das Hilfsmittel von der Krankenkasse, sofern Sie eine medizinische Notwendigkeit mitbringen.

  1. Schritt – Führen Sie ein Gespräch mit Ihrem Arzt: Wenn ein Auge operativ entfernt werden muss oder erblindet, sprechen Mediziner das Thema Augenprothesen, meist in der Klinik, von sich aus an. Der Arzt kann Sie auf die physiologischen und kosmetischen Vorteile hinweisen. Im Anschluss erhalten Sie eine ärztliche Verordnung. Bewahren Sie diese gut auf, denn die Verordnung müssen Sie später beim Leistungserbringer vorlegen.
  2. Schritt – Informieren Sie sich über Vertragspartner: Nicht die Krankenkasse selbst gibt Ihnen das Hilfsmittel heraus, sondern entsprechende Vertragspartner (Ocularisten). Diese haben Kooperationsverträge mit Ihrer Krankenkasse geschlossen und stehen Ihnen somit als Ansprechpartner zur Seite. Um sich über Vertragspartner zu informieren, rufen Sie am besten bei der Krankenkasse an. Viele Krankenversicherer bieten mittlerweile auch die Möglichkeit, sich online über kooperierende Unternehmen zu informieren.
  3. Schritt – Übergeben Sie dem Vertragspartner die Verordnung: Wenden Sie sich an einen Vertragspartner, geht alles seinen Lauf. Dieser berät Sie zu geeigneten Augenprothesen und gibt Ihnen eine Einweisung zum Gebrauch. Außerdem erhalten Sie durch den Vertragspartner viele Informationen rund um die Pflege. Der Vertragspartner übernimmt die Anpassung der Augenprothesen und überprüft die Passform.

3 Tipps für die Anwendung einer Augenprothese

Mit einigen Tipps bleibt Ihre Augenprothese lange schön und fühlt sich angenehm im Auge an.

  1. Reinigen Sie Ihre Augenprothese regelmäßig: Durch eine regelmäßige Reinigung behalten Sie das natürliche Aussehen der Prothese bei. Sowohl für Glas als auch für Kunststoffmaterialien eignet sich lauwarmes Wasser. Indem Sie die Augenprothese leicht zwischen den Fingern hin und her gleiten lassen, lösen sich leichte Verunreinigungen. Bei hartnäckigen Verkrustungen legen Sie die Augenprothese aus Glas in Essig ein und spülen sie danach mit reichlich Wasser ab. Bei Kunststoffprothesen können Sie pH-neutrale Waschlotionen nutzen.[1]
  2. Lassen Sie Ihre Augenprothese polieren: Eine Augenprothese aus Kunststoff wird im besten Fall alle sechs Monate beim Fachmann nachpoliert. Wenden Sie sich dafür an den ursprünglichen Vertragspartner. Aus Glas bestehende Augenprothesen können übrigens nicht repariert werden. Sofern vorhanden, nutzen Sie einfach Ihre alte Prothese, bis die neue fertig ist.6
  3. Reiben Sie sich richtig die Augen: Ihr Auge juckt? Kein Problem, auch mit einer Augenprothese können Sie sich die Augen reiben oder wischen. Achten Sie dabei auf jeden Fall darauf, die Handbewegungen Richtung Nase auszuführen, damit sich die Prothese nicht verdreht.6

FAQ: häufige Fragen zu Augenprothesen