Morbus Fabry wird auch manchmal Morbus Anderson-Fabry, Fabry-Krankheit, Fabry-Syndrom oder Fabry-Anderson-Krankheit genannt. Bei der seltenen Erbkrankheit können viele Organe in Mitleidenschaft gezogen werden. Der Grund liegt in einem Gendefekt, der zu einer Fettstoffwechselstörung in den Körperzellen führt.

Da sich die Erkrankung auf sehr unterschiedliche Weise äußern kann, wird sie oft nicht auf Anhieb erkannt. Dabei ist das Krankheitsbild schon vor über 120 Jahren von einem deutschen Arzt namens Johann Fabry und einem Arzt aus England namens William Anderson in medizinischen Fachberichten beschrieben worden. Damals standen die roten punktförmigen Hautflecken im Vordergrund. Heute ist in der Medizin bekannt, dass neben der Haut, viele weitere Organe durch den gestörten Fettstoffwechsel beschädigt werden können.

In diesem Artikel erfahren Sie mehr über die Erbkrankheit Morbus Fabry, die Symptome und Vererbbarkeit. Lesen Sie außerdem, wie Morbus Fabry festgestellt und behandelt werden kann.

Das Wichtigste in Kürze

  • Morbus Fabry ist eine seltene Stoffwechselerkrankung, die auf einem Gendefekt beruht.
  • Durch den Gendefekt fehlt ein Enzym, das für den Fettstoffwechsel in den Körperzellen verantwortlich ist.
  • Bestimmte Fettstoffe können in den Körperzellen nicht abgebaut werden. In der Folge lagern sich die Fettstoffe in sämtlichen Organen ab und schädigen diese.
  • Es empfiehlt sich, für Diagnostik und Therapie ein spezialisiertes Fabry-Zentrum aufzusuchen.
  • Mit einer lebenslangen Enzymersatztherapie kann das Fortschreiten der Erkrankung aufgehalten oder verzögert werden.

Definition – Was ist Morbus Fabry?

Morbus Fabry ist eine seltene, chronische und fortschreitende Stoffwechselerkrankung, bei der ein Gendefekt zu einem Enzymmangel führt. Durch den Enzymmangel können bestimmte Fettstoffe in den Zellen nicht abgebaut werden. In der Folge lagern sich die Zwischenprodukte des Fettstoffwechsels übermäßig stark in verschiedenen Organen ab und schädigen diese zunehmend. Durch die Ablagerung der Fettstoffe zählt Morbus Fabry zu den sogenannten „Speicherkrankheiten“. Außerdem gehört sie zu den „Multiorganerkrankungen“, da neben der Haut vor allem die Blutgefäße, Nieren, das Nervensystem und das Herz geschädigt werden können.

Symptome – Wie äußert sich Morbus Fabry?

Die Fettstoffe, die aufgrund des Enzymmangels nicht vollständig verstoffwechselt werden können, lagern sich in verschiedenen Organen ab, schädigen sie und führen zu unterschiedlichen Organerkrankungen. Ein oder mehrere Organe können unterschiedlich stark betroffen sein. Das heißt, die Erkrankung kann sich von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich zeigen. Zudem kann jedes Symptom einzeln betrachtet, auch auf andere Erkrankungen hinweisen. Das erschwert zunächst die eindeutige Zuweisung der Symptome zur Erkrankung Morbus Fabry.

Folgende Organe und Organsysteme können bei Morbus Fabry betroffen sein:

Organe
Symptome und Folgeerkrankungen
Haut • Angiokeratome (rötlich-violette punktförmige Flecken auf der Haut,
überwiegen am Unterleib zwischen dem Bauchnabel und den Knien)
• Verminderte Schweißproduktion
• Sehr trockene Haut
Nieren • Erhöhte Eiweißausscheidung
• Nierenschwäche
• Chronisches Nierenversagen
Gehirn • Durchblutungsstörungen im Gehirn
• Schlaganfälle im jungen Lebensalter
Nervensystem • Nervenschmerzen an Händen und Füßen
• Missempfindungen wie Taubheit, Kribbeln
oder Ameisenlaufen an Händen und Füßen
Herz • Herzrhythmusstörungen
• Verdickung des linken Herzkammermuskels
• Herzschwäche
Lunge • Atemwegserkrankungen
Ohren • Hörminderung
• Ohrgeräusche (Tinnitus)
Augen • Trübung der Hornhaut
• Trübung der Augenlinsen
Magen-Darmtrakt • Durchfall
• Bauchkrämpfe

Wann können die ersten Symptome auftreten?

Bereits in der Kindheit können die ersten Symptome im Alter von vier bis acht Jahren auftreten. Morbus Fabry äußert sich im Kindesalter typischerweise mit folgenden Symptomen:

  • Brennende Schmerzen und Kribbeln in Händen und Füßen
  • Fieberschübe ohne erkennbaren Grund
  • Verminderte Schweißproduktion
  • Magen-Darm-Probleme wie Bauchschmerzen und Durchfall

Dazu kommt bei den meisten Betroffenen im jungen Lebensalter die Trübung der Hornhaut. Die genannten Symptome nehmen unbehandelt im Laufe der Zeit zu.

Ursache – Wodurch entsteht Morbus Fabry?

Morbus Fabry ist eine Erbkrankheit, bei der ein Gendefekt auf dem X-Chromosom vorliegt. Der Gendefekt hat zur Folge, dass ein wichtiges Enzym zur Spaltung von Fettstoffen gar nicht oder nicht ausreichend vom Körper hergestellt werden kann. Das Enzym für die Spaltung der Fettstoffe heißt „Alpha-Galaktosidase A“ oder kurz „α-GAL“.

Der Gendefekt wird über den sogenannten X-chromosomalen Erbgang weitervererbt. Um die Vererbung von Morbus Fabry nachzuvollziehen, ist es wichtig zu wissen, dass Männer ein X-Chromosom und ein Y-Chromosom haben. Frauen hingegen haben zwei X-Chromosomen.

Bei Frauen ist Morbus Fabry häufig weniger stark ausgeprägt, weil das zweite X-Chromosom die Herstellung des Enzyms ausgleichen kann. Früher wurde sogar davon ausgegangen, dass Frauen Morbus Fabry zwar weitervererben, aber selbst nicht daran erkranken können. Heute weiß man, dass Morbus Fabry keine Männererkrankung ist und Frauen, die den Gendefekt in sich tragen, ebenso daran erkranken. Der Unterschied ist jedoch, dass Morbus Fabry bei Männern meistens früher und schwerer auftritt als bei Frauen.

Wie wird Morbus Fabry vererbt?

Männer und Frauen vererben den Gendefekt unterschiedlich weiter.

  • Vererbung von Morbus Fabry bei einem erkrankten Mann: Ein Vater mit Morbus Fabry gibt den Gendefekt immer an alle Töchter weiter, jedoch nie an die Söhne. Die Töchter tragen den Gendefekt dann ebenfalls in ihrem Erbgut, können ihn weitervererben und auch selbst an Morbus Fabry erkranken.
  • Vererbung von Morbus Fabry bei einer erkrankten Frau: Eine Mutter mit Morbus Fabry gibt den Gendefekt statistisch gesehen an 50 % der Kinder weiter, sowohl an die Töchter als auch an die Söhne. Die Aussage ist rein statistisch. Das heißt, es kann auch sein, dass alle Kinder oder kein Kind den Gendefekt erbt.

Wichtig zu wissen!

Wenn Morbus Fabry bei einem Betroffenen festgestellt wird, ist es sehr wahrscheinlich, dass weitere Familienangehörige betroffen sind. Aus diesem Grund wird empfohlen, ein Familienstammbaum im Rahmen der humangenetischen Beratung zu erstellen, um Familienmitglieder zu identifizieren, die den Gendefekt ebenfalls haben könnten. Die Verwandten können dann selbst entscheiden, ob sie sich auf Morbus Fabry untersuchen lassen möchten.

Diagnose – Wie wird Morbus Fabry festgestellt?

Wenn es die Erkrankung in einer Familie bereits gibt, stehen die Chancen gut, dass die Diagnose frühzeitig bei weiteren Familienmitgliedern gestellt wird, bevor Organschäden auftreten. Ist Morbus Fabry im familiären Umfeld eines Betroffenen bisher kein Thema gewesen, wird die Diagnose oft erst Jahre später gestellt, nachdem erste Symptome und Folgeerkrankungen aufgetreten sind. Um die Diagnose Morbus Fabry auszuschließen oder zu bestätigen, gibt es Untersuchungsmethoden, die eindeutige Ergebnisse liefern.

Da es sich um eine seltene, aber schwerwiegende Erkrankung handelt, empfiehlt es sich, ein spezialisiertes Fabry-Zentrum für die Diagnostik und Therapie aufzusuchen. Hier arbeiten Fachärzte aus verschiedenen Fachabteilungen zusammen, z.B. Herzspezialisten, Nierenspezialisten und Nervenspezialisten. Das ist notwendig, weil verschiedene Organe betroffen sein können.

Die Morbus Fabry Selbsthilfegruppe e.V. bietet auf ihrer Homepage eine deutschlandweite Zentrensuche an.

Wie läuft die Diagnostik bei Morbus Fabry ab?

Wenn der Verdacht auf Morbus Fabry besteht, kann nach einer genetischen Beratung sowie ärztlichen Aufklärung und schriftlicher Einwilligung die genetische Untersuchung stattfinden. Dabei handelt es sich um eine Blutuntersuchung zur Gendiagnostik. Wenn sich die Diagnose Morbus Fabry bestätigt, erfolgt eine weitere genetische Beratung für den Betroffenen, z.B. zum Thema Kinderwunsch. Außerdem wird eine genetische Beratung für Verwandte ersten Grades angeboten.

Folgende weitere Untersuchungen können zur Anwendung kommen:

  • Blutuntersuchung zur Bestimmung der Enzymaktivität
  • Körperliche Untersuchung
  • Untersuchung der beteiligten Organe, zum Beispiel:
    – Ultraschalluntersuchung der Nieren und des Herzen
    – EKG des Herzen
    – MRT des Kopfes
    – Untersuchung des Nervensystems, des Magen-Darm-Trakts, der Augen und Ohren

Wie oft sollen Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden?

Eine jährliche Kontrolluntersuchung in einem Fabry-Zentrum wird empfohlen, damit die Wirksamkeit der Therapie überprüft und ggf. angepasst werden kann.

Personen, die zwar die Genveränderung in sich tragen, jedoch noch keine Symptome haben, sollten ebenfalls einmal jährlich untersucht werden, um den Ausbruch der Erkrankung frühzeitig zu erkennen.

Gibt es verschiedene Formen von Morbus Fabry?

Es gibt verschiedene Variationen und Sonderformen von Morbus Fabry, wie zum Beispiel die Herzvariante und die Nierenvariante. Bei den Betroffenen der Herzvariante ist ausschließlich das Herz betroffen, bei der Nierenvariante hingegen ausschließlich die Nieren. Weitere typische Symptome von Morbus Fabry, wie z.B. die Hautflecken, schmerzende Hände und Füße oder Augentrübungen, kommen bei diesen Varianten nicht vor.

Behandlungsmöglichkeiten – Wie wird Morbus Fabry therapiert?

Laut S1-Leitlinie für Diagnose und Therapie bei Morbus Fabry, stehen folgende Ziele bei der Behandlung an erster Stelle:

  • Verhinderung der fortschreitenden Organschäden
  • Linderung von Beschwerden (z.B. Schmerzen)
  • Verlängerung der Lebenserwartung
  • Verbesserung der Lebensqualität

Nach aktuellem Stand der Medizin ist Morbus Fabry nicht heilbar. Bei den meisten Betroffenen kommt jedoch eine Enzymersatztherapie in Frage. Damit kann der angeborene Gendefekt weitgehend ausgeglichen und das Fortschreiten der Erkrankung gestoppt oder verlangsamt werden. Bei der Enzymersatztherapie wird das fehlende Enzym mit einer Infusion verabreicht. Die Behandlung muss alle 14 Tage und lebenslang erfolgen.

Für einige Betroffene kommt die Chaperon-Therapie in Frage. Hierbei handelt es sich um eine Tablette, die alle 2 Tage immer zur selben Uhrzeit eingenommen werden muss.

Sollten weiterhin Beschwerden vorhanden sein, ist deren Linderung ebenfalls Bestandteil der Therapie.

Wenn die Nieren bereits so stark geschädigt sind, dass ein chronisches Nierenversagen vorliegt, kann das eine Dialysebehandlung oder die Notwendigkeit einer Nierentransplantation zur Folge haben.

Krankheitsverlauf – Wie verläuft Morbus Fabry?

Der Verlauf von Morbus Fabry hängt maßgeblich vom Zeitpunkt der Diagnose und dem Behandlungsbeginn ab. Es ist bisher aber nicht möglich, den genauen Verlauf der Erkrankung vorauszusagen, da die Organe unterschiedlich stark betroffen sein können. Fest steht jedoch, dass Morbus Fabry unbehandelt stetig fortschreitet.

Möglicher Krankheitsverlauf mit Behandlung

Wenn die Behandlung beginnt, bevor Organschäden entstehen, kann mit der Enzymersatztherapie ein normales Lebensalter erreicht werden. Das Risiko für schwere Komplikationen wie vorzeitige Schlaganfälle, Nierenversagen und Herzinfarkte wird verringert.

Möglicher Krankheitsverlauf ohne Behandlung

Mit zunehmendem Lebensalter werden mehr und mehr Organe in Mitleidenschaft gezogen. Es drohen vorzeitige Schlaganfälle, Nierenversagen und Herzinfarkte.

Erfahren Sie mehr über die Pflege bei Morbus Fabry.

Erfahren Sie mehr zum Pflegegrad bei Morbus Fabry.

Welche Komplikationen können bei Morbus Fabry auftreten?

Je nachdem, welche Organe besonders betroffen sind, können unterschiedliche Komplikationen im Verlauf der Erkrankung auftreten.

  • Hitzschlag: Durch die verminderte Schweißproduktion, kann sich der Körper nicht selbst abkühlen. Es entsteht ein Wärmestau, die Körpertemperatur steigt schnell auf über 40°C oder mehr in 10 bis 15 Minuten.
  • Schlaganfall: Sind die Blutgefäße im Gehirn betroffen, können sich diese verschließen und es kommt durch die Minderdurchblutung des Gehirns zu einem Schlaganfall.
  • Herzrhythmusstörungen: Es gibt Formen von Herzrhythmusstörungen, bei denen der Körper nicht mehr ausreichend durchblutet wird.
  • Nierenversagen: Morbus Fabry kann die Nieren derart schädigen, dass sie ihre eigentliche Aufgabe, die Ausscheidung von Abfallprodukten, nicht mehr nachkommen können. Stattdessen scheiden sie Produkte aus, die eigentlich im Körper verbleiben sollen, wie z.B. Eiweiße.

Die Haupttodesursachen bei Menschen mit Morbus Fabry sind Nierenschwäche, plötzlicher Herztod durch die Herzrhythmusstörungen und Schlaganfall.

Häufige Fragen zum Thema Morbus Fabry