Morbus Fabry ist eine seltene Erbkrankheit, bei der verschiedene Organe geschädigt werden können. Der Grund liegt in einem Gendefekt, der zu einer Fettstoffwechselstörung in den Körperzellen führt. Die Fettstoffe lagern sich in den Organen ab und schädigen diese zunehmend. Da sich die Erkrankung auf sehr unterschiedliche Weise äußern kann, wird sie oft erst spät diagnostiziert.
Der Umfang der erforderlichen Pflege und Unterstützung hängt von den Folgeerkrankungen und der Ausprägung der Symptome ab. Wird Morbus Fabry frühzeitig erkannt und behandelt, ist der Pflegebedarf aller Voraussicht nach nicht höher als bei Gleichaltrigen ohne Morbus Fabry. Wird die Diagnose jedoch erst gestellt, wenn schon Organe geschädigt wurden, hängt der Pflegebedarf davon ab, wie stark die Organschäden die selbstständige Lebensführung beeinträchtigen.
Stellen Betroffene oder Angehörige einen dauerhaften Unterstützungsbedarf fest, kann jederzeit ein Antrag auf Leistungen bei der Pflegekasse gestellt werden. Leistungen der Pflegekasse sind bei festgestellter Pflegebedürftigkeit ein wesentlicher Bestandteil zur Finanzierung der Pflege und Betreuung.
Erfahren Sie in diesem Artikel mehr über den Pflegegrad, die Voraussetzungen für die Bewilligung und den Ablauf der Pflegebegutachtung. Lesen Sie außerdem, was Sie tun können, wenn Sie mit dem Bescheid der Pflegekasse nicht einverstanden sind oder wenn die Leistungen der Pflegekasse nicht mehr ausreichen. Abschließend finden Sie eine Übersicht zu den Leistungen der Pflegekasse, wenn ein Pflegegrad bewilligt wurde.
Das Wichtigste in Kürze
- Morbus Fabry ist eine seltene Erbkrankheit, bei der verschiedene Organe geschädigt werden können.
- Der Umfang der erforderlichen Pflege und Unterstützung hängt von den Folgeerkrankungen und der Ausprägung der Symptome ab.
- Stellen Betroffene oder Angehörige einen dauerhaften Unterstützungsbedarf fest, kann jederzeit ein formloser Antrag auf Leistungen bei der Pflegekasse gestellt werden.
- Nicht die Erkrankung an sich ist die Voraussetzung für einen Pflegegrad. Ausschlaggebend ist, wie sich die Erkrankung auf die selbstständige Lebensführung auswirkt.
- Anschließend erfolgt eine Pflegebegutachtung durch den medizinischen Dienst.
- Nach der Pflegebegutachtung erhält der Antragsteller den Bescheid der Pflegekasse über die Einstufung bzw. Ablehnung des Pflegegrades und die ggf. zustehenden Leistungen der Pflegekasse.
- Wenn Sie mit dem Bescheid der Pflegekasse nicht einverstanden sind, können Sie innerhalb von 1 Monat nach Erhalt des Bescheids schriftlich Widerspruch einlegen.
- Wenn Sie den Eindruck haben, dass der Pflegebedarf im Verlauf der Erkrankung gestiegen ist und die Leistungen der Pflegekasse nicht mehr ausreichen, können Sie eine Höherstufung beantragen.
Was sind die Voraussetzungen für einen Pflegegrad bei Morbus Fabry?
Stellen der Betroffene selbst oder Angehörige fest, dass der Morbus Fabry-Betroffene im Alltag immer mehr auf Pflege, Unterstützung oder Betreuung angewiesen ist, kann jederzeit ein Pflegegrad bei der Pflegekasse des Betroffenen beantragt werden. Ein Pflegegrad wird dann bewilligt, wenn im Rahmen der Pflegebegutachtung festgestellt wird, dass der Betroffene pflegebedürftig ist.
Eine Pflegebedürftigkeit ist laut Sozialgesetzbuch 11 dann gegeben, wenn der Betroffene aus körperlichen, geistigen oder psychischen Gründen in seiner Selbstständigkeit und seinen Fähigkeiten in verschiedenen Lebensbereichen dauerhaft für mindestens 6 Monate eingeschränkt ist und deshalb auf die Hilfe anderer angewiesen ist.
Das heißt, die Voraussetzung für einen Pflegegrad, der zwischen 1 und 5 liegen kann, ist die Feststellung der Pflegebedürftigkeit durch einen Gutachter. Die Höhe des Pflegegrades drückt das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit aus. Je höher der Pflegegrad, desto ausgeprägter ist die Pflegebedürftigkeit.
Wichtig zu wissen!
Nicht die Erkrankung an sich ist die Voraussetzung für einen Pflegegrad. Ausschlaggebend ist, wie sich die Erkrankung auf die selbstständige Lebensführung auswirkt.
Erfahren Sie mehr über die Pflege bei Morbus Fabry.
Wie wird ein Pflegegrad beantragt?
Der Pflegegrad kann formlos per E-Mail, Brief, telefonisch oder online bei der Pflegekasse der betroffenen Person beantragt werden. Ein Antragsformular muss dafür nicht ausgefüllt werden. Wenn die betroffene Person den Antrag nicht selbst stellen kann, können auch Familienangehörige, Nachbarn oder gute Bekannte den Antrag stellen. Dazu müssen sie von der betroffenen Person bevollmächtigt werden.
Wichtig zu wissen!
Sollten Sie sich unsicher sein oder Hilfe bei der Antragstellung benötigen, kann ein Pflegeberater oder ein Mitarbeiter eines Pflegestützpunktes bei der Antragstellung helfen.
Anschließend informiert die Pflegekasse über das weitere Vorgehen und bietet eine Pflegeberatung an. Bei privat Versicherten wird die Pflegeberatung durch das Unternehmen COMPASS Private Pflegeberatung angeboten.
Wichtig zu wissen!
Die Bearbeitungsfrist für Anträge auf Leistungen der Pflegekasse beträgt in der Regel 25 Arbeitstage.
Wie läuft die Pflegebegutachtung ab?
Auf die Antragstellung folgt die Mitteilung des Termins für die Pflegebegutachtung. Diese wird bei gesetzlich versicherten Antragstellern von Mitarbeitern des Medizinischen Diensts oder unabhängigen Pflegegutachtern im Wohnumfeld des Betroffenen durchgeführt. Bei privat Versicherten erfolgt die Begutachtung durch den medizinischen Dienst von Medicproof.
Die Gutachter prüfen, wie selbstständig der Betroffene ist, wobei Hilfe benötigt wird und ob es Tätigkeiten gibt, die der Betroffene nicht selbstständig durchführen kann. Damit die Pflegebegutachtung deutschlandweit einheitlich abläuft, verwenden die Gutachter ein standardisiertes Begutachtungsinstrument. Darin sind 6 Bereiche (Module) festgelegt, für die der Gutachter jeweils die Fähigkeiten und die Selbstständigkeit des Betroffenen beurteilt und Punkte vergibt. Er achtet darauf, ob der Betroffene die Tätigkeiten selbstständig, mit Unterstützung oder gar nicht durchführen kann und wie oft die Hilfe gebraucht wird.
Folgende 6 Module werden im Rahmen der Pflegebegutachtung berücksichtigt:
Modul
|
Beispiele der beurteilten Fähigkeiten /
Mögliche Fragen des Gutachters |
Beispiele, wie sich die Pflegebedürftigkeit
bei Morbus Fabry darstellen kann |
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1. Mobilität | • Kann die Position im Bett selbstständig verändert werden? • Ist das Bewegen im Wohnraum selbstständig möglich? • Ist das Treppensteigen ohne Hilfe möglich? • Werden Hilfsmittel für das Liegen, Sitzen, Stehen oder Gehen benötigt? |
• Nach einem Schlaganfall kann die Mobilität eingeschränkt sein • Nervenschmerzen können die Mobilität beeinträchtigen |
2. Geistige und kommunikative Fähigkeiten |
• Kann sich der Betroffene orientieren? • Kann sich der Betroffene erinnern? • Kann der Betroffene Entscheidungen treffen? • Werden Informationen verstanden? • Werden Risiken erkannt? • Können Bedürfnisse mitgeteilt werden? • Kann sich der Betroffene an Gesprächen beteiligen? |
• Die Kommunikation kann durch Hörminderung oder Ohrgeräusche erschwert sein |
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen |
Bestehen beispielsweise folgende Verhaltensweisen oder psychische Problemlagen: • Nächtliche Unruhe • Beschädigen von Gegenständen • Aggressives Verhalten • Wahnvorstellungen • Abwehr pflegerischer Maßnahmen • Ängste • Antriebslosigkeit |
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4. Selbstversorgung | Kann sich der Betroffene im Alltag selbst versorgen, zum Beispiel: • Körperpflege (Waschen, Duschen, Baden, Abtrocknen, Zahnpflege, Prothesenreinigung, Kämmen, Rasieren) • Kleiden (Bereitlegen der Kleidung, An- und Ausziehen) • Ernährung (Einkaufen, Kochen, Essen, Trinken) • Ausscheidung |
• Besondere Pflege der trockenen Haut |
5. Selbstständiger Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen – sowie deren Bewältigung |
• Rezepte und Medikamente besorgen • Medikamente richten und geben • Hilfsmittel benutzen • Arzt- und Therapietermine vereinbaren und wahrnehmen • Therapiebedingte Regeln einhalten |
• Gabe der Medikamente bei Nieren- oder Herzschwäche • Schonung des „Shuntarms“ • Reinigen und Anlegen der Hörhilfen bei Hörminderung • Ernährungsvorschriften bei Dialyse einhalten • Ernährungsumstellung bei Verdauungsbeschwerden einhalten |
6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte |
• Kann der Tagesablauf selbstständig gestaltet werden? • Kann der Betroffene regelmäßig Ruhen und Schlafen? • Kann sich der Betroffene beschäftigen? • Können Kontakte selbstständig gepflegt werden? |
• Ein Schlaganfall oder Herzschwäche kann die Gestaltung des Alltags erschweren |
Für die 6 Module vergibt der Gutachter jeweils Punkte. Die Punkte der Module werden unterschiedlich gewichtet und anschließend zu einer Gesamtpunktzahl zusammengerechnet. Die Gesamtpunktzahl entscheidet über die Einstufung in einen der 5 Pflegegrade. Je höher die Punktzahl, desto höher der Pflegegrad:
Pflegegrad 1: 12,5 bis unter 27 Punkte
Pflegegrad 2: ab 27 bis unter 47,5 Punkte
Pflegegrad 3: ab 47,5 bis unter 70 Punkte
Pflegegrad 4: ab 70 bis unter 90 Punkte
Pflegegrad 5: ab 90 bis 100 Punkte
Wichtig zu wissen!
Zusätzlich berücksichtigt der Gutachter, wie es um außerhäusliche Aktivitäten (z.B. Spaziergänge, Konzertbesuche etc.) und die Haushaltsführung steht. Diese beiden Bereiche spielen zwar bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit keine Rolle. Jedoch sind diese Informationen für die anschließende Pflegeberatung hilfreich, damit hier passende Angebote empfohlen werden können. Darüber hinaus wird geprüft, ob eine Rehabilitation für die betroffene Person infrage kommt.
Verfahren und Vorgehen bei Pflegebescheiden und Widerspruch
Was steht im Bescheid der Pflegekasse?
Nach der Pflegebegutachtung erhält der Antragsteller den Bescheid der Pflegekasse über die Einstufung bzw. Ablehnung des Pflegegrades und die ggf. zustehenden Leistungen der Pflegekasse. Außerdem steht darin, ob eine Rehabilitation oder andere Maßnahmen zur Verbesserung der Pflegesituation empfohlen werden. Einige Pflegekassen schicken außerdem das gesamte Pflegegutachten an den Antragsteller. Sollte das in Ihren Unterlagen fehlen, können Sie es bei der Pflegekasse nachfordern.
Was tun, wenn ich mit dem Bescheid nicht einverstanden bin?
Wenn Sie mit dem Bescheid der Pflegekasse nicht einverstanden sind, etwa weil kein Pflegegrad oder ein aus Ihrer Sicht zu geringer Pflegegrad bewilligt wurde, können Sie innerhalb von 1 Monat nach Erhalt des Bescheids schriftlich Widerspruch einlegen.
Auch hier genügt ein formloses Schreiben. Zunächst ist es wichtig, dass die Frist eingehalten wird. Jedoch gilt: Je ausführlicher Sie Ihren Widerspruch begründen, desto höher sind die Erfolgsaussichten. Der Widerspruch muss vom Antragssteller oder einem Bevollmächtigten unterschrieben werden.
Wie wird eine Höherstufung beantragt?
Wenn Sie den Eindruck haben, dass der Pflegebedarf im Verlauf der Erkrankung gestiegen ist und die Leistungen der Pflegekasse nicht mehr ausreichen, haben Sie mehrere Möglichkeiten: Zunächst können Sie überprüfen, ob Sie bereits alle Leistungen beziehen, die beim jeweiligen Pflegegrad zustehen. Falls sich die Pflegesituation verschlechtert hat, können Sie eine Höherstufung des Pflegegrades beantragen.
Das Vorgehen ist so, wie bei der Beantragung des Pflegegrades: Die Höherstufung können Sie formlos per E-Mail, Brief, telefonisch oder online bei der Pflegekasse der betroffenen Person beantragen. Daraufhin erhalten Sie einen Termin für die Pflegebegutachtung.
Welche Leistungen gibt es von der Pflegekasse?
Die Leistungen der Pflegekasse hängen vom Pflegegrad ab. Grundsätzlich gilt: Je höher der Pflegegrad, desto höher die Leistungen.
Die Leistungen hängen auch davon ab, ob die pflegebedürftige Person zuhause durch einen ambulanten Pflegedienst oder Angehörige versorgt wird.
Erfahren Sie mehr über Pflegesachleistungen und Pflegegeld.
Hier erfahren Sie mehr über die Leistungen bei vollstationärer Pflege in einem Pflegeheim.
Neben den Leistungen für die pflegebedürftige Person selbst, gibt es Leistungen zur Unterstützung und Entlastung der pflegenden Angehörigen.
Erfahren Sie mehr über die Leistungsansprüche für pflegende Angehörigen.
Gut zu wissen!
Pflegebedürftige Personen mit Pflegegrad 1 bis 5, die zuhause leben, haben monatlich Anspruch auf Pflegehilfsmittel zum Verbrauch im Wert von bis zu 40 Euro. Dazu gehören beispielsweise Bettschutzeinlagen, Einweghandschuhe und Desinfektionsmittel für die Hände oder Flächen.