Dieser Artikel widmet sich dem leider häufig vorkommenden Problem der Aggression innerhalb der Pflege. Sowohl Pflegende als auch Pflegebedürftige sind Aggression und Gewalt ausgesetzt. Scham, Schuldgefühle und Angst führen oft dazu, dass die Problematik nicht ausreichend angesprochen wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Pflegebedürftige sind aufgrund von Hilflosigkeit und Abhängigkeit eine für Gewalt besonders gefährdete Gruppe.
- Auch Pflegende erleben häufig Gewalt gegen sich, zum Beispiel durch Patienten selbst oder auch durch deren Angehörige.
- Aggressives Verhalten durch Pflegebedürftige kann verschiedene Ursachen haben. Beispiele sind Grundbedürfnisse wie Hunger, Durst oder Schmerzen, aber auch medizinische Ursachen wie Krankheiten, Alkohol, Drogen oder Medikamente.
- Die Pflege Demenzkranker erfordert besonderes Einfühlungsvermögen. Aggressives Verhalten ist nicht selten ein Versuch, die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren, und/oder bedingt durch einen krankheitsbedingten Mangel an Impulskontrolle.
- Eine vertrauensvolle Pflegebeziehung erfordert Respekt auf beiden Seiten. Hierfür ist eine offene Kommunikation maßgeblich.
- Gewalttätige Übergriffe in der Pflege sollten stets dokumentiert und dem Arbeitgeber gemeldet werden.
- Seriöse Deeskalationstrainings bieten wertvolle Kenntnisse für den Umgang mit aggressiven Patienten und sollten wann immer möglich wahrgenommen werden.
Aggression in der Pflege
Pflegepersonal gehört zu den Berufsgruppen, die häufig aggressives Verhalten gegen sich erleben müssen. Andersherum sind auch Pflegebedürftige oft aggressivem Verhalten und Gewalt ausgesetzt.
Beispiele für Gewalt, die Pflegende gegenüber Pflegebedürftigen ausüben, sind:
- Körperliche Gewalt: Grobe Berührungen, zu heiß oder zu kalt waschen, zum Essen oder Trinken zwingen, freiheitsentziehende Maßnahmen ohne richterlichen Beschluss, nicht verordnete Medikamente verabreichen, Hilfsmittel wie Brille oder Hörgerät vorenthalten, ohne medizinische Notwendigkeit Windeln oder Urinkatheter verwenden, Wunden unsachgemäß versorgen.
- Psychische Gewalt: Unangemessene/respektlose Sprache, Wünsche missachten, starre Essens- und Schlafenszeiten aufzwingen, soziale Kontakte erzwingen oder verweigern, vor dem Betreten des Zimmers nicht anklopfen.
- Vernachlässigung: Schmutzige Kleidung/Windeln nicht wechseln, Bedürfnisse ignorieren, Pflegebedürftigen lange warten lassen, Pflege verweigern.
- Finanzielle Ausnutzung: Dem Pflegebedürftigen Informationen über dessen Vermögen vorenthalten, unbefugt Geld des Pflegebedürftigen ausgeben, Stehlen.
- Intime Übergriffe: Sexuelle Anspielungen, körperliche Übergriffe, Intimpflege gegen den Willen, Missachten von Grenzen.
Beispiele für Gewalt, die von Pflegebedürftigen gegenüber Pflegenden ausgeübt wird, sind:
- Körperliche Gewalt: Schlagen, Packen und Festhalten, Bespucken, Kratzen, Schubsen.
- Psychische Gewalt: Beleidigungen, Drohungen, abfällige Bemerkungen, Erpressung, Herabwürdigung.
- Intime Übergriffe: Sexuelle Anspielungen, indiskrete Fragen und Bemerkungen, unerwünschte Berührungen, Grenzverletzung
Gerade intime Übergriffe gegenüber männlichem Pflegepersonal werden in der Öffentlichkeit wenig thematisiert, sind im Pflegealltag jedoch leider keine Seltenheit. Besonders für junge Berufsanfänger aller Geschlechter sowie Auszubildende stellen derartige Übergriffe eine äußerst schwierige, überfordernde Situation dar. Umso wichtiger ist, junge Auszubildende ausreichend anzuleiten, sie in Situationen wie der Intimwäsche nicht alleine zu lassen und das Thema von Übergriffen und Aggression in der Pflege aktiv anzusprechen.
Ebenso wichtig ist die Vergegenwärtigung, dass Aggression auf Seiten des Pflegepersonals keine Seltenheit ist. Lange Arbeitszeiten, ein schlechter Personalschlüssel, zu viel Arbeit, wenig Schlaf und Konflikte mit Patienten und Angehörigen führen zu Frust, Wut, Ungeduld und Desillusionierung. Umso wichtiger ist der offene Umgang mit Emotionen und das Ziehen von entsprechenden Konsequenzen. Einen Patienten, über den man sich selbst gerade sehr aufregt, sollte bestenfalls an dem Tag ein Kollege versorgen. Nachdem ein Patient in Anwesenheit der Pflegeperson einen Wutausbruch hatte, sollte die Person sich für kurze Zeit zurückziehen und das Erlebte mit Kollegen besprechen können. Und wenn man selbst den Eindruck hat, eine Kollegin ginge sehr rau und gereizt mit einem Patienten um, sollte man dies aktiv ansprechen.
Formen von Aggression
Psychologisch betrachtet bedeutet Aggression ein Verhalten eines Menschen, das sich gegen jemand anderes oder gegen einen Gegenstand richtet und das Ziel hat, diesem Menschen oder Gegenstand zu schaden. Wenn jemand also einen Ball wirft und aus Versehen eine andere Person hart im Gesicht trifft, ist dies keine aggressive Handlung. Wurde der Ball hingegen mit voller Absicht aufs Gesicht geworfen, so handelt es sich um Aggression.
Man unterscheidet instrumentelle von feindseliger Aggression:
- Instrumentelle Aggression, auch „kalte Aggression“, erfolgt geplant, um ein übergeordnetes Ziel zu erreichen. Akute Gefühle stehen meist nicht im Vordergrund. Die Schädigung einer Person oder eines Gegenstandes sind nicht das Ziel, sondern Mittel zum Zweck.
- Feindselige oder auch „heiße Aggression“ ist eine emotionsgeleitete Reaktion auf eine bestimmte frustrierende oder provozierende Situation. Im Vordergrund steht, einer Person oder einem Gegenstand Schaden zuzufügen.
Möglichkeiten, wie sich Aggression im Alltag äußern kann, sind:
- Physische bzw. körperliche Aggression, zum Beispiel Schlagen, Treten, Kratzen, Beißen, aber auch Vandalismus.
- Verbale Aggression, zum Beispiel Beleidigung, Schimpfen oder Drohungen. Die Lautstärke spielt zwar ebenfalls eine Rolle, ist aber nicht der Hauptfaktor. Eine ruhige Drohung mit dem Ziel, das Gegenüber einzuschüchtern, ist ebenso aggressives Verhalten wie ein lauter Wutausbruch. Sowohl körperliche als auch verbale Aggression gehören zur direkten Aggression, die sich direkt gegenüber dem Opfer äußert.
- Relationale bzw. indirekte Aggression hat das Ziel, die sozialen Beziehungen einer Person zu beschädigen, ohne die Person direkt zu konfrontieren, zum Beispiel durch die Verbreitung von Gerüchten. Es handelt sich um verdeckte Aggression, in dem der Aggressor das Opfer nicht offen konfrontiert.
- Passive Aggression ist Aggression, die nicht offen gezeigt wird. Stattdessen könnten Aggressoren zum Beispiel verletzende Kommentare äußern, die sie anschließend als Witz umdeuten, dem Gegenüber einreden, dass ein Missverständnis bestand, obwohl dies nicht der Fall war, Gerüchte verbreiten, ihr Gegenüber zur Bestrafung ignorieren, dem Gegenüber die Schuld an etwas geben, wofür sie selbst verantwortlich waren, Aufgaben unvollständig oder zu spät erledigen, usw. Dabei wird abgestritten, dass ein Problem vorläge. Es handelt sich um eine Äußerung tief verdrängter oder aufgestauter Wut und Frustration. Passive Aggression kann bewusst oder unbewusst geäußert werden.
Es gibt auch andere Einteilungen. In diesem Artikel wurde aus Gründen der Übersicht nur diese Einteilung aufgeführt.
Wutausbrüche: So gehen Sie mit Aggression in der Pflege um
Sowohl Pflegende als auch Pflegebedürftige können aggressiv reagieren. Die folgenden Punkte behandeln Ursachen für aggressives Verhalten, Tipps zum Aufbau einer vertrauensvollen Pflegebeziehung sowie das Vorgehen nach aggressiven Vorfällen.
Ursachen finden und vorbeugen
Pflegepersonal und Pflegebedürftige stehen in einer sehr engen Beziehung zueinander. Der Pflegebedürftige ist oft auf Hilfe angewiesen, um elementarste Bedürfnisse wie Essen, Trinken, den Toilettengang oder die Körperpflege zu erfüllen. Obwohl sich das Pflegepersonal in aller Regel bemüht, die Interessen des Pflegebedürftigen soweit wie möglich zu respektieren, befinden sich Pflegebedürftige in einer Abhängigkeit und fühlen sich oft hilflos. Dies kann Frustration, Wut, Kummer und eben auch Aggression schüren.
Um dem vorzubeugen ist eine offene Kommunikation wichtig. Ebenso steht Respekt an erster Stelle: Pflegepersonal und Pflegebedürftige müssen sich gegenseitig respektieren, gerade weil durch die Abhängigkeit schnell ein Machtgefälle entstehen kann.
Ebenso gibt es jedoch auch körperliche oder medizinische Ursachen für aggressives Verhalten. Beispiele hierfür sind:
- Grundbedürfnisse wie Hunger, Durst, Schmerzen, Harndrang oder Müdigkeit.
- Demenz: Menschen mit Demenz können, je nach Stadium der Demenz, manche Situationen nicht mehr real einschätzen und nehmen sie als bedrohlich wahr. Ein Beispiel hierfür ist die Körperpflege. Sie als Pflegende möchten die Person waschen. Der Demenzkranke versteht dies in dem Moment jedoch nicht, empfindet es als Angriff und möchte sich wehren. Ebenso möglich ist, dass er oder sie dies einfach in dem Moment nicht möchte, dies aber mit Worten nicht mitteilen kann.
- Delir: Ein Delir ist ein in der Regel vorübergehender akuter Verwirrtheitszustand aus körperlicher Ursache wie zum Beispiel eine Infektion, eine Verletzung, ein Schlaganfall oder eine Intoxikation.
- Psychische Erkrankung, z.B. eine Psychose: Ein akut psychotischer Mensch leidet oft an Wahnvorstellungen, Realitätsverkennung, etc. Auch dadurch können für Sie logische, harmlose Situationen sehr bedrohlich erscheinen, gegen die sich die Person zur Wehr setzen möchte.
- Auch einige Medikamente können als Nebenwirkung Wesensveränderungen hervorrufen.
- Alkohol- und Drogenkonsum können ebenfalls zu aggressivem Verhalten führen.
Holen Sie unbedingt ärztlichen Rat ein, wenn Sie eine medizinische Ursache der Verhaltensänderung vermuten, oder auch, wenn das aggressive Verhalten Ihnen für den Menschen untypisch, plötzlich oder unerklärlich erscheint.
Gewalt auf Seiten des Pflegepersonals liegen häufig grundlegende Dinge zugrunde. Beispiele sind:
- Müdigkeit und Schlafmangel
- Eine zu hohe Arbeitsbelastung, Erschöpfung, das Gefühl ausgebrannt zu sein
- Vereinfachung des Arbeitsalltags (zum Beispiel durch feste Weck-, Wasch-, Essens- und Schlafenszeiten, oder auch die medizinisch nicht notwendige Verwendung eines Harnkatheters oder das Aufstellen von Bettgittern)
- Unfreundliches, unangemessenes oder sehr anspruchsvolles Verhalten der Patienten
- a. im Falle von pflegenden Privatpersonen: In der Vergangenheit liegende Konflikte oder eine schlechte Beziehung zum Pflegebedürftigen
Zur Vorbeugung von Gewalt ist darum unerlässlich, dass Pflegende ausreichend auf sich, ihre Emotionen und Bedürfnisse achten, bevor es zur Anstauung von Frust und Wut kommt.
Achtung!
Die Pflege Demenzkranker stellt eine besondere Herausforderung dar und ggf. müssen Situationen anders bewertet werden. So kann es beispielsweise Teil des Krankheitsbildes sein, dass ein Patient eine verringerte Impulskontrolle, dabei aber ein höheres Sexualbedürfnis hat, und im Rahmen dessen weiblichem Pflegepersonal wiederholt in Richtung Brust greift. Selbstverständlich sollen Sie dies nicht einfach hinnehmen. Der Umgang mit derartigen Vorfällen kann jedoch mitunter schwierig sein und unterscheidet sich von Übergriffen durch geistig gesunde Menschen. Informieren Sie auch in diesen Fällen Ihre Vorgesetzten und bitten Sie um Mithilfe und Rat.
Vertrauensvolle Pflegebeziehung
In einer guten, vertrauensvollen Pflegebeziehung begegnen sich Pflegepersonal und Pflegebedürftige auf Augenhöhe und mit Respekt. Pflegende stellen sich selbst in den Dienst anderer Menschen und helfen diesen mit deren elementarsten Bedürfnissen. Pflegebedürftige müssen oft über ihren eigenen Schatten springen, Stolz und Scham hintenanstellen und die Pflege zulassen. All dies birgt viel Konfliktpotential.
Pflegende können, wenn sie das Gefühl haben, von den pflegebedürftigen Menschen schlecht behandelt oder gar verachtet zu werden, schnell ein Gefühl der Frustration, Wut und sogar Aggression gegen den Pflegebedürftigen entwickeln.
Pflegebedürftige wiederum können durch die ständige Abhängigkeit, das Angewiesen sein auf fremde Hilfe, obwohl sie früher selbstständig waren, oder auch herablassendes, unfreundliches Verhalten des Pflegepersonals genauso Frust, Wut und Aggression empfinden.
Um dies auf beiden Seiten vorzubeugen, ist im Rahmen der Möglichkeiten oft ein offener Dialog hilfreich. Kommunizieren Sie als Patient Ihre Bedürfnisse und teilen Sie mit, wenn Ihnen etwas unangenehm ist. Versuchen Sie, Schwierigkeiten direkt anzusprechen, als Patient mit dem Pflegepersonal, und als Pflegepersonal soweit wie möglich mit dem Patienten. Wenn dies schwierig ist, holen Sie wenn möglich eine weitere Person hinzu oder nutzen Sie eine Verbindungsperson, die beide Seiten nachvollziehen kann. Diese können mit dem Fall nicht betrautes Pflegepersonal, Vorgesetzte oder auch möglichst objektive Angehörige des Patienten sein.
Diese Offenheit beinhaltet auch, dass es eben manchmal einfach nicht passt. In einem solchen Fall sollten Sie nicht zögern, dies zu äußern und im Rahmen der Möglichkeiten Pflegepersonal bzw. Patienten zu wechseln.
Folgende Punkte können für eine vertrauensvolle Pflegebeziehung helfen:
- Gegenseitiger Respekt zwischen Pflegepersonal und Pflegebedürftigem
- Klare Kommunikation über Bedürfnisse, Grenzen und Wünsche
- Erkennen von Situationen, in denen sich Wut oder Frust aufstaut, und diese möglichst beseitigen
- Bei Zeitdruck versuchen, keinen Ärger oder Ungeduld am Patienten auszulassen. Stattdessen kann helfen, die bestehende Zeitspanne klar zu kommunizieren („Ich habe jetzt leider nur zehn Minuten Zeit.“). Zeitdruck in der professionellen Pflege ist leider allgegenwärtig. Dennoch ist es für die Pflegebeziehung auf Dauer hilfreicher, wenn Sie als Pflegende klar sagen, dass Sie durch den knappen Zeitplan gestresst sind, sodass Sie sich gemeinsam mit dem Patienten kurz darüber aufregen können, als verbissen und wortlos Ihren Patienten zu versorgen, der dadurch ebenfalls verärgert wird.
Vorfälle melden und Hilfe
Als privat pflegende Person können Sie bei aggressivem Verhalten des Pflegebedürftigen Ihren Pflegedienst informieren. Alternativ dazu können Sie sich an einen Pflegestützpunkt in Ihrer Nähe wenden. Mitarbeitende dort können Sie professionell beraten und/oder Ihnen Pflegekurse empfehlen, in denen Ihnen ebenfalls Möglichkeiten vermittelt werden, mit der Situation umzugehen.
Als professionell pflegende Person sollten Sie jeden Vorfall genau und objektiv dokumentieren, einschließlich der Situation, die zum Vorfall geführt hat. Informieren Sie zudem Ihren Vorgesetzten über gewalttätige Vorfälle.
Sind Sie im Rahmen eines Übergriffs verletzt worden, so sollten Sie sich umgehend ärztlich untersuchen lassen. Als professionelle Pflegekraft zählt eine Verletzung im Rahmen Ihrer versicherten Tätigkeit als Arbeitsunfall, den Sie beim Betriebsarzt bzw. D-Arzt anzeigen sollten. Dort erfolgt auch eine Dokumentation etwaiger Verletzungen sowie notwendige Behandlungen und Nachuntersuchungen. Als privat pflegende Person können Sie sich an Ihre hausärztliche Praxis wenden.
Zuletzt: Zögern Sie nicht, den Vorfall mit Menschen Ihrer Wahl zu besprechen, um sich zu entlasten. Selbstverständlich sollten Sie im professionellen Rahmen die Schweigepflicht wahren. Sie können und dürfen jedoch über den Vorfall auf anonymisierte Art sprechen, wenn der Pflegebedürftige daraus nicht identifiziert werden kann.
Tipps für den Wutausbruch: So reagieren Sie am besten in der aggressiven Situation
Kommt es trotz aller Bemühungen doch zu einem Wutausbruch, so ist dies für die Beteiligten eine Ausnahmesituation. Als pflegende Person können Sie versuchen, sich für derartige Situationen zu wappnen, indem Sie an Schulungen und Deeskalationstrainings teilnehmen, sowie die Möglichkeit aggressiver Situationen im Kollegenkreis besprechen. Deeskalationstrainings für Pflegepersonal, aber auch für Privatpersonen, werden zum Beispiel von psychiatrischen Kliniken, aber auch Privatanbietern organisiert. Achten Sie bei Letzterem auf die Seriosität und holen Sie sich vorher Empfehlungen ein.
Handelt es sich um einen Patienten, der für aggressives Handeln bekannt ist, bereiten Sie sich vor. Vergegenwärtigen Sie sich, in welchen Situationen der Patient üblicherweise aggressiv reagiert, und überlegen Sie, ob und wie Sie diese angehen und ob Sie die Situation für den Patienten von vornherein entspannter gestalten können. Bitten Sie falls nötig Kollegen um Hilfe und informieren Sie jemanden darüber, dass Sie nun zu diesem Patienten gehen und evtl. schnell Hilfe anfordern müssen.
Folgende allgemeine Tipps können in der aggressiven Situation helfen:
- Versuchen Sie wann immer möglich eine Eskalation zu verhindern und die Situation bereits im Vorfeld zu entschärfen. Gehen Sie nicht bereits wütend oder sehr gereizt zu einem Patienten. Wenn Sie dies trotzdem einmal nicht verhindern können, kann es helfen, dies dem Patienten offen mitzuteilen und zu betonen, dass dies nichts mit ihm persönlich zu tun habe. Wenn Sie tatsächlich auf Ihren Patienten wütend sind, gehen Sie möglichst in dem Moment nicht zu ihm, sondern nehmen sich Zeit zum Abkühlen. Wenn Sie merken, dass Ihr Patient selbst bereits sehr schlechter Laune ist, kann es sinnvoll sein, etwas später wiederzukommen.
- Bemühen Sie sich um eine ruhige Stimme und eine möglichst entspannte, feste Körperhaltung.
- Wenn die Gemüter hochkochen, vermeiden Sie darauf einzugehen. Bleiben Sie ruhig und sachlich. Verlassen Sie notfalls kurz das Zimmer, damit beide Parteien abkühlen können.
- Wenn Sie merken, dass sich Aggression aufbaut, halten Sie ausreichend körperlichen Abstand, bleiben Sie ggf. in Türnähe und behalten Sie Gegenstände im Blick, die als Waffe verwendet werden und zum Beispiel geworfen werden könnten.
- Versuchen Sie zu verstehen, woher die Aggression kommt. Oft sind nicht Sie selbst das direkte Ziel. Stattdessen steht dahinter Wut, Angst, Schmerzen, Verwirrung, Trauer, Frust, Enttäuschung, o. Ä.. Wenn Sie die Situation für sicher genug einschätzen, können Sie dies thematisieren und den Patienten offen fragen, was dieser braucht oder sich in dem Moment wünscht.
- Achten Sie dabei immer auf Ihren Eigenschutz und bringen sich nicht in Gefahr. Wenn Sie Angst um Ihre Sicherheit haben, verlassen Sie die Situation und fordern Hilfe an. Dies kann eine Notfallnummer Ihres Arbeitgebers, das Sicherheitspersonal der Klinik, aber auch die Polizei sein. Gerade als Privatperson sind die Notrufnummer 112 und der polizeiliche Notruf 110 erste Ansprechpartner.
Im Artikel „Pflege bei Angststörungen“ finden Sie weitere Tipps für den Umgang mit aggressiven Patienten.