Der Körper ist auf regelmäßige Bewegung ausgerichtet. Körperliche Aktivität hält Gelenke funktionsfähig, ganz nach dem Motto: „Wer rastet, der rostet“. Doch gerade im Pflegealltag kommt es häufig unfreiwillig zu Bewegungspausen oder einer vollständigen Immobilität. Das kann bei fehlenden prophylaktischen Maßnahmen zu einer dauerhaften Versteifung der Gelenke führen. Die Kontrakturprophylaxe ist eine bewährte Methode, um Funktionseinschränkungen der Gelenke vorzubeugen.

Wir erklären Ihnen, wie eine Kontrakturprophylaxe im Pflegealltag aussieht und wie Sie als pflegender Angehöriger dazu beitragen können.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Kontrakturprophylaxe hilft dabei, einer Kontraktur, einer Versteifung der Gelenke, vorzubeugen.
  • Kontrakturen entstehen durch Inaktivität und Bettlägerigkeit, daher ist Bewegung die wichtigste vorbeugende Maßnahme.
  • Die Kontrakturprophylaxe setzt auf spezielle Lagerungstechniken und Bewegungsübungen.
  • Die Krankenkasse übernimmt bei einer Verordnung die Kosten für physiotherapeutische Übungen.
  • Pflegefachkräfte und Physiotherapeuten führen die Prophylaxemaßnahmen durch, auch pflegende Angehörige können dabei helfen.

Was ist eine Kontrakturprophylaxe?

Die Kontrakturprophylaxe dient der Vorbeugung einer Kontraktur. Eine Kontraktur ist eine Gelenkversteifung, die auftritt, wenn sich Sehnen, Muskeln und Bänder dauerhaft verkürzen. Insbesondere Menschen, die sich im Alltag nur wenig oder gar nicht bewegen, sind von einer Kontraktur betroffen. Auch eine Schonhaltung, beispielsweise aus Sorge vor Schmerzen, kann die Körperstrukturen zu wenig herausfordern und so zu einer Verkürzung führen. Die Kontrakturprophylaxe umfasst Maßnahmen von der Identifizierung der Risiken über die Einleitung von Bewegungsübungen bis hin zur Aufklärung von pflegenden Angehörigen. Die Kontrakturprophylaxe ist ein wichtiges Thema in der Pflege, da es hier besonders viele bewegungseingeschränkte Menschen gibt und damit das Risiko einer Kontraktur entsprechend hoch ist.

Kontrakturprophylaxe ist Teil eines Expertenstandards

Expertenstandards werden entwickelt, um die Qualität im Pflegesegment zu erhöhen. Mit vordefinierten Zielen und Maßnahmen können Expertenstandards die ambulante und stationäre Versorgung von Pflegebedürftigen optimieren. Die Kontrakturprophylaxe hat keinen eigenen Expertenstandard, ist allerdings in den Expertenstandard „Erhaltung und Förderung der Mobilität“ eingebettet. Das oberste Ziel hierbei ist die Mobilität von Patienten zu erhalten und zu fördern. Fünf Schritte sind dabei besonders wichtig: 1. Mobilität einschätzen, 2. Maßnahmen planen, 3. Beratung, 4. Angebote und 5. Evaluation. Die verschiedenen Expertenstandards sind verbindlich und sorgen dafür, dass die Kontrakturprophylaxe in Pflegeeinrichtungen regelmäßig umgesetzt wird.

Warum ist eine Kontrakturprophylaxe so wichtig?

Der Gedanke, die fehlerhafte Gelenkstellung durch die Verlängerung von Sehnen, Muskeln und Bändern wieder rückgängig zu machen, liegt nahe. Leider ist das in der Praxis in der Regel erfolglos. Hat Ihr Angehöriger eine Kontraktur entwickelt, bleibt diese meist dauerhaft. Das Risiko für eine Kontraktur abzuschätzen, fällt außerdem schwerer, als beispielsweise bei einem Dekubitus – hier kann sich das Druckgeschwür schon nach einigen Stunden der Immobilität zeigen. Gelenke sind geduldiger als Haut – eine Kontraktur tritt meist erst nach einem Bewegungsmangel auf, der sich über viele Tage oder Wochen erstreckt. Um einer dauerhaften Funktionseinschränkung rechtzeitig vorbeugen zu können, ist eine gezielte Kontrakturprophylaxe also besonders wichtig.

Gut zu wissen!

Grundsätzlich können alle Gelenke im menschlichen Körper eine Kontraktur erleiden. Deshalb müssen selbst die unscheinbarsten von ihnen in der Kontrakturprophylaxe Berücksichtigung finden.

12 Aufgaben in der Kontrakturprophylaxe

Bei der Kontrakturprophylaxe geht es nicht einfach nur darum, Pflegebedürftige zu Bewegungsübungen zu motivieren oder bei ihnen eine passive Bewegung durchzuführen. Pflegefachpersonen im Pflegeheim oder eines ambulanten Pflegedienstes können mit einem umfangreichen Maßnahmenkatalog dafür sorgen, dass das Risiko im Pflegealltag erheblich sinkt.

Dabei helfen folgende Aufgaben:

  1. Allgemeine Beobachtung des Gesundheitszustandes: Wie fühlt sich der Pflegebedürftige? Gibt es bereits Anzeichen auf eine Kontraktur wie Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen?
  2. Risiken des Pflegebedürftigen erkennen: Besitzt der Pflegebedürftige Erkrankungen des Weichteilapparates oder der Gelenke?
  3. Umfeldbedingte und umweltbezogene Risiken analysieren: Wie wahrscheinlich ist es, dass die pflegebedürftige Person eine Kontraktur entwickelt – liegen Lähmungen, Schonhaltungen oder eine Bettlägerigkeit vor?
  4. Wünsche und Vorstellungen des Pflegebedürftigen mit einbeziehen: Welche Bewegungsformen lassen sich gut in den Pflegealltag einbringen, woran hat der Pflegebedürftige Freude?
  5. Umfang des Risikos identifizieren: Wie hoch ist das Risiko, dass der Pflegebedürftige in naher Zukunft eine Kontraktur entwickelt und welche Gelenke können betroffen sein?
  6. Geeignete Maßnahmen zusammenstellen: Welche Bewegungsübungen bieten sich für den Pflegebedürftigen an, welche sind erfolgversprechend?
  7. Information der Pflegebeteiligten: Welche Pflegepersonen, die beispielsweise im Pflegeheim mit dem Pflegebedürftigen in Berührung kommen, müssen die Informationen zur Kontrakturprophylaxe erhalten?
  8. Besprechung im Pflegeteam: Wer setzt die Maßnahmen der Kontrakturprophylaxe um? Inwiefern ist eine Mitarbeit des Pflegebedürftigen gefragt?
  9. Beratung des Betroffenen und der Angehörigen: Warum ist die Kontrakturprophylaxe erforderlich? Wie wird sie umgesetzt? Auf welche Weise können pflegende Angehörige helfen?
  10. Durchführung der Kontrakturprophylaxe: Gezielte Umsetzung der geplanten Maßnahmen.
  11. Anleiten bzw. Abgabe der Maßnahmen: Welche Maßnahmen können Pflegebedürftige und pflegende Angehörige für die Kontrakturprophylaxe übernehmen? Worauf müssen sie dabei achten?
  12. Evaluierung der Maßnahmen: Welchen Erfolg haben die Maßnahmen zu verzeichnen? Müssen weitere Übungen implementiert werden?

Aktive und passive Bewegung zur Kontrakturprophylaxe

Bei der Kontrakturprophylaxe helfen aktive und passive Bewegungsübungen, die alle Gelenke miteinbeziehen. Aktive Übungen sind stets zu bevorzugen, sofern Ihr Angehöriger sich noch selbst mobilisieren kann – so lässt sich die Selbstständigkeit begleitend stärken.

Folgende einfache Übungen können zur Kontrakturprophylaxe auf dem Plan stehen:

  • Kontrakturprophylaxe Füße: kreisen, beugen, strecken
  • Kontrakturprophylaxe Beine: heranziehen, abspreizen
  • Kontrakturprophylaxe Hand, Schultergelenk, Ellbogen: beugen, strecken, drehen

Ist Ihr Familienmitglied nicht in der Lage, die Übungen nach einer Anleitung selbstständig auszuführen, bewegen Pflegekräfte die Gelenke (passive Bewegung).

Lagerungsmaßnahmen zur Kontrakturprophylaxe

Eine weitere wichtige Maßnahme zur Vorbeugung einer Gelenkversteifung ist die richtige Lagerung – diese ist vor allem dann wichtig, wenn Ihr Angehöriger bettlägerig ist. Das gefährdete Gelenk kann hierzu alle zwei Stunden abwechselnd in eine Streckstellung, Mittelstellung oder Beugestellung gelagert werden. Der damit verbundene Zeitaufwand ist aber nicht in jedem Pflegealltag zu bewältigen. Hat der Arzt keine spezielle Lagerung verordnet, ist die Funktionsstellung dann die richtige Wahl. Das bedeutet, die Gelenke werden in die Mittelstellung zwischen extremer Beugung und Streckung positioniert. Die Funktionsstellung kann dabei helfen, bei fortschreitender Versteifung eine bestmögliche Beweglichkeit zu erhalten. Bestehen Verletzungen rund um ein Gelenk, ist eine Lagerung, die eine ausreichende Dehnung der neu aufgebauten Haut berücksichtigt, wichtig – das verhindert das Entstehen von unflexiblem Narbengewebe. Achtung: Hat Ihr Familienmitglied einen Schlaganfall erlitten, muss auch die gelähmte Seite gestützt werden, zum Beispiel mit einem Kissen unter dem Oberarm.

Vorsicht Spitzfuß!

Eine Form der Kontraktur ist bei immobilen Patienten besonders gefürchtet: der Spitzfuß. Er stellt sich durch das Zusammenwirken des fußeigenen Gewichtes, dem Bewegungsmangel des Fußgelenkes und durch die auf dem Fuß liegende Bettdecke ein. Um einen Spitzfuß zu verhindern, sollte die Bettdecke deshalb bei Bettlägerigen nicht auf dem Fuß aufliegen – darauf können Sie als Angehöriger bei der täglichen Pflege achten. Außerdem sollte der Fuß eine Position einnehmen, als ob Ihr Familienmitglied steht. Von alleine ist diese Fußstellung nicht dauerhaft beizubehalten. Allerdings gelingt das, indem zwischen der Bettkante und der Fußsohle ein Gegenstand gelegt wird, wie ein Lagerungskeil.

Wer darf die Kontrakturprophylaxe durchführen?

Auf den ersten Blick erscheint die Kontrakturprophylaxe recht einfach, trotzdem gibt es gute Gründe dafür, die Präventionsmaßnahme in die Hände von Pflegefachpersonen oder eines Physiotherapeuten zu geben. Zunächst ist die Erweiterung der Bewegungsfreiheit bei einem eingeschränkten Gelenk ausschließlich durch einen Physiotherapeuten vorgesehen. Außerdem ist der richtige Atemrhythmus elementar, um die Übungen besonders effektiv zu gestalten. Damit Ihr Familienmitglied die Atmung während der Übungen zukünftig alleine beherrscht, ist zunächst eine expertengestützte Vorgabe und Kontrolle des Atemrhythmus wichtig. Eine Kontrakturprophylaxe fällt aber nicht ausschließlich in das Aufgabengebiet von Pflegefachpersonen oder Physiotherapeuten. Auch Sie als Angehöriger können entscheidend daran mitwirken, dass die Übungen Erfolg zeigen – lassen Sie sich am besten von einem Experten Übungen zeigen, die Sie im häuslichen Umfeld durchführen können.

Folgende Tabelle zeigt Ihnen eine Übersicht der Bewegungsformen und der durchführenden Personen:

Art der Bewegungsübung
Durchführende Personen
Ziel der Bewegungsübung
Passive Bewegungsübungen Pflegepersonal/Physiotherapeuten Durchblutung der Gewebestrukturen optimieren.
Assistierte Bewegungsübungen Pflegepersonal/Physiotherapeuten in Zusammenarbeit mit Pflegebedürftigen Pflegebedürftige erlernen die Übungen und werden zur Mitarbeit motiviert.
Aktive Bewegungsübungen Pflegebedürftige Pflegebedürftige erlernen die Übungen, das Selbstwertgefühl und die Selbstständigkeit werden gestärkt.
Resistive Bewegungsübungen Pflegebedürftige in Zusammenarbeit mit Pflegepersonen/Physiotherapeuten (Patienten halten gegen die Kraft der Übungsleiter an) Pflegebedürftige arbeiten aktiv an der Mobilisation.

Tabelle 1 Arten an Bewegungsübungen und durchführende Personen. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Kontrakturenprophylaxe: Vorbeugende Maßnahmen (forum-verlag.com)

Kontrakturprophylaxe: 3-Schritte-Plan für pflegende Angehörige

Als pflegender Angehöriger wissen Sie, wie wichtig Bewegung im Alltag ist. Sie dient dem Abbau überschüssiger Energie, trainiert den Gleichgewichtssinn sowie die Muskelkraft und trägt zum psychischen Wohlbefinden bei. Doch wie können Sie als pflegender Angehöriger dabei helfen, dass Ihr Familienmitglied eine notwendige Kontrakturprophylaxe erhält? Wir beantworten Ihnen diese Frage mit unserem 3-Schritte-Plan.

1. Achten Sie auf Risikofaktoren

Wenn Ihr Familienmitglied Schmerzen in den Gelenken hat, die Bewegungsfreiheit eingeschränkt ist (die Gelenke können beispielsweise nicht vollständig gebeugt oder gestreckt werden) und die Bewegungen nicht fließend erscheinen, kann es schon zu spät sein. Eine gute Kontrakturprophylaxe ergreift Maßnahmen, bevor eine Gelenkversteifung eintritt. Da Sie Ihren Angehörigen umsorgen und dementsprechend viel Zeit mit ihm verbringen, sollten Sie auf bestimmte Risikofaktoren achten. Folgende Tabelle liefert Ihnen mehr Informationen zu den Faktoren, die eine Kontraktur begünstigen.

Risikofaktoren
Beschreibung
Inaktivität/Bewegungsmangel Muskeln, Sehnen und Bänder müssen in Bewegung bleiben, denn nur so werden sie ausreichend gedehnt. Erhalten Sie den Reiz durch die Bewegung nicht, verkürzen sie sich – eine Kontraktur entsteht. Verbringt Ihr Angehöriger die meiste Zeit in seinem Seniorensessel oder in gebeugter Haltung über dem Rollator, werden Kniegelenke und Ellbogengelenke wahrscheinlich nicht mehr ausreichend gefordert.
Bettlägerigkeit Eine schwere Pflegebedürftigkeit, bei der Pflegegrad 4 oder Pflegegrad 5 vorliegt, kann eine Kontraktur verursachen. Das liegt daran, dass Patienten hierbei in der Regel stark in ihrer Mobilität eingeschränkt und häufig bettlägerig sind. Die Muskeln, Sehnen und Bänder werden durch einen natürlichen Bewegungsablauf kaum oder gar nicht mehr angesprochen.
Schonhaltung Chronische Schmerzen provozieren eine Schonhaltung. Ihr Angehöriger nimmt dabei die Haltung ein, die ihm am wenigsten Schmerzen bereitet. So vermeiden Menschen mit Fibromyalgie, Arthritis oder Arthrose gerne bestimmte Haltungen.
Lähmung Besitzt Ihr Familienmitglied eine Erkrankung des Nervensystems, wie zum Beispiel Multiple Sklerose, können spastische Lähmungen auftreten – die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt, dadurch erhöht sich auch das Risiko für eine Kontraktur.
Narben Hat Ihr Angehöriger durch einen Unfall schwere Verletzungen oder Verbrennungen im Bereich der Gelenke erlitten, kann durch das Schrumpfen der Narben ein Narbenzug entstehen. Der Narbenzug verhindert die natürlichen Bewegungen, auch das erhöht die Kontrakturgefahr.

Tabelle 2: Risikofaktoren für eine Kontraktur. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Kontrakturenprophylaxe: Vorbeugende Maßnahmen (forum-verlag.com)

2. Wenden Sie sich an den Hausarzt

Der behandelnde Hausarzt hat einen guten Überblick über den Gesundheitszustand Ihres Angehörigen und weiß, wie es um die Bewegungsfreiheit steht. Womöglich kommt er mit dem Thema Kontrakturprophylaxe in einem gemeinsamen Gespräch auf Sie zu. Häufig sind die zugehörigen Maßnahmen auf den ersten Blick aber nicht als solche zu erkennen. Der Mediziner stellt Ihnen nämlich ein Rezept für physiotherapeutische Übungen aus. Die Mobilisationsmaßnahmen verfolgen die gewünschten Ziele: Die Gelenkbeweglichkeit erhalten, Muskelverkürzungen verhindern und die Gelenkfunktion optimieren. Vielleicht enthält der Therapieplan auch Massagen. Natürlich haben auch Sie jederzeit die Möglichkeit, das Gespräch mit dem Mediziner zu suchen. Berichten Sie von Ihren Beobachtungen im Pflegealltag (Schonhaltung, zunehmende Immobilität) und fragen Sie gezielt nach, ob physiotherapeutische Übungen auf Rezept eine Möglichkeit sind, darauf zu reagieren.

Gut zu wissen!

Für die Kosten der Physiotherapie kommt die Krankenversicherung Ihres Angehörigen auf. Dieser muss lediglich eine Zuzahlung in Höhe von 10 % der Behandlungskosten und 10 Euro pro Verordnung bezahlen. Ausnahmen bilden Pflegebedürftige, die von der Zuzahlungspflicht befreit sind.

3. Unterstützen Sie die Kontrakturprophylaxe

Die klassische Kontrakturprophylaxe übernehmen Pflegepersonen oder Physiotherapeuten. Das bedeutet aber nicht, dass nicht auch Sie im Pflegealltag die Gelenke Ihres Angehörigen in Schwung bringen können. Wo immer es geht, sollten Sie Ihren Angehörigen zu Bewegung animieren. Bei noch recht fitten Pflegebedürftigen bieten sich regelmäßige Spaziergänge, am besten 30 Minuten täglich, an. Falls es der Gesundheitszustand zulässt, sollten Sie in der Arztpraxis gemeinsam die Treppe anstatt den Aufzug nehmen. Binden Sie Ihren Angehörigen im Sinne der aktivierenden Pflege in alle täglichen Aufgaben mit ein. Das gilt beispielsweise im Bereich der Körperpflege, der Ernährung oder der Haushaltsführung. Achtung: Insbesondere wenn bereits Gelenkversteifungen bestehen, sollten Sie dabei auf die Sturzprophylaxe achten.

Außerdem können Sie die Kontrakturprophylaxe folgendermaßen unterstützen:

  • Bitten Sie Ihren Angehörigen, das Besteck selbst in die Hand zu nehmen, den Trinkbecher selbst festzuhalten oder die kreisenden Bewegungen beim Zähneputzen selbst auszuführen.
  • Stellen Sie die Beine Ihres Angehörigen regelmäßig im Bett auf.
  • Massieren Sie Ihrem Angehörigen die Gelenke und bewegen Sie diese dabei sanft, zum Beispiel die Hände oder Füße – das dient nicht nur der Kontrakturprophylaxe, sondern auch der Steigerung des Wohlbefindens.
  • Bewegen Sie gelähmte Körperpartien passiv, also ohne das Zutun Ihres Angehörigen.
  • Verabreichen Sie in Absprache mit dem behandelnden Arzt Schmerzmedikamente, um die Mobilisation zu erleichtern und eine Schonhaltung zu verhindern.
  • Ziehen Sie Ihrem bettlägerigen Angehörigen für zwei Stunden täglich knöchelhohe Turnschuhe an, um einen Spitzfuß zu verhindern.

Kontrakturprophylaxe: gezielte Übungen für den Pflegealltag

Wenn Sie aktiv vermeiden möchten, dass Ihr Angehöriger eine oder mehrere Gelenkversteifungen entwickelt, können Sie gezielte Übungen in den Pflegealltag einbinden. Vor allem Menschen, die viel Zeit im Bett verbringen, freuen sich über die zusätzliche Aufmerksamkeit und ein kleines Stück Bewegungsfreiraum, selbst wenn die Übungen passiv erfolgen. Eine strukturierte Vorgehensweise sorgt dafür, dass Sie nicht aus Versehen eine Körperpartie auslassen – arbeiten Sie sich am besten von den Füßen bis zu dem Kopf vor.

  1. Füße: Nehmen Sie den Fuß in die Hand und beugen Sie ihn kopfwärts und danach in Richtung des Bettendes.
  2. Kniegelenke: Greifen Sie mit einer Hand in die Kniebeuge, mit der anderen Hand halten Sie den Fuß. Beugen und strecken Sie das Bein nun im Wechsel.
  3. Hüftgelenke: Mit einem gestreckten Bein führen Sie eine kleine Bewegung nach außen und nach innen aus.
  4. Hände: Formen Sie bei Ihrem Angehörigen sanft eine Faust und spreizen Sie die Hände wieder.
  5. Handgelenke: Strecken und winkeln Sie im Wechsel das Handgelenk Ihres Familienmitglieds an.
  6. Ellbogengelenk: Beugen Sie den Unterarm in Richtung Körper und strecken Sie ihn danach wieder.
  7. Schultergelenke: Spreizen Sie den gesamten Arm langsam vom Körper ab und befördern Sie ihn danach wieder zurück. Anschließend heben Sie den gesamten Arm hoch, soweit es geht, und legen ihn wieder ab.
  8. Kopfgelenk: Heben Sie den Kopf Ihres Angehörigen leicht an, sodass das Kinn Ihres Familienmitglieds in Richtung Brust zeigt, nun legen Sie den Kopf wieder ab.

Achtung: Bei den Übungen müssen Sie stets beide Körperhälften mit einbeziehen, also beispielsweise den rechten Ellbogen und den linken Ellbogen. Außerdem sollten Sie die Übungen mehrmals durchführen – 5 bis 10-mal pro Seite, direkt nacheinander.

Im folgenden Video finden Sie eine ausführliche Beschreibung der durchzuführenden Übungen:

▶ Umgang mit Kontrakturen bei Pflegebedürftigen

Wann sollte ich eine Pause einlegen und keine Kontrakturprophylaxe-Übungen machen?

Es gibt Tage, an denen sollten Sie aus Sicherheitsgründen lieber auf die Übungen zur Kontrakturprophylaxe verzichten. Hat Ihr Angehöriger ein ausgeprägtes Krankheitsgefühl, beispielsweise ausgelöst durch Infekte oder einen Fibromyalgieschub, können Sie mit ruhigen Gewissen eine Pause einlegen. Außerdem sollten Sie vorsichtig sein, wenn die Gelenke Ihres Angehörigen Entzündungsanzeichen aufweisen – hierzu gehören Rötung, Schwellung, Überwärmung oder Schmerzen. Besitzt Ihr Angehöriger Lähmungen, womöglich hervorgerufen durch einen Schlaganfall, bieten sich andere Behandlungskonzepte vielleicht besser an. Beschäftigen Sie sich hier beispielsweise mit dem Bobath-Konzept.

5 Tipps für die Kontrakturprophylaxe

Eine Kontrakturprophylaxe ist dann besonders erfolgreich, wenn Sie als pflegender Angehöriger und Ihr Familienmitglied die Sinnhaftigkeit der Maßnahmen verinnerlichen. Außerdem sind eine korrekte Zeitplanung und Geduld gefragt.

  1. Führen Sie die Kontrakturprophylaxe regelmäßig durch: Die Gelenke sehnen sich nach regelmäßigen Bewegungen. Um einer Steifigkeit entgegenzuwirken, sollten Sie daher alle Gelenke mindestens einmal, besser zweimal, täglich bewegen. Planen Sie genügend Zeit dafür ein. Inklusive einer Erklärung und langsamem Vorgehen können Sie etwa 30 Minuten ansetzen.
  2. Berücksichtigen Sie die Schmerzgrenze: Auch wenn Sie sich noch so sehr wünschen, dass Ihr Angehöriger mobil ist und bleibt, können vorhandene Schmerzgrenzen die Übungen limitieren. Gehen Sie über diese Schmerzgrenze nie hinaus, denn sie bewahrt den Körper vor Verletzungen.
  3. Holen Sie Ihren Angehörigen ab: Während der Kontrakturprophylaxe ist es wichtig, Ihren Angehörigen mental abzuholen. Erklären Sie, was Sie vorhaben, warum das wichtig ist und warum Sie sich über die Mithilfe freuen würden.
  4. Setzen Sie auf Eigeninitiative: Bei den Übungen ist es wichtig, Ihrem Angehörigen nichts abzunehmen, was er selbstständig tun kann. Ist er beispielsweise in der Lage, die Handgelenke zu kreisen oder den Fuß zum Körper zu ziehen, sollte er das selbst tun. Leiten Sie Ihr Familienmitglied an und loben Sie situationsgerecht.
  5. Schaffen Sie eine behagliche Atmosphäre: Die Kontrakturprophylaxe muss keine notwendige Pflegeaufgabe sein, die es abzuhaken gilt. Wie wäre es, wenn Sie daraus eine Routine machen, die zum Wohlbefinden Ihres Familienmitglieds beiträgt? Schaffen Sie eine schöne Lichtstimmung, machen Sie eine entspannte Musik an und geben Sie ein paar Tropfen ätherische Öle in eine Duftschale – auch Sie können dadurch eine Form der Entspannung erleben.

Kontrakturprophylaxe: Hilfsmittel für Ihren Angehörigen

Pflegekräfte setzen verschiedene Hilfsmittel zur Kontrakturprophylaxe ein, die auch bei der häuslichen Pflege Sinn machen können. Die Hilfsmittel helfen bei der Bewegung oder bei der richtigen Lagerung der Gelenke, um einer Steifheit vorzubeugen.

Folgende Hilfsmittel können sinnvoll sein:

  • Spezielle Lagerungskissen
  • Fußstütze
  • Schaumstoffbälle
  • Greifgeräte
  • Orthesen
  • Bewegungstrainer

Um das für Sie richtige Hilfsmittel zu finden, befragen Sie am besten den behandelnden Arzt, einen Physiotherapeuten oder Mitarbeiter eines ambulanten Pflegedienstes, die Ihren Angehörigen kennen.

FAQ- Häufige Fragen zur Kontrakturprophylaxe