In unserem Themenblock „Prophylaxen in der Pflege“ finden Sie verschiedene Artikel zum Thema Prävention allgemein und zu speziellen Themen der Pflege. Hier geht es um die Obstipationsprophylaxe, ein wichtiges Thema, nicht nur in der Pflege. Lesen Sie auch Thromboseprophylaxe, Aspirationsprophylaxe, Dekubitusprophylaxe, Sturzprophylaxe und Exsikkoseprophylaxe.
Bei der Obstipationsprophylaxe geht es darum, lästige und möglicherweise chronisch werdende Verstopfungen zu vermeiden. Unbehandelte Obstipation kann zu Vergiftungserscheinungen führen. Daher sollte man dem Thema Verdauung eine gesunde Aufmerksamkeit widmen, nicht nur in der Pflege. Denn Obstipation betrifft nahezu jeden irgendwann einmal, gerade in den späteren Lebensjahren. Lesen Sie hier, wie Sie mit einfachen Maßnahmen gegensteuern können.
Das Wichtigste in Kürze
- Obstipationsprophylaxe bezeichnet Maßnahmen zur Verhinderung von Verstopfung.
- Verstopfung tritt häufig bei älteren Personen und Bettlägerigen auf.
- Ursachen für Verstopfung sind u.a. ballaststoffarme Ernährung, zu wenig Flüssigkeitsaufnahme, Bewegungsmangel, Stress und Unterdrückung des Stuhldrangs.
- Symptome von Verstopfung sind schwierige Stuhlentleerung, harter Stuhl, blockiertes Gefühl im Bauch und seltene Entleerung des Darms.
- Verstopfung kann zu Hämorrhoiden, Analfissuren, Bauchschmerzen und Aufnahme von Giftstoffen führen. Es gibt verschiedene Arten von Verstopfung, die durch Medikamente oder bestimmte Erkrankungen verursacht werden können. Pflegerische Maßnahmen zur Obstipationsprophylaxe umfassen Ernährung, Bewegung und Gewohnheiten.
Definition der Obstipationsprophylaxe
Unter Obstipationsprophylaxe versteht man alles, was unternommen wird, um eine Verstopfung (Obstipation) zu verhindern bzw. ihr vorzubeugen. Das Thema Verstopfung betrifft im Grunde alle Menschen hin und wieder. Bei älteren Personen und Bettlägerigen ist es besonders wichtig, Obstipationsprophylaxe-Maßnahmen zu ergreifen. Dazu gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten. Obstipation wird immer als Zivilisationskrankheit der modernen Welt bezeichnet. Doch interessanterweise finden sich schon in Dokumenten aus der Zeit der Ägypter vor über 2000 Jahren Hinweise zur Behandlung der Obstipation.
Was ist Obstipation?
Mit Obstipation wird medizinisch die Verstopfung bezeichnet. Eine mühsame Stuhlentleerung ist keine Krankheit, sondern sie zeigt eine Funktionsstörung des Körpers an. Von Verstopfung oder Obstipation sprechen Fachleute, wenn der Darm über einen längeren Zeitraum seltener als dreimal in der Woche entleert wird. Man kann davon ausgehen, dass gut ein Drittel der Bevölkerung unter Obstipation leidet, bei Frauen ab den Wechseljahren und allen älteren Menschen über 65 droht die Obstipation schnell chronisch zu werden. Damit es nicht so weit kommt, gibt es ein paar Punkte im Alltag zu beachten.
Gut zu wissen!
Mit dem Thema Verstopfung ist nahezu jede/r hin und wieder konfrontiert. Gut ein Fünftel der Deutschen hat damit zu tun. Mit zunehmendem Alter steigt die Anfälligkeit für Obstipationen.
Ursachen der Obstipation
Besonders typisch ist die Obstipation bei (Fern)reisen. Der Körper braucht eine Weile, bis er sich an die andersartige Ernährung gewöhnt hat. Aber auch im normalen Alltag kommt es vor, dass die Darmentleerung nicht klappt, wie gewünscht.
Die häufigsten Ursachen für Verstopfung sind:
- zu wenig Ballaststoffe – Ballaststoffe sind enthalten in Gemüse, Obst und Vollkornprodukten. Vegetarier, die reichlich davon essen, haben selten das Problem der Verstopfung
- zu wenig Flüssigkeit – die Flüssigkeitsaufnahme spielt eine wichtige Rolle für die Verdauung. Wird zu wenig getrunken, dann dickt der Stuhl rasch ein, was für die bekannten Probleme sorgt
- zu wenig Bewegung – um die Nahrung zu verdauen und weiter zu transportieren, muss der Darm sich bewegen, Peristaltik nennt die Medizin diese Eigenbewegungen des Darmes. Körperliche Bewegung unterstützt die Darmperistaltik, Liegen und Ruhen macht den Darm träge
- zu viel Stress – die Darmperistaltik kann auch von zu viel mentalem Druck gehemmt werden. Neben der körperlichen Bewegung sind daher auch regelmäßige Entspannungszeiten wichtig für die Darmentleerung
- zu häufiges Unterdrücken des Stuhldrangs – wer nicht geht, wenn er muss, tut seinem Darm nichts Gutes. Wenn der Stuhl länger im Enddarm bleibt, wird ihm Wasser entzogen und das macht die Entleerung dann nicht leichter.
Gut zu wissen!
Wer zu wenig trinkt, riskiert schneller eine Verstopfung. Der Darm braucht Wasser, um die Abfallprodukte leichter transportieren zu können.
Symptome der Obstipation
Ob eine Verstopfung – und nicht ein kurzeitiges Verdauungsproblem – vorliegt, lässt sich an einigen typischen Symptomen feststellen:
- starkes Pressen ist notwendig zur Entleerung
- der Stuhl ist hart und klumpig
- der Bauch fühlt sich blockiert an, auch nach dem Stuhlgang bleibt das Gefühl der Völle
- der Darm wird seltener als drei Mal in der Woche entleert und das über einen Zeitraum von einigen Monaten.
Warum ist Obstipation gefährlich?
Eine dauerhafte Verstopfung sollte man unbedingt ernst nehmen. Das häufige und feste Pressen führt nach einiger Zeit zu Hämorrhoiden und Analfissuren am Darmausgang. Die damit verbundenen Schmerzen bei der Darmentleerung verleiten dazu, den Stuhlgang zu unterdrücken. Durch den festsitzenden Stuhl stauen sich Gase im Darm, was wiederum zu Bauchschmerzen und unangenehmen Blähungen führt.
Mit dem Stuhl entsorgt der Körper auch eine Reihe von Giftstoffen. Findet die regelmäßige Entleerung nicht statt, dann gelangen diese Giftstoffe über die Darmwände in den Körper und begünstigen Krankheiten. Deshalb sollte bei einer Obstipation unbedingt gehandelt werden, zumal die pflegerischen Maßnahmen der Obstipationsprophylaxe nicht sehr kompliziert sind.
Welche Arten von Obstipation gibt es?
Die akute Obstipation ist eine kurzfristige Störung des Verdauungsprozesses. Nach kurzer Zeit hat sich der Darm wieder beruhigt bzw. arbeitet wieder normal. Andere Arten von Obstipation können sein:
- Slow transit-Obstipation sein – in diesem Fall passiert der Darminhalt zu langsam den Darm, Betroffene klagen über Völlegefühl und einen geblähten Bauch
- anorektale Obstipation – bei dieser Form der Obstipation liegen Störungen des Enddarms oder Afters vor, die das Entleeren des Darms erschweren oder behindern
- idiopathische oder funktionelle Obstipation – es liegen keine Erkrankungen des Darmtraktes oder organische Veränderungen vor, die ursächlich für die Verstopfung sind.
Es gibt eine ganze Reihe von Auslösern oder Erkrankungen, als deren Folge eine Obstipation auftritt. So können beispielsweise eine Polyneuropathie, eine Parkinson-Erkrankung oder eine Schilddrüsenunterfunktion für Verstopfung sorgen. Auch bei der Einnahme bestimmter Medikamente muss man auf eine sorgfältige Obstipationsprophylaxe in der Pflege achten.
Dazu zählen:
- Schlaf- und Beruhigungsmittel
- Präparate zum Binden der Magensäure
- Eisenpräparate
- Medikamente zur Entwässerung
- Medikamente bei Parkinson oder Harninkontinenz
Gut zu wissen!
Bei der Pflegeplanung zur Obstipationsprophylaxe sollte auch der Medikamentenplan genau analysiert werden. Es gibt einige Arzneimittel, die Verstopfung begünstigen.
Pflegeplanung zur Obstipationsprophylaxe
In jeder Pflegeplanung muss die Obstipationsprophylaxe berücksichtigt werden. Dabei wird geschaut, wie es um die Beweglichkeit des Patienten, der Patientin steht. Ist der Tagesablauf weitgehend regelmäßig? Besteht genug Zeit und Ruhe für den Stuhlgang oder wird der Drang oft unterdrückt? Wie oft findet Stuhlgang statt und wie lange dauert es? Bestehen Übergewicht oder Muskelschwäche? Ist die Flüssigkeitsaufnahme ausreichend (siehe dazu auch Exsikkose-Prophylaxe)? Wie sieht es aus mit der Aufnahme von Ballaststoffen? Welche Medikamente müssen eingenommen werden? Bestehen Kauprobleme? Gibt es Schmerzen beim Stuhlgang? Werden Leinsamen konsumiert, ohne die dazugehörende, ausreichende Flüssigkeitszufuhr? Wurde bisher schon auf Abführmittel zurückgegriffen?
Maßnahmen der Obstipationsprophylaxe
Man kann die pflegerischen Maßnahmen zur Obstipationsprophylaxe grob unterteilen in die Themen:
- Lebensmittel und Getränke
- Mobilisierung und Bewegung
- Gewohnheiten und Regeln
Lebensmittel und Getränke
Über den Stellenwert von Ballaststoffen haben wir schon gesprochen. Viele wissen nicht, dass auch die Flüssigkeitsaufnahme eine große Rolle bei Verstopfungen spielt. Wenn zu wenig getrunken wird, ist auch der Stuhl weniger geschmeidig und macht Probleme. Mindestens 1,5 bis 2 Liter Wasser oder Kräutertee sollte man daher täglich zu sich nehmen, wenn man mit der Verdauung Probleme hat. Mehr Tipps und Tricks zum richtigen Trinken lesen Sie hier. Diese Lebensmittel helfen der Verdauung auf die Sprünge und sollten in der Pflegeplanung zur Obstipationsprophylaxe berücksichtigt werden:
- Joghurt oder besser noch Kefir – wegen der darmfreundlichen Inhaltsstoffe
- getrocknete Pflaumen, Datteln, Feigen – schmecken und haben viele Ballaststoffe
- Chiasamen, Flohsamen oder Kleie – quellen auf und erhöhen das Darmvolumen, aber bitte genug dazu trinken. Zu einem Esslöffel Kleie müssen mindestens 200 ml Flüssigkeit eingenommen werden
- viel Salat und Gemüse – wegen der Ballaststoffe und der Vitamine.
Bei allen Maßnahmen zur Obstipationsprophylaxe gilt:
- kein Kuchen, kein weißes Mehl (oder möglichst selten)
- keine (oder so wenig wie möglich) Pralinen und Schokolade
- schwarzer Tee nur in Maßen, er wirkt stopfend.
Gut zu wissen!
Schokolade sollte man weglassen, wenn man zu Verstopfung neigt. Aber zuckerfreie Bonbons können durchaus in Maßen genossen werden, sie enthalten Zuckeraustauschstoffe, die leicht abführend wirken.
Mobilisierung und Beewegung
Bewegung ist ein weiteres Zauberwort bei den Maßnahmen zur Obstipationsprophylaxe. Wenn es also körperlich geht, sollte man so viel wie möglich zu Fuß gehen, den Aufzug stehen lassen oder an Gymnastikangeboten oder anderen körperlichen Aktivitäten teilnehmen. Auch wenn die Betroffenen bettlägerig sind, kann man in der Pflegeplanung zur Obstipationsprophylaxe einige Übungen etablieren, die den Darm ein wenig in Schwung bringen.
- Rad fahren im Bett: Auf dem Rücken liegend werden die Beine in die Höhe gestreckt und es wird getreten
- Bauchtraining: Den Bauch beim Einatmen einziehen, beim Ausatmen nach vorn schnellen lassen. Dann Bauch einziehen und mindestens 10 Sekunden halten.
- Abwechselnd die Oberschenkel an den Bauch ziehen und eine Weile halten, mindestens 10 x auf jeder Seite.
Gut zu wissen!
Bewegung ist das Zauberwort bei Verstopfung. Auch im Bett lassen sich Bewegungsübungen machen, die dem Darm helfen.
Gewohnheiten und Regeln
Es ist eine gute Gewohnheit, jeden Tag möglichst immer um dieselbe Uhrzeit zum Stuhlgang auf die Toilette zu gehen. So lustig es klingen mag, aber der Darm lässt sich trainieren und die Regelmäßigkeit tut dem Körper gut. Der Stuhldrang sollte nicht verschoben und unterdrückt werden. Jeder, jede braucht individuelle Zeit für den Toilettengang. Wer es gewohnt ist, dabei zu lesen oder Radio zu hören, kann die Gewohnheit gern beibehalten.
Auch ist es wichtig, mit den Betroffenen sachlich und ohne Scheu über Probleme und über eventuelle Schmerzen oder Schwierigkeiten zu sprechen, damit hier Lösungen überlegt werden können. Viele ältere Menschen sind davon überzeugt, sie müssten jeden Tag Stuhlgang haben. Doch diesen Druck gilt es zu nehmen, jeden zweiten Tag den Darm zu entleeren, ist völlig in der Norm. Dabei muss immer die Intimsphäre der Patienten gewahrt bleiben und sie dürfen nicht in Stress oder unter Zeitdruck geraten.
Gut wissen!
Man muss nicht jeden Tag müssen. Jeden zweiten Tag Stuhlgang zu haben, ist durchaus im gesunden Rahmen.
Unterstützende Maßnahmen zur Obstipationsprophylaxe
Damit der regelmäßige Stuhlgang möglichst unproblematisch ablaufen kann, kann man ein paar Dinge in der Pflegeplanung zur Obstipationsprophylaxe berücksichtigen:
- Erhöhter Toilettensitz – ein hoher Sitz macht den Toilettengang unter Umständen einfacher, auch ein Fußschemel für die Erhöhung der Oberschenkel kann helfen, den Stuhlgang leichter zu machen
- Kleidung – Hosen, die sich leicht herunterziehen lassen, vereinfachen den Toilettengang, kompliziert zu öffnende Kleidung kann eher zu Vermeidungsverhalten führen
- Bauchmassagen – mit kleinen Massagen lässt sich die Darmtätigkeit unterstützen. Beim Duschen wird beispielsweise der Wasserstrahl in kleinen Kreisen von oben nach unten geführt, dem Verlauf des Dickdarms folgend. Oder im Liegen wird der Bauch mit kreisenden Bewegungen im Uhrzeigersinn leicht massiert.
Gut zu wissen!
Man sollte immer gehen, wenn man muss. Wenn der Stuhl länger im Enddarm bleibt, wird ihm Wasser entzogen, und die Entleerung wird immer schwieriger.
Abführmittel bei Obstipation
Noch ein Wort zu Abführmitteln: Dragees oder Tropfen zum Abführen und Abführtees werden zwar als Wundermittel angepriesen, sie sollten jedoch nur kurz und kontrolliert eingenommen werden, weil sie auf Dauer den Darm schädigen. Viel sinnvoller ist es, bei der Obstipationsprophylaxe in der Pflege zu natürlichen Mitteln zu greifen:
- Sauerkrautsaft, trüber Apfel- oder Pflaumensaft unterstützen den Darm und das Mikrobiom bei seiner Tätigkeit
- Getränke mit Süßstoffen haben eine leicht abführende Wirkung
- Präparate zur Unterstützung der Darmflora und des Mikrobioms sollten regelmäßig genommen werden, wenn sie verschrieben sind.
Wann bei Obstipation zum Arzt?
Verstopfung ist lästig, aber mit den richtigen Maßnahmen zur Obstipationsprophylaxe gut in den Griff zu bekommen. Wenn aber zur Obstipation noch ein paar Warnzeichen hinzukommen, sollte man ärztliche Hilfe holen:
- Blut im Stuhl
- plötzliches Fieber und Bauchkrämpfe
- Übelkeit, Erbrechen
Hier könnte nämlich ein plötzlicher Darmverschluss vorliegen und dann sollte rasch medizinisch gehandelt werden.