Wozu benötigt man ein Pflegetagebuch? Worauf ist zu achten bevor man den Antrag bei einer Pflegekasse stellt? Wonach beurteilen Pflegekassen die Pflegebedürftigkeit einer Person? Das sind wichtige Fragen mit denen sich auseinandergesetzt werden sollte, wenn eine Person pflegebedürftig geworden ist. Um eine ausreichende Versorgung gewährleistet zu bekommen, muss die betroffene Person – meistens mit der Unterstützung eines Angehörigen oder eines Freundes – Pflegeleistungen bei der zuständigen Pflegekasse beantragen. In welchem Umfang die Unterstützung für den Antragsteller ausfällt, hängt von der Einschätzung der Pflegekassen über den täglichen Pflege –und Betreuungsaufwand ab. Hierfür wird der Betroffene einem Pflegegrad zugeordnet, welcher nach einem persönlichen Besuch eines Gutachters des MDK (Medizinischer Dienst der Krankenversicherung bei dem pflegebedürftigen Antragsteller zu Hause festgesetzt wird. Für die richtige Beurteilung des Pflegebedürftigen und der Zuordnung eines möglichen Pflegegrads ist das Pflegetagebuch ein wichtiges Instrument. Das Pflegetagebuch fungiert als Dokumentation des alltäglichen Pflegeaufwands. Dadurch wird die Beurteilung des einzustufenden Pflegebedürftigen durch den Gutachter erleichtert und das Pflegetagebuch ist als Nachweis anerkannt. Es ist daher zu empfehlen schon bei der Antragstellung ein Pflegetagebuch zu beginnen und dies mindestens sieben Tage in Folge, vor der Pflegegrad Begutachtung, zu führen.

Bei einem Pflegetagebuch handelt es sich um einen Nachweis, über den pflegerischen Aufwand, der bei der privaten Versorgung von pflegebedürftigen Personen entsteht. Die betreuenden Personen dokumentieren täglich Uhrzeit und Dauer der Pflegeaktivitäten.

Die häusliche Versorgung einer pflegebedürftigen Person durch eine Privatperson ist oft zeitintensiv. Es ist zu empfehlen jede Pflegetätigkeit daher detailliert und minutengenau aufzuschreiben. Das kann besonders bei Patienten mit gestörtem Tag/Nacht-Rhythmus von Bedeutung sein (Nacht ist für die Pflegeversicherung die Zeit von 22:00 Uhr abends bis morgens um 6:00 Uhr). Die klare Erfassung der Daten dient dazu, keine der Tätigkeiten zu vergessen, seien sie auch noch so klein. Hilfeleistungen, wie das Zuschneiden eines Stück Obsts in mundgerechte Stücke beansprucht beispielsweise mehr Zeit als das bloße Anreichen des Essens.

„Hilfeleistung“ im Pflegetagebuch

Um ein Pflegetagebuch richtig zu führen, sollten Sie die Formen der Hilfeleistungen genau kennen und wie der Gesetzgeber sie unterscheidet.

Es gibt fünf verschiedene Arten von Hilfeleistungen:

  • Anleitung: Die pflegebedürftige Person wird zu einer Verrichtung oder Handlung angeregt. Die Pflegeperson demonstriert einzelne Handlungsschritte z.B. die Animation und das Vormachen zum Trinken, indem man ein Glas hebt.
  • Beaufsichtigung: Beaufsichtigung bei der Durchführung einer Handlung, um Sicherheit und Korrektheit der Ausführung zu gewährleisten z.B. das Beaufsichtigen des Rasierens.
  • Unterstützung: Zum Beispiel die Bereitstellung des Rollators.
  • Teilweise Übernahme: Die Pflegeperson übernimmt einen Teil der alltäglichen Verrichtungen z.B. die Hose nach einem Toilettengang wieder anziehen.
  • Vollständige Übernahme: Die Pflegeperson übernimmt alle alltäglichen Verrichtungen z.B. die gesamte Körperpflege am Morgen.

Ein Schätzen des Zeitaufwands für die Ausführung einer Pflegetätigkeit oder einer Hilfeleistung kann zu falschen Angaben führen und die Dokumentation verfälschen. Zudem kann sich eine ungenaue, unvollständige Aufzeichnung negativ auf die Beurteilung der Pflegebedürftigkeit der Person auswirken und sollte daher vermieden werden. Auch ist zu beachten, dass der Pflegebedürftige täglich min. 45 Minuten auf fremde Hilfe angewiesen sein muss, damit der Pflegegrad 2 erhält. Jede Minute, die aufgewendet wird, um den Betroffenen zu versorgen, ist daher sehr wichtig. Wenn die Pflegeperson viel Hilfe leistet, diese aber nicht realistisch angibt, kann dies die Einstufung in einen Pflegegrad behindern.

Je genauer das Tagebuch geführt wird, desto genauer kann der Gutachter die Pflegegrad-Einstufung vornehmen. Informationen zu den entsprechenden Pflegegraden finden Sie hier: Pflegegrad 1, Pflegegrad 2, Pflegegrad 3, Pflegegrad 4, Pflegegrad 5

Was genau sollte im Pflegetagebuch dokumentiert werden?

Die maßgeblich zu dokumentierenden Bereiche aus der häuslichen Pflege umfassen vor allem die Grundpflege der pflegebedürftigen Person und die hauswirtschaftliche Versorgung.

Die 3 Bereiche der Grundpflege

Körperpflege

Waschen, Duschen, Haare waschen, Kämmen, Zahnpflege, Gesichtspflege inklusive Rasieren und Darm-/Blasenentleerung
Beispiel: für eine Ganzkörperwäsche sind 20 bis 25 Minuten vorgesehen

Ernährung

Alle Tätigkeiten, die sich um die mundgerechte Zubereitung und Aufnahme der Nahrungsmittel drehen, auch die Versorgung mit Sonderkost zählt dazu
Beispiel: Für eine normale Hauptmahlzeit werden 15 – 20 min veranschlagt

Mobilität

Aufstehen und Zubettgehen, An- und Auskleiden, Gehen und Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung
Beispiel: gesamtes Ankleiden in 8 bis 10 Minuten

Und zusätzlich: Die Hauswirtschaft

Einkaufen, Kochen, Wohnungsreinigung, Spülen, Wechseln und Waschen der Kleidung sowie das Beheizen der Wohnung. Medizinische Behandlungen wie Verbandwechsel oder die Verabreichung von Medikamenten müssen Sie dagegen nicht notieren.

Zeitorientierungswerte vs. Erschwernisfaktoren im Pflegetagebuch

Die Pflegekassen geben Zeitorientierungswerte vor, nach denen man die Durchführungsdauer der Hilfeleistungen richten sollte und ein Überschreiten der Zeitwerte ist möglichst gering zu halten, um Einsprüche des Gutachters dahingehend zu minimieren.

Beispiel: Zeitorientierungswert: gesamtes Ankleiden in 8 bis 10 Minuten

  • Möglicher Erschwernisfaktor → Pflegebedürftiger ist nur eingeschränkt bewegungsfähig → das Ankleiden kann doppelt so lange dauern

Gesetz dem Fall, dass die vorgegebenen Zeiträume nicht einzuhalten sind und es mehr Zeit kostet eine Pflegetätigkeit durchzuführen, ist dies unbedingt im Pflegetagebuch zu vermerken bzw. der tatsächliche Zeitaufwand und Grund, welcher die Pflege erschwert, ist zu dokumentieren.
Hier einige Erschwernisfaktoren:

  • Mehr als 80kg Körpergewicht
  • Eingeschränkte Beweglichkeit
  • Hochgradige Spastiken
  • Atem-/Schluckstörung
  • Abwehrverhalten oder fehlende Kooperation mit Behinderung der Übernahme von Pflegetätigkeiten
  • Starke andauernde Schmerzen
  • Pflegebehindernde räumliche Wohnverhältnisse

Die pflegebedürftige Person und die Pflegeperson, welche das Pflegetagebuch führt, müssen es selbst unterschreiben. Zu empfehlen ist auch neben dem Pflegetagebuch aktuelle Krankenhaus –oder Arztberichte, sowie eine Auflistung der Pflegemittel, beispielsweise Pflegehilfsmittel und Medikamente, welche benötigt und verwendet werden.

Ihr persönliches Pflegetagebuch

Auch Sanubi möchte Sie hier ausreichend unterstützen und stellt pflegenden Angehörigen bzw. den pflegebedürftigen Angehörigen alle wichtigen Unterlagen, Anträge auf Leistung in der Pflegeversicherung und Pflegebuchvorlagen zur Verfügung.

Das Pflegetagebuch ist hier in vier Module unterteilt mit unterschiedlicher Gewichtung.

Module und deren Gewichtung

  • Mobilität 10%
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten 15%
  • Verhaltensweisen und deren Problemlagen 15%
  • Selbstversorgung 40%
  • Umgang mit krankheits-/ therapiebedingten Anforderungen 20%
  • Gestaltung des Alltagslebens und soziale Kontakte 15%

Alle Module sind jeweils in Verrichtungen unterteilt, die sie dann bewerten sollen. Das Pflegetagebuch von Sanubi können Sie hier downloaden.

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FAQ - Häufige Fragen zum Pflegetagebuch