Bei einer Inkontinenz gelingt es Betroffenen nicht mehr, Stuhl oder Urin willkürlich zurückzuhalten.[1] Es gibt viele Ursachen für eine Inkontinenz, oft tritt eine Blasenschwäche gemeinsam mit einem schwachen Beckenboden auf. Doch Ihr Angehöriger muss sich damit nicht einfach abfinden. Insbesondere das Beckenbodentraining, aber auch Medikamente können Abhilfe schaffen.

Wir werfen gemeinsam einen Blick auf die Symptome, Ursachen und Behandlungsoptionen bei einer bestehenden Inkontinenz.

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei einer Inkontinenz verlieren Patienten unwillkürlich Urin und/oder Stuhl.
  • Neurologische Erkrankungen, ein schwacher Beckenboden und Defekte am Schließmuskel können zu einer Inkontinenz führen.
  • Eine Inkontinenz ist in vielen Fällen behandelbar – die Beschwerden können dadurch gelindert oder ganz gestoppt werden.
  • Zur Diagnostik tragen eine körperliche Untersuchung, bildgebende Verfahren und Druckmessungen bei.
  • Je früher eine Behandlung bei einer Inkontinenz angestrebt wird, desto besser.

Was ist Inkontinenz?

Der Begriff Kontinenz beschreibt die Fähigkeit, die Blase oder den Darm gezielt, also willkürlich, zu entleeren. Folglich bedeutet eine Inkontinenz, dass ungewollt Urin (Harninkontinenz) oder Stuhl (Stuhlinkontinenz) abgeht. Häufig wird der Begriff Inkontinenz als Synonym für Harninkontinenz genutzt. Auch wenn die Stuhlinkontinenz deutlich seltener als die Harninkontinenz vorkommt, ist sie doch ein wichtiges Thema, vor allem im Pflegebereich. Schätzungsweise sind 10 Millionen Personen in Deutschland von einer Stuhl- oder Harninkontinenz betroffen.[1] Es könnte allerdings auch viel mehr Patienten geben. Da das Thema immer noch recht schambehaftet ist, gibt es eine gewisse Dunkelziffer. Fest steht aber, dass Frauen im Vergleich zu Männern häufiger unter einer Harninkontinenz leiden. Das liegt daran, dass ihr Urogenitalsystem durch Schwangerschaft und Geburt einer großen Belastung ausgesetzt ist. Außerdem spielt das Alter eine Rolle – das Risiko, eine Inkontinenz zu entwickeln, steigt mit dem Lebensalter.[2]

Ist eine Inkontinenz eine Krankheit?

Bei einer Inkontinenz handelt es sich um eine Krankheit.[3] Diese ist von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) anerkannt. In einigen Fällen gleicht eine Inkontinenz aber mehr einem Symptom als einer Krankheit, nämlich dann, wenn sie eine Begleiterscheinung einer Grunderkrankung ist. Eine Inkontinenz kann für sich alleine, aber zum Beispiel auch mit Multiple Sklerose oder Parkinson auftreten. Ist die Erkrankung der Grund für die Inkontinenz, gilt diese eher als Symptom. In beiden Fällen ist eine Behandlung der unzureichenden Ausscheidungskontrolle wichtig. Schließlich kann eine unbehandelte Inkontinenz einen hohen Leidensdruck erzeugen.

Inkontinenz – vor allem ein Thema im Alter und bei Pflegebedürftigkeit

Die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie weist darauf hin, dass Inkontinenz vor allem ältere Menschen betrifft. Von den über 70-jährigen sind Schätzungen zufolge 40 % harninkontinent.[1] Das liegt insbesondere daran, dass sich der Körper im Alter verändert: Das Gewebe büßt an Elastizität ein, dadurch senkt sich der Beckenboden, was wiederum zu einer Dehnung der Körperöffnungen im unteren Bereich des Organismus führt. Die mögliche Beeinträchtigung der Blase und des Darms rufen dann eine Harninkontinenz oder Stuhlinkontinenz hervor. Außerdem steigt im Alter das Risiko für gewisse Erkrankungen wie Alzheimer, die mit einer Inkontinenz in Verbindung stehen. Eine Inkontinenz ist daher nicht selten bei älteren Menschen, die bereits einen Pflegegrad besitzen, anzutreffen.

Inkontinenz – Formen und Ursachen

Eine Inkontinenz hat viele Gesichter. Wenn Ihr Angehöriger öfter zur Toilette muss, bedeutet das nicht automatisch, dass eine Harninkontinenz vorliegt. Genauso gut kann beispielsweise eine Blasenentzündung den häufigen Toilettenbesuch begründen. Welche Beschwerden Ihr Familienmitglied hat, hängt auch von der Inkontinenzform ab.

Mediziner unterscheiden folgende Formen bei einer Inkontinenz:

  • Belastungsinkontinenz: Diese Form ist auch als Stressinkontinenz bekannt. Eine Schädigung des Harnröhren-Schließmechanismus ist die Ursache für den ungewollten Verlust von Urin. Bei Frauen wird diese Form besonders häufig beobachtet. Schließlich ist ihr Beckenboden, der zur Stützung der Beckenorgane erforderlich ist, beispielsweise durch Schwangerschaft, Geburt und hormonelle Einflüsse stark gefordert. Doch auch Männer können eine Belastungsinkontinenz, insbesondere infolge einer Prostataoperation, entwickeln.3
  • Dranginkontinenz: Die Synonyme für diese Form sind Reizblase oder überaktive Blase – sie deuten bereits auf das zugrunde liegende Problem hin: Die Blase findet keine Ruhe. Ursachen sind eine übersensible Blasenwand und ein instabiler Blasenmuskel. Sie führen dazu, dass sich die Blase ungewollt zusammenzieht. Weitere Ursachen können Harnwegsinfekte, ein verengter Blasenausgang oder Krankheiten wie Alzheimer, Multiple Sklerose oder Schlaganfälle Übrigens: Bei manchen Patienten wird nie eine Ursache für die überaktive Blase gefunden.3
  • Überlaufinkontinenz: Wie die Bezeichnung bereits andeutet, läuft die Blase über, wenn sie gefüllt ist. Vor allem Männer mit einer gutartigen Prostatavergrößerung können diese Form entwickeln. Allerdings können auch Nervenschädigungen, ausgelöst durch Diabetes oder eine blockierte Harnröhre zu einer Überlaufinkontinenz führen.
  • Reflexinkontinenz: Nervenschädigungen können den Schließmuskel der Blase in Mitleidenschaft ziehen. Für Betroffene ist dieser dann nicht mehr kontrollierbar. Zu den zugrunde liegenden Ursachen zählen neurologische Erkrankungen wie Parkinson, Alzheimer oder schwere Bandscheibenvorfälle.
  • Stuhlinkontinenz: Bei einer Stuhlinkontinenz können Betroffene einen Stuhldrang verspüren, gelangen aber nicht rechtzeitig zur Toilette. Außerdem gibt es Patienten, die überhaupt keinen Drang entwickeln, zur Toilette zu gehen. Ursachen gibt es auch hier viele. Geschädigte Nerven, die an der Darmentleerung mitwirken, sind ein Grund. Außerdem kann eine chronische Verstopfung, ein geschwächter Beckenboden oder ein beschädigter After-Schließmuskel eine Stuhlinkontinenz bedingen.[1]

Können Medikamente eine Inkontinenz auslösen?

Den Drang zum Toilettenbesuch verspüren und dort angekommen, gezielt Stuhl oder Urin abzusetzen, basiert auf einem komplexen Zusammenspiel von Nerven, Gehirnaktivitäten und Muskeln. Kommt es hier zu einer Fehlerquelle, kann eine anhaltende Inkontinenz die Folge sein. Oft denken wir dabei an körperliche Erkrankungen, dabei können auch Medikamente unter gewissen Umständen eine Inkontinenz hervorrufen oder verstärken. Arzneimittel können nämlich den Blasenmuskel schwächen, den Blasenschließmuskel ungünstig beeinflussen oder zu einer vermehrten Urinausscheidung führen.

Nimmt Ihr Angehöriger folgende Arzneimittel ein, sollten Sie bei dem behandelnden Arzt erfragen, ob diese ein möglicher Inkontinenz-Grund sein könnten:

  • Diuretika („Entwässerungsmittel“), angewendet bei Bluthochdruck
  • Alpha-Rezeptorenblocker, angewendet bei Prostatavergrößerung
  • Schmerzmittel wie Indometacin
  • Antidepressiva, angewendet bei Depressionen
  • Cholinesterase-Hemmer, verabreicht bei Demenz

Achtung: Setzen Sie niemals Arzneimittel ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt ab. Bei vielen Krankheitsbildern ist es wichtig, die Medikamente fortwährend zu verabreichen, um den Therapieerfolg zu sichern.

Wie äußert sich eine Inkontinenz?

Wie eine Harn- oder Stuhlinkontinenz in Erscheinung tritt, hängt von mehreren Faktoren ab, darunter dem Schweregrad und der Form.

  • Symptome einer Belastungsinkontinenz: Ihr Angehöriger verliert Urin, sobald er sich körperlich belastet, zum Beispiel beim Treppensteigen.[2]
  • Symptome einer Dranginkontinenz: Ihr Familienmitglied verspürt plötzlich einen starken Harndrang. Die Blase zieht sich unwillkürlich zusammen, was zu einem, meist schwallartigen, Urinverlust führt – Ihr Angehöriger kann den Vorgang nicht unterdrücken.3
  • Symptome einer Mischinkontinenz: Hierbei treten sowohl Merkmale der Dranginkontinenz als auch der Belastungsinkontinenz auf.7
  • Symptome einer Überlaufinkontinenz: Ihr Angehöriger hat das Gefühl, ständig zur Toilette zu müssen. Trotz häufiger Toilettengänge verliert er tröpfchenweise Urin.3
  • Symptome einer Reflexinkontinenz: Der Blasenmuskel zieht sich reflexartig zusammen und trägt so zur Blasenentleerung bei. Ihr Familienmitglied spürt allerdings nicht, wann die Blase voll ist, eine kontrollierte Entleerung ist damit unmöglich. Weiteres Problem: Oft bleibt eine kleine Menge Urin in der Harnblase zurück.3
  • Symptome einer Stuhlinkontinenz: Bei Ihrem Angehörigen entweichen ungewollt Darmgase. Flüssigen und/oder festen Stuhl kann Ihr Familienmitglied nicht halten.6

Inkontinenz-Formen mit Symptomen im Überblick

Folgende Tabelle zeigt Ihnen die verschiedenen Schweregrade bei einer Inkontinenz. Bei einer Harninkontinenz gilt die Menge des Urinverlustes über 4 Stunden hinweg als Referenzwert. Entscheidend ist also, wie viel Urin Ihr Familienmitglied in dieser Zeit verliert.

Harninkontinenz
Menge des Urinverlustes in 4 Stunden
Tröpfchen-Inkontinenz weniger als 50 Milliliter Urin
Leichte Inkontinenz maximal 100 Milliliter Urin
Mittlere Inkontinenz mehr als 100 bis maximal 200 Milliliter Urin
Schwere Inkontinenz mehr als 200 Milliliter bis maximal 300 Milliliter Urin
Schwerste Inkontinenz der gesamte Urin geht verloren
Stuhlinkontinenz
Menge des Urinverlustes in 4 Stunden
Grad 1 Darmgase dringen unkontrolliert nach draußen
Grad 2 Betroffene können Darmgase und flüssigen Stuhl nicht mehr halten.
Grad 3 Darmgase, flüssiger und fester Stuhl kann nicht mehr kontrolliert werden.

Tabelle 1: Inkontinenz-Formen im Überblick. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Schweregrade bei Inkontinenz (dgv-hilfsmittel.de) und Stuhlinkontinenz – USZ

Unser Tipp: Achten Sie im Pflegealltag auf „versteckte“ Hinweise

Inkontinenz ist für viele Menschen ein Tabuthema. Alles rund um den Toilettengang und eventuell bestehende Beschwerden werden von Betroffenen gerne unter Verschluss gehalten. Womöglich weiht Ihr Angehöriger Sie also nicht ein, wenn eine Inkontinenz vorliegt. Manchmal ist Menschen auch nicht bewusst, dass es sich um ein behandlungsbedürftiges Beschwerdebild handelt. Frauen sind nicht selten davon überzeugt, dass es nach Schwangerschaften und Geburten normal ist, im Alter eine Inkontinenz zu entwickeln. In der Folge finden sich viele Menschen mit dem tröpfchenweisen oder schwallartigen Verlust von Urin ab. Die Stuhlinkontinenz ist bei Betroffenen häufig besonders schambehaftet. Damit Sie Ihren Angehörigen zeitnah unterstützen können, achten Sie am besten auch auf versteckte Hinweise im Pflegealltag. Ihr Angehöriger sucht womöglich besonders oft die Toilette auf oder wechselt ständig seine Kleidung. Beim Waschen bemerken Sie vielleicht Reste von Ausscheidungen in der Unterwäsche. Ihr Familienmitglied könnte jedoch auch auffällig wenig trinken, um nicht ständig auf Toilette gehen zu müssen.

Wie wird eine Inkontinenz diagnostiziert?

Eine Inkontinenz lässt sich gut diagnostizieren. Mit den diagnostischen Verfahren verschaffen sich Mediziner einen Überblick über bestehende Erkrankungen und das Beschwerdebild.

  1. Das Arzt-Patienten-Gespräch: In einem ersten Schritt erfolgt ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten – am besten begleiten Sie Ihren Angehörigen zu dem Gespräch. Der Mediziner erkundigt sich nach den Beschwerden, nach der Krankheitsgeschichte und nach dem Medikamentenplan. Außerdem stellt der Arzt Fragen zu dem Umfang des Urin- oder Stuhlverlustes und wann die Beschwerden in Erscheinung treten.3
  2. Die körperliche Untersuchung bei Harninkontinenz: Nun folgt die körperliche Untersuchung. Der Mediziner nutzt bei einer Harninkontinenz ein Ultraschallgerät, um zu prüfen, ob die Harnwege und die Harnblase gesund sind, und stellt sicher, dass es hier keine Blockade gibt. Bei Frauen erfolgt im Anschluss eine gynäkologische Untersuchung, um beispielsweise eine Gebärmuttersenkung auszuschließen. Bei Männern ist die Abtastung der Prostata entscheidend. Wahrscheinlich untersucht der Mediziner das Blut und den Urin auf Entzündungszeichen. Eventuell erhalten Sie auch die Aufforderung, ein Miktionstagebuch zu führen – dabei notieren Sie, wie oft Ihr Angehöriger zur Toilette muss, wie viel er trinkt und ob es ungewünschte Urinabgänge gab. Zur weiteren Diagnostik können Ärzte auch bildgebende Verfahren wie eine Computertomografie oder eine Blasenspiegelung einsetzen.3
    Die körperliche Untersuchung bei Stuhlinkontinenz: Der Mediziner tastet den After, den Schließmuskel und den Enddarm mit dem Finger ab. Das dient dazu, Veränderungen festzuhalten. Mit einer Rektoskopie oder Koloskopie kann der Mediziner den Analkanal, Enddarm oder den gesamten Dickdarm untersuchen. Bei dem schonenden Eingriff können auch Gewebeproben entnommen und anschließend analysiert werden. Die Funktionstüchtigkeit des After-Schließmuskels untersucht der Arzt mit einer Druckmessung – dabei hilft eine Messsonde, die in den After eingeführt wird. Eine Ultraschalluntersuchung, Röntgenuntersuchung oder Magnetresonanztomographie kann ebenfalls zur Abklärung beitragen.
  1. Besprechung der Untersuchungsergebnisse: Nachdem der Mediziner die Untersuchungsergebnisse zusammengetragen hat, kann er Ihrem Angehörigen Näheres mitteilen. Er kann ihn über den Schweregrad, die eigentliche Ursache und Behandlungsoptionen aufklären. Am besten sind Sie auch bei der Besprechung der Ergebnisse dabei, um nötige Informationen für den Pflegealltag mitzunehmen.

Verlauf einer Inkontinenz

Wenn eine Inkontinenz bei Ihrem Angehörigen diagnostiziert wurde, bedeutet das nicht, dass diese zwangsläufig weiter bestehen muss. Eine Harninkontinenz kann sich zwar verschlimmern, zum Beispiel bei einer Zunahme neurologischer Schäden, sie kann sich jedoch auch bessern oder ganz verschwinden. Gezielte Übungen helfen dabei, eine geschwächte Blase zu trainieren. Mit einigen Anpassungen im Pflegealltag können Sie zudem die Beschwerden reduzieren. Ein guter Tipp ist beispielsweise, den Genuss von harntreibenden Getränken wie Tee oder Kaffee einzuschränken. Der behandelnde Arzt kann Ihnen weitere Ratschläge für den pflegerischen Umgang geben und Sie über geeignete Behandlungsoptionen aufklären.

So wird eine Inkontinenz behandelt

Die eine Therapieempfehlung, die für jeden Menschen mit Inkontinenz passt, gibt es nicht. Aus diesem Grund erhält Ihr Angehöriger individuelle Therapieempfehlungen, die sich nach der Ursache, nach dem Schweregrad und den Beschwerden richten.

Folgende Behandlungsoptionen haben sich bei Inkontinenz bewährt:

  • Änderung der Lebensgewohnheiten: Eine ausreichende Trinkmenge (laut DGE 1,5 Liter täglich), der Verzicht auf koffeinhaltige und alkoholische Getränke sowie ein Rauchstopp können sich als wirksam erweisen. Außerdem ist regelmäßige Bewegung für Ihren Angehörigen wichtig – bei ausreichender Mobilität planen Sie am besten jeden Tag einen 30-minütigen Spaziergang ein. Ist Ihr Angehöriger körperlich eingeschränkt, sind kurze Spaziergänge mit einer Gehhilfe oder Bewegungsübungen für Zuhause sinnvoll.
  • Toiletten- und Blasentraining: Feste Ausscheidungszeiten und ein gezieltes Trainieren der Blase können bei einer Harninkontinenz hilfreich sein. Sie als pflegender Angehöriger sind dabei eine wertvolle Unterstützung. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Familienmitglied weder zu oft noch zu selten auf Toilette geht. So kann die Blase „lernen“, eine gewisse Menge an Urin zu halten, ohne überdehnt zu werden. Am besten fertigen Sie gemeinsam einen Ausscheidungsplan an – hier können Sie etwa alle zwei Stunden einen Toilettenbesuch einplanen. Erinnern Sie Ihr Familienmitglied an den Toilettenbesuch und unterstützen Sie, falls nötig. Um sich von einem frühen Harndrang abzulenken, kann Ihr Angehöriger eine Meditationsübung machen, Gespräche mit Ihnen führen oder die Muskeln des Beckenbodens zusammenziehen.
  • Beckenbodentraining: Eine der hilfreichsten Maßnahmen ist das Beckenbodentraining, das sich auch unkompliziert in den Pflegealltag einbinden lässt. Mit verschiedenen Übungen gelingt es, die Beckenbodenmuskulatur zu spüren und sie zu kräftigen. Erfolgversprechend ist auch sogenanntes Biofeedback-Training. Mit Geräten für Zuhause kann eine Sonde in die Vagina oder den Darm eingeführt werden – die elektrischen Reize tragen zur Spürbarkeit des Beckenbodens bei. Dieser ist übrigens nicht nur für die Harnkontinenz, sondern auch für die Darmkontinenz entscheidend.
  • Medikamente: Für die Behandlung der Harninkontinenz oder Stuhlinkontinenz gibt es verschiedene Arzneimittel. Kann Ihr Angehöriger den Urin nicht halten, verschreibt der behandelnde Arzt womöglich Desmopressin oder Duloxetin. Bei einer Stuhlinkontinenz ist der Wirkstoff Loperamid eine Option.

Gut zu wissen!

Operative Eingriffe bei einer Inkontinenz kommen nur dann infrage, wenn Verhaltensänderungen, spezielle Trainings und Medikamente nicht den erwünschten Erfolg bringen. Der behandelnde Arzt kann dann beispielsweise zu einem künstlichen Schließmuskel raten.

Inkontinenz in der Pflege

Eine alleinige Inkontinenz schafft in der Regel keine ausreichende Begründung für einen Pflegegrad. Ist Ihr Angehöriger jedoch in seiner Selbstständigkeit durch Alterungsprozesse, angeborene Beeinträchtigungen oder Krankheiten eingeschränkt, ist ein Pflegegrad bei Inkontinenz möglich. Der zusätzliche Pflegeaufwand, der durch eine Inkontinenz entsteht, ist sehr unterschiedlich. Grundsätzlich ist es wichtig, dass bei der häuslichen Pflege von Angehörigen mit Inkontinenz viel Wert auf das Wohlbefinden gelegt wird. Ein regelmäßiger Wechsel von Inkontinenzmaterial und eine Wahrung der Privatsphäre tragen entscheidend dazu bei. Auch Toilettenhilfen sind sinnvoll – WC-Aufsätze mit Wascheinrichtung, Toilettensitze und Toilettenstützgestelle fördern die Selbstständigkeit und entlasten Sie im Pflegealltag. Bei einer Inkontinenz raten wir Ihnen dazu, sich unbedingt mit Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch zu beschäftigen. Die Pflegekasse stellt allen Menschen mit Pflegegrad monatlich 40 Euro für Einmalartikel wie Desinfektionsmittel, Handschuhe und Bettschutzeinlagen zur Verfügung – die Produkte sind vor allem bei einer Inkontinenz sehr hilfreich. Besonders einfach gelingt die Versorgung mit unserer Sanubi-Pflegebox.

Inkontinenz vorbeugen – hilfreiche Tipps

Ihr Angehöriger kann einiges tun, um einer Inkontinenz vorzubeugen. Den Beckenboden mehr Aufmerksamkeit zu schenken, empfiehlt sich in jedem Alter. Bestehen noch keine Beschwerden, sind Gruppenangebote sinnvoll, andernfalls bietet sich eine 1 zu 1 Betreuung durch einen Therapeuten an. Ein Beckenbodentraining kann sowohl einer Harninkontinenz als auch einer Stuhlinkontinenz in einem gewissen Umfang vorbeugen. Überflüssiges Gewicht kann eine Harninkontinenz begünstigen oder verstärken. Achten Sie im Pflegealltag daher auf eine ausgewogene Ernährung und eine regelmäßige Bewegung. Bei einem bereits bestehenden Übergewicht bieten sich auch Ernährungskurse an. Übrigens: schwere körperliche Arbeit und Sportarten wie Joggen setzen den Beckenboden im wahrsten Sinne des Wortes unter Druck – besser geeignet sind Sportarten wie Schwimmen. Da chronischer Husten und Verstopfung dem Beckenboden ebenfalls zusetzten, ist eine Behandlung wichtig – planen Sie zeitnah einen Arztbesuch ein.3

EXKURS: Blasenschwäche in den Wechseljahren vorbeugen und Blase stärken

Laut Urologen leiden zwei Drittel aller Frauen an Blasenschwäche in den Wechseljahren. Blasenentzündungen treten immer häufiger auf, die Blase wird schwächer, in vielen Situationen kann Urin ungewollt austreten. Für die Betroffenen ist dies peinlich und unangenehm und wenn die Diagnose erst einmal Inkontinenz lautet, bricht für viele Frauen eine Welt zusammen. Dabei kann mit gezielten Maßnahmen der Blasenschwäche in den Wechseljahren, entgegen gewirkt werden. Sobald man versteht, was mit dem eigenen Körper in den Wechseljahren passiert, ist bereits ein entscheidender Schritt getan und ein rundum beschwerdefreies und selbstbestimmtes Leben wird wieder greifbar.

Blasenschwäche in den Wechseljahren: Hormone als Hauptgrund

Ein erster Hinweis auf die Wechseljahre sind meist seltener werdende, unregelmäßige Periodenblutungen. Wenn dann weitere Symptome wie beispielsweise Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen und Erschöpfungszustände dazukommen, ist klar, dass sich der Körper verändert. Schuld daran ist der weibliche Hormonhaushalt.

Hormontherapie bei Blasenschwäche

Bei einer andauernden Inkontinenz können Ärzte eine Hormontherapie empfehlen, um die Defizite der Natur mit Ergänzungsmitteln auszugleichen, und gezielt die Symptome der Harninkontinenz zu lindern. Sprechen Sie hier am besten Ihren Arzt direkt an und lassen Sie sich beraten. Grundsätzlich sollte man einen aktiveren Lebensstil anstreben und sich regelmäßig sportlich betätigen. Dazu gehört auch gute Ernährung und viel Flüssigkeitsaufnahme. Eine Operation ist nur in seltenen Fällen notwendig und stellt in der Regel das letzte Ressort dar.

Wie ist die Blase betroffen?

Mit Einsatz der Wechseljahre stellen die Eierstöcke langsam aber sicher ihre Funktion ein, der Körper produziert weniger Östrogen und der Eisprung wird immer seltener. Der sinkende Östrogenspiegel sorgt dafür, dass die Blase sensibler wird und auf reizende Stoffe im Urin reagiert. Dies führt dazu, dass man häufiger Harndrang verspürt und auf die Toilette muss. Eine weitere Nebenwirkung des veränderten Hormonhaushalts ist die Erschlaffung des Bindegewebes, das eine Stützfunktion für die Blasenmuskulatur inne hat. Dies sorgt außerdem dafür, dass die Organe insgesamt leicht absinken und so entsteht eine Krümmung der Harnröhre. Das bedeutet, dass der Blasenschließmuskel mit der Arbeit des „Haltens“ nicht mehr hinterherkommt, was eine Harninkontinenz zur Folge haben kann. Durch einen sinkenden ph-Wert, der natürliche Schutzwälle stört und eine schlechtere Durchblutung der Schleimhäute können Viren und Bakterien nun leichter eindringen, was häufiger in einer Blasenentzündung endet.

FAQ: häufige Fragen rund um Inkontinenz