Eine Kinderdemenz führt schon in jungen Jahren zu einer nachlassenden kognitiven Leistungsfähigkeit. Kinder haben mit zunehmendem Krankheitsfortschritt Probleme mit dem Sehen, der Sprache, der Mobilität und der Merkfähigkeit. Die Erkrankungen, die unter den Sammelbegriff „Kinderdemenz“ fallen, sind unlösbar mit einer Einschränkung der Selbstständigkeit verknüpft. Die pflegebedürftigen Kinder können dann einen Pflegegrad von der Pflegekasse erhalten – Familien haben damit Zugriff auf viele Unterstützungsangebote.

Wir erklären Ihnen, wann Sie für Ihren Nachwuchs mit Kinderdemenz am besten einen Pflegegrad beantragen. Außerdem zeigen wir Ihnen auf, welche Leistungen Ihnen dann zustehen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Kinderdemenz führt dazu, dass Kinder bereits erlernte Fähigkeiten verlieren und insgesamt in ihrer kognitiven Leistungsfähigkeit deutlich nachlassen.
  • Mit zunehmendem Krankheitsfortschritt steigt der Pflegebedarf bei Kindern mit Kinderdemenz.
  • Die Pflegekasse kann bei einer vorliegenden Kinderdemenz einen Pflegegrad zuteilen – wie hoch dieser ausfällt, richtet sich nach der Einschränkung der Selbstständigkeit.
  • Bei Kindern gibt es bei der Ermittlung des Pflegegrads einige Besonderheiten, ab dem elften Lebensjahr erfolgt die Begutachtung aber wie bei Erwachsenen.
  • Bei einer Kinderdemenz ist es ratsam, einen Pflegegrad zu beantragen, um Leistungen der Pflegekasse abzurufen.

Was ist Kinderdemenz?

Die Kinderdemenz bezieht sich nicht auf eine einzelne Erkrankung, sondern auf ein ganzes Bündel an Krankheiten. Sie alle haben gemeinsam, dass sie zu einem schrittweisen Verlust der kognitiven Leistungsfähigkeit im Kindes- und Jugendalter führen. Zu den mehr als 250 verschiedenen Erkrankungen zählen die besonders häufig erwähnten Neuronalen Ceroidlipofuszinosen (NCL), von denen in Deutschland etwa 700 Kinder betroffen sind. Die Kinderdemenz ist verhältnismäßig selten und gehört deshalb zu den „Waisenekrankheiten“, den sogenannten „Orphan Disease“. In welchem Lebensalter die Kinderdemenz in Erscheinung tritt, hängt nicht zuletzt von der vorliegenden Form ab. Mit Blick auf die NCL-Erkrankungen gibt es beispielsweise die infantile Form, die bereits im 6. bis 12. Lebensmonat beginnt, die juvenile NCL zeigt sich hingegen „erst“ im 4. bis 7. Lebensjahr. [1]

Sind Menschen mit Kinderdemenz pflegebedürftig?

Eine Kinderdemenz schreitet voran und führt im Laufe der Zeit zu einer Pflegebedürftigkeit. Oft ist sie bereits zum Zeitpunkt der Diagnosestellung vorhanden, da diese häufig erst nach mehreren Jahren erfolgt. Anfangs können ausgeprägte Sehstörungen, die innerhalb weniger Jahren zu einer Erblindung führen, so wie es bei der juvenilen NCL (CLN3) der Fall ist, den Alltag dominieren – da betreffende Kinder oft stolpern, profitieren sie besonders von einer Sturzprophylaxe. Ein deutlicher Pflegebedarf ergibt sich durch das Eintreten des geistigen Abbaus (Demenz). Das kindliche Gehirn macht Rückschritte – die kleinen Patienten büßen an Fähigkeiten, die ihnen das Rechnen oder Schreiben ermöglichen, ein. Dadurch, dass sie die vor sich gehenden Veränderungen sehr genau wahrnehmen, können sich Verhaltensänderungen einstellen. Ihr Kind kann sich zurückziehen, sich ängstlich, depressiv oder aggressiv verhalten. Die Kinderdemenz kann außerdem zu einer verwaschenen Aussprache bis hin zu einem völligen Sprachverlust führen. Eine ausgeprägte Pflegebedürftigkeit ergibt sich auch durch starke Einschränkungen der Mobilität – Familien müssen sich auf ein Leben im Rollstuhl und eine Bettlägerigkeit bei ihrem Nachwuchs einstellen.1 Zu welchem Zeitpunkt sich die Symptome zeigen und wie sie verlaufen, hängt aber maßgeblich von der Art der Kinderdemenz ab.[2]

Kinderdemenz und Pflegebedarf: Wie beeinflusst die Erkrankung den Pflegebedarf?

Kinder haben immer einen gewissen Pflegebedarf. So vergehen viele Jahre, bis der Nachwuchs umfassende Fähigkeiten erlernt hat, um sich im Alltag selbst zu versorgen. Bei einer Kinderdemenz ist der Pflegebedarf jedoch deutlich erhöht und übertrifft die übliche Versorgung im Alltag. Manchmal weisen die Patienten noch andere Erkrankungen auf, die mit der Kinderdemenz nicht im Zusammenhang stehen. Vielleicht benötigt Ihr Kind aufgrund einer Neurodermitis oder einer rheumatischen Erkrankung ohnehin ein höheres Maß an Aufmerksamkeit. Erkrankt Ihr Nachwuchs dann zusätzlich an einer Kinderdemenz, kommen zusätzliche Pflegemaßnahmen hinzu. Auch wenn eine Kinderdemenz meist rasch voranschreitet, erhöht sich der Pflegebedarf nicht über Nacht. Eltern beobachten Veränderungen meist über mehrere Wochen bis Monate hinweg. Wie stark die Pflegebedürftigkeit durch die Kinderdemenz zunimmt, hängt maßgeblich von dem Krankheitsstadium ab.

Pflegebedarf zu Beginn der Erkrankung: Ihr Kind kann durch ausgeprägte Seh- und Hörprobleme auf Ihre Unterstützung angewiesen sein – mit einer Sturzprophylaxe und durch Maßnahmen, die einer besseren Orientierung dienen, können Sie behilflich sein. Außerdem gilt es bereits jetzt Arzttermine und Behandlungsangebote zu koordinieren. Schließlich ist es bei einer Kinderdemenz besonders wichtig, den Verlauf engmaschig zu kontrollieren, um eine bedarfsgerechte Therapie zu ermöglichen.

Pflegebedarf bei fortgeschrittener Erkrankung: Alltägliche Aufgaben, die in der Schule oder Zuhause anfallen, können für Ihr Kind plötzlich zum Problem werden. Das liegt vor allem an dem Abbau der kognitiven Leistungsfähigkeit. Pflegeaufgaben können darin bestehen, die Kommunikation mithilfe von Bildkarten zu ermöglichen, bei der Mobilisation zu helfen, beispielsweise beim Treppensteigen, oder die Medikamenteneinnahme zu überwachen. Außerdem benötigt Ihr Kind womöglich Unterstützung bei der Körperpflege oder der Nahrungsaufnahme.

Pflegebedarf bei deutlich fortgeschrittener Erkrankung: In allen Bereichen des Lebens benötigt Ihr Kind nun tatkräftige Unterstützung. Das kann bedeuten, dass Sie Ihr Kind im Pflegerollstuhl waschen, die Katheterpflege durchführen oder mit ihm spazieren fahren. Neben einer lückenlosen Pflege und Betreuung ist es außerdem wichtig, dass Ihr Kind weiterhin soziale Kontakte erleben darf.

Für erkrankte Kinder und insbesondere für Eltern bedeutet die Kinderdemenz eine umfassende Umstrukturierung des Alltags. Um Unterstützung für die Pflege zu erhalten, ist ein Pflegegrad besonders hilfreich. Er ermöglicht den Zugriff auf zahlreiche Pflegekassenleistungen, wie die Inanspruchnahme eines ambulanten Pflegedienstes. Achtung: Hat Ihr Kind in der Vergangenheit bereits einen Pflegegrad erhalten, führt der Fortschritt bei der Kinderdemenz automatisch zu einem erhöhten Pflegebedarf – lassen Sie in dem Zusammenhang unbedingt eine Höherstufung des Pflegegrads prüfen.

Pflegegrad bei Kinderdemenz: Voraussetzungen und Einstufung

Der Pflegegrad ist ein wichtiger Faktor, wenn es um die Koordinierung von Unterstützungsleistungen geht. Er macht deutlich, welche Pflegebedürftigkeit beim Versicherten vorliegt. Eine Einstufung ist deshalb wichtig, weil pflegebedürftige Kinder ein unterschiedliches Maß an Pflege benötigen. So brauchen Kinder mit Pflegegrad 1 weitaus weniger Unterstützung im Alltag als Kinder mit Pflegegrad 5. Eltern erhalten für ihr Kind nicht automatisch einen Pflegegrad, selbst dann nicht, wenn es sich um eine einschneidende Erkrankung wie eine Kinderdemenz handelt. Stattdessen müssen Sie den Pflegegrad aktiv beantragen. Eine Bewilligung erfolgt, wenn Ihr Kind die notwendigen Voraussetzungen erfüllt.

Pflegegrad bei Kinderdemenz: Voraussetzungen

Eine Kinderdemenz schränkt die Selbstständigkeit von Kindern stark ein und führt deshalb schon in jungen Jahren zu einer Pflegebedürftigkeit.

Wenn Ihr Nachwuchs folgende Kriterien erfüllt, kann die Pflegekasse einen Pflegegrad-Antrag bewilligen:

  • Ihr Kind besitzt eine nachweisbare Einschränkung der Selbstständigkeit, die deutlich über das gewöhnliche Maß in dem Alter hinausgeht.
  • Der Hilfsbedarf ergibt sich beispielsweise durch kognitive, psychische oder körperliche Beeinträchtigungen.[1]
  • Bei Ihrem Nachwuchs besteht der Pflegebedarf über voraussichtlich mindestens sechs Monate oder auf unbestimmte Zeit (das ist bei einer diagnostizierten Kinderdemenz immer der Fall).

Sie beobachten vor allem kognitive Einschränkungen und sind deshalb zurückhaltend, was einen Pflegegrad-Antrag angeht? Das muss nicht sein, denn für die Pflegekasse ist es letztendlich unerheblich, ob sich der Pflegebedarf durch einen Verlust der kognitiven Leistungsfähigkeit oder durch körperliche Gebrechen ergibt. Wenn Ihr Kind durch eine vorliegende Behinderung, eine Erkrankung oder einen Unfall dauerhaft pflegerische Unterstützung benötigt, steht Ihnen die Pflegekasse zur Seite.

Kann man bei Kinderdemenz eine Pflegestufe (Pflegegrad) beantragen?

Vielleicht erinnern Sie sich noch an eine Zeit, zu der Pflegestufen die Pflegebedürftigkeit abbildeten. Das große Manko der Pflegestufen war, dass sie sich insbesondere auf körperliche Einschränkungen bezogen. Dadurch kamen viele Menschen mit geistigen Einschränkungen, die ansonsten körperlich fit waren, zu kurz.[2] Das änderte sich jedoch mit der Einführung der Pflegegrade im Jahr 2017. Seither können auch Kinder mit kognitiven Einschränkungen umfassend von Pflegekassenleistungen profitieren. Dabei gilt stets: Je größer die Einschränkungen im Alltag, desto höher fällt der Pflegegrad aus.

Welcher Pflegegrad bei Kinderdemenz?

Zunächst ist es wichtig, zu beachten, dass es keinen einheitlichen Pflegegrad gibt, den die Pflegekasse bei Kinderdemenz vergibt. Losgelöst von den Krankheiten und Beschwerden erteilt die Pflegekasse den Pflegegrad stets mit Blick auf die Einschränkung der Selbstständigkeit. Das bedeutet, dass Ihr Kind mit zunehmendem Krankheitsfortschritt einen höheren Pflegegrad erhält. Anfangs zeichnet sich die Beeinträchtigung im Alltag noch nicht so stark ab – vielleicht stehen hier die Vereinbarung von Arztterminen und die Vermeidung von Stürzen im Vordergrund. Da die kognitiven Fähigkeiten Ihres Kindes im Zuge der Erkrankung vergleichsweise schnell abnehmen, ist eine intensive Pflege bis hin zu einer lückenlosen Versorgung absehbar. Ein höherer Pflegegrad ist dann darin begründet, dass Ihr Nachwuchs bei allen grundlegenden Tätigkeiten, die beispielsweise in die Bereiche Ernährung, Körperpflege oder Mobilität fallen, Hilfe benötigt. Durch den voranschreitenden Krankheitsprozess ist es möglich, dass Ihr Kind alle Pflegegrade durchläuft oder einige überspringt – um den Pflegegrad stets aktuell zu halten, ist es wichtig, dass Sie eine erneute Begutachtung ermöglichen.

Kinderdemenz-Stadium
Typische Beschwerden, am Beispiel von NCL (CLN3)
Möglicher Pflegegrad
Beginnende Kinderdemenz Schnell voranschreitende Sehschwäche bis hin zur Blindheit 0-1 (entscheidend ist hier, ob noch andere Beeinträchtigungen vorliegen)
Ausgeprägte Kinderdemenz Zusätzlich: geistiger Abbau, Verlust gelernter Fähigkeiten, auffällige Aussprache, Wesensveränderungen 2-4
Stark ausgeprägte Kinderdemenz Zusätzlich: Sprachverlust, Beweglichkeitsverlust, epileptische Anfälle, kardiologische Probleme 4-5

Tabelle 1: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Die Krankheit – NCL-Stiftung

Pflegegrad bei Kinderdemenz beantragen

Ihr Kind hat einen erkennbaren Pflegebedarf und Sie, als gesetzlicher Vertreter, möchten für Ihr Kind einen Pflegegrad beantragen? Dann ist die Pflegekasse der richtige Ansprechpartner. Mit nur wenig Organisationsaufwand können Sie innerhalb weniger Wochen einen Pflegegrad für Ihr Kind erhalten.

Wann sollte ich einen Pflegegrad bei Kinderdemenz beantragen?

Die Diagnose „Kinderdemenz“ ist insbesondere für Angehörige ein Schock. Bei den Gedanken an das weitere Leben und sinnvolle Behandlungsmöglichkeiten denken nur wenige Eltern direkt an die Beantragung eines Pflegegrads – das ist nur verständlich. Trotzdem raten wir Ihnen dazu, neben einer ärztlichen Verlaufskontrolle auch den Pflegebedarf im Blick zu behalten. Dieser wird in den nächsten Monaten und Jahren deutlich zunehmen. Haben Sie aktuell den Eindruck, dass Ihr Kind im Vergleich zu Gleichaltrigen ungewöhnlich stark in der Selbstständigkeit eingeschränkt ist, sollten Sie bereits jetzt einen Antrag stellen. Auch zu Beginn der Erkrankung lohnt sich der Antrag – hier können Sie von vielen Entlastungsmöglichkeiten wie dem Entlastungsbetrag profitieren.

Gut zu wissen!

Lange müssen Sie nicht auf eine Pflegegrad-Entscheidung der Pflegekasse warten – diese gibt Ihnen innerhalb von 25 Arbeitstagen Bescheid.[1]

Was sind Anzeichen für eine Pflegebedürftigkeit bei Kinderdemenz?

Sie befassen sich aktuell mit dem Thema Pflegegrad, sind sich aber nicht sicher, ob die Einschränkungen bei Ihrem Kind die Voraussetzungen erfüllen? Tatsächlich ist das bei Kindern aufgrund ihrer natürlichen „Pflegebedürftigkeit“ nicht immer leicht herauszufinden. Die gute Nachricht ist, dass Sie das auch gar nicht müssen. Die Pflegekasse prüft in Zusammenarbeit mit dem Medizinischen Dienst, welche Beeinträchtigungen bestehen. Niemand verlangt von Ihnen, dass Sie erst dann einen Antrag stellen, wenn die Pflegebedürftigkeit als sicher gilt. Der Antrag auf einen Pflegegrad ist übrigens für Sie kostenlos und kann mehrmals gestellt werden.

Sie haben ein besseres Gefühl, wenn Sie Ihren Alltag vor der Antragstellung auf typische Anzeichen einer Pflegebedürftigkeit überprüfen?

Pflege bei Kinderdemenz: Achten Sie auf folgende Hinweise:

  • Ihr Kind hat starke Mobilitätseinschränkungen – die Fortbewegung klappt seit der Erkrankung beispielsweise nur mit einem Rollstuhl.
  • Ihr Nachwuchs ist bettlägerig.
  • Ihr Kind benötigt eine lückenlose Betreuung und Deckung der pflegerischen Bedürfnisse (24-Stunden-Pflege).
  • Im Vergleich zu gleichaltrigen Kindern besitzt Ihr Nachwuchs eine deutlich reduzierte Selbstständigkeit.

So beantragen Sie einen Pflegegrad bei Kinderdemenz

Für die Beantragung eines Pflegegrads wenden Sie sich direkt an die Pflegekasse. Nur Mut: Die Beantragung ist viel einfacher, als viele Eltern denken. Wir verraten Ihnen, wie Sie in nur fünf Schritten einen Pflegegrad für Ihr Kind erhalten können.

Pflegegrad bei Kinderdemenz: Schritt-für-Schritt-Anleitung

Für die Beantragung eines Pflegegrads benötigen Sie nicht eine Vielzahl an Formularen, sondern nur ein einziges – dieses senden Sie einfach per Post oder online auf den Weg.

Schritt 1 – Legen Sie das richtige Formular bereit: Die Pflegekasse bündelt verschiedene Angebote, die den Pflegealltag vereinfachen können. Viele davon müssen Sie gesondert beantragen. Noch bevor Sie das tun, muss bei Ihrem Kind jedoch ein Pflegegrad vorliegen. Um diesen zu beantragen, besorgen Sie sich das Formular „Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung“. Das Formular steht auf vielen Krankenkassenwebseiten zum Download bereit, Sie können sich das Formular auch per Post zusenden lassen. Noch einfacher geht es bei manchen Versicherern online – Klick für Klick kommen Sie mit dem „Online-Interview“ der Beantragung näher.

Schritt 2 – Füllen Sie das Formular mit Angaben: Die Pflegekasse benötigt für die Bearbeitung Ihres Antrags einige Informationen. Hierzu erkundigt sie sich nach den persönlichen Daten Ihres Kindes, der Pflegeperson und ob gleichzeitig beliebte Leistungen wie die Pflegesachleistungen beantragt werden sollen. Der wohl wichtigste Teil des Formulars ist das Unterschriftenfeld – nur mit Ihrer Unterschrift ist der Antrag gültig.

Schritt 3 – Sprechen Sie mit dem MD: Erreicht Ihr Antrag die Pflegekasse, wird dieser unmittelbar bearbeitet. Dazu gehört auch, dass Mitarbeiter den Medizinischen Dienst mit der Pflegebegutachtung betrauen. Ein Gutachter, der in Ihr häusliches Umfeld kommt, prüft dann, wie es um die Selbstständigkeit Ihres Kindes steht und ob im Vergleich zu Gleichaltrigen Unterschiede bestehen. Natürlich erfolgt der Besuch nur nach vorheriger Terminabsprache – warten Sie einfach auf einen Anruf.

Schritt 4 – Schauen Sie sich den Pflegekassen-Bescheid an: Die Pflegekasse reagiert schnell – nach spätestens 25 Arbeitstagen erfahren Sie, ob Ihr Kind einen Pflegegrad erhält oder nicht. Natürlich erfahren Sie auch die Höhe des Pflegegrads. Jetzt steht einer Beantragung verschiedener Leistungen wie dem Pflegegeld nichts mehr im Weg. Allerdings sollten Sie beachten, dass bestimmte Angebote wie die Pflegesachleistungen nur für Kinder mit mindestens Pflegegrad 2 vorgesehen sind.

Schritt 5 – Beschäftigen Sie sich mit einem Widerspruch: Schätzungsweise erhalten die allermeisten Antragsteller einen Bescheid, der ihren Vorstellungen entspricht. Manchmal kann es jedoch vorkommen, dass Eltern den Anschein haben, dass der Pflegegrad der momentanen Pflegesituation nicht gerecht wird. Sie haben das Recht, einen schriftlichen Widerspruch bei der Pflegekasse einzulegen, wenn Sie Zweifel haben. Bitte beachten Sie, dass hier eine Frist von einem Monat nach Empfang des Bescheides gilt.

Höheren Pflegegrad bei Kinderdemenz beantragen

Bei einer Kinderdemenz kommt es im Pflegealltag zu vielen Änderungen. Das liegt daran, dass die Erkrankung voranschreitet und bei Kindern einen zunehmenden Verlust an Fähigkeiten bewirkt. Das führt automatisch dazu, dass immer mehr Aufgaben bei der Pflege hinzukommen, der Pflegebedarf steigt. Die Kinderdemenz muss aber nicht alleiniger Grund für eine wachsende Pflegebedürftigkeit sein. Zwar steigt mit dem Alter das Risiko für chronische Krankheiten und für das Vorliegen mehrerer Erkrankungen (Multimobilität), an, das ist allerdings auch bei Kindern nicht ausgeschlossen.[1] So kann es sein, dass zu der Kinderdemenz eine weitere Erkrankung hinzukommt und den Hilfsbedarf erhöht. Grundsätzlich gilt: Nimmt die Pflegebedürftigkeit deutlich zu, ist es Zeit, für einen Höherstufungsantrag. Hierfür nehmen Sie erneut den „Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung“, setzen Ihr Kreuz diesmal oben bei „Höherstufungsantrag“, füllen das Dokument wie gewohnt aus und senden es an die Pflegekasse. Wenn Sie einen Höherstufungsantrag bei Kinderdemenz stellen, muss ein Gutachter erneut die Selbstständigkeit Ihres Kindes beurteilen. Der Aufwand lohnt sich jedoch, denn so kann Ihre Familie auf weitere bzw. höhere Pflegekassenleistungen zurückgreifen.

Pflegebegutachtung bei Kinderdemenz: Ablauf und Kriterien

Bevor die Pflegekasse Ihrem Kind einen Pflegegrad zuteilt, muss feststehen, wie hoch die Einschränkungen im Alltag sind. Genau dafür ist die Pflegebegutachtung wichtig. Wie bereits erwähnt, kommt dafür ein Gutachter des Medizinischen Dienstes zu Ihnen nach Hause und macht sich vor Ort ein Bild. Mit den dort erlangten Informationen kann die Pflegekasse im Anschluss einen Pflegegrad bestimmen und Ihrer Familie wertvolle Leistungen freigeben.

Mit Blick auf die Pflegebegutachtung bei Kindern gibt es einige Besonderheiten:

  • Kinder mit bis zu einem Alter von 18 Monaten haben auf natürliche Weise einen sehr hohen „Pflegebedarf“. Die Pflegekasse sieht hier meist keinen oder nur geringe Pflegegrade vor. Bei der Pflegebegutachtung zieht der Gutachter die altersunabhängigen Bereiche 3 und 5 heran. Eine weitere Aufgabe des Gutachters besteht darin, festzustellen, ob es ausgeprägte Problemlagen bei der Nahrungsaufnahme gibt. Außerdem gibt es eine Sonderregelung: Kinder erhalten im Alter von bis zu 18 Monaten grundsätzlich einen Pflegegrad höher als ältere Personen.[1],8
  • Kinder erhalten nach der Vollendung des 18. Lebensmonats die gleiche Bewertung wie Erwachsene, allerdings nehmen sich Gutachter hier Vergleichstabellen zur Hilfe. Damit vergleichen sie die vorliegende Beeinträchtigung der Selbstständigkeit und die Fähigkeiten mit denen von Kindern, die altersentsprechend entwickelt sind.8
  • Kinder, die elf Jahre alt sind oder älter, gelten als selbständig in allen Lebensbereichen, die für die Begutachtung entscheidend sind – der Pflegegrad wird dann bei Ihrem Kind genauso ermittelt wie bei erwachsenen Antragstellern.[2]

Folgende Module sind bei einer Pflegebegutachtung von Interesse:

  1. Mobilität
  2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
  4. Selbstversorgung
  5. Umgang mit krankheits- und behandlungsbedingten Anforderungen
  6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte

Bei einer Kinderdemenz können Kinder in allen Modulen altersuntypische Beeinträchtigungen zeigen. Um sich ein umfassendes Bild zu machen, stellt der Gutachter nicht nur Beobachtungen an, sondern unterhält sich auch mit Ihnen und Ihrem Kind. Von Interesse sind außerdem Unterlagen wie Arztberichte, Untersuchungsbefunde, Krankenhausentlassungsberichte und Pflegeprotokolle.

Gut zu wissen!

Einen Gutachter im eigenen Haus zu haben, kann zunächst befremdlich wirken, sowohl für Eltern als auch für Kinder. Doch keine Sorge: Die Gutachter sind sehr einfühlsam und besonders sensibilisiert – dazu gehört eine verständnisvolle Gesprächsführung.8

Kinderdemenz: wie viele Punkte für welchen Pflegegrad?

Damit sich die Pflegegrade eindeutig voneinander abheben, ordnet die Pflegekasse jedem Pflegegrad eine Punktanzahl zu.

  • Pflegegrad 1: 12,5 bis unter 27,0 Punkte
  • Pflegegrad 2: 27 bis unter 47,5 Punkte
  • Pflegegrad 3: 47,5 bis unter 70 Punkte
  • Pflegegrad 4: 70 bis unter 90 Punkte
  • Pflegegrad 5: 90 bis 100 Punkte

Welche Leistungen stehen meiner Familie bei Kinderdemenz zu?

Bei der Kinderdemenz gibt es zwei wesentliche Kostenträger. Die Krankenkasse kümmert sich um die Übernahme von Kosten, die im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung entstehen. Die Pflegekasse ist für den Pflegebereich verantwortlich. Sie gibt Leistungen und Unterstützungsangebote frei und berät betroffene Familien. Für die Inanspruchnahme einschlägiger Leistungen wie dem Pflegegeld für Kinder, den Pflegesachleistungen für Kinder und der Verhinderungspflege benötigt Ihr Kind jedoch in jedem Fall einen Pflegegrad.

Was zahlt die Pflegekasse bei Kinderdemenz?

Eine Pflege ist stets mit Kosten verbunden – egal, ob diese im häuslichen Umfeld oder in einer Pflegeeinrichtung stattfindet. Bei einer Kinderdemenz entstehen Kosten durch verschiedene Faktoren. Womöglich benötigt Ihr Kind ein Hilfsmittel oder eine Pflege durch einen ambulanten Pflegedienst. Wahrscheinlich sind Sie aufgrund der Pflegebedürftigkeit Ihres Kindes nicht mehr in der Lage, zu arbeiten – die teilweise hohen Pflegekosten auszugleichen, fällt so schwerer. Die Pflegekasse hilft Ihnen dabei, die Pflegekosten zu reduzieren.

Dafür stehen Ihnen folgende Leistungen zur Verfügung:

  • Pflegegeld: In Abhängigkeit von dem Pflegegrad steht Familien mit einem pflegebedürftigen Kind Pflegegeld Das Geld erhalten Eltern monatlich auf ihr Bankkonto überwiesen.
  • Pflegesachleistungen: Diese Leistung der Pflegekasse ist ausschließlich für professionelle Pflegekräfte vorgesehen. Unterstützt Sie ein ambulanter Pflegedienst also im Pflegealltag, können Sie die Pflegesachleistungen dafür nutzen.
  • Zuschuss zur vollstationären Pflege: Für Kinder gibt es spezielle Pflegeheime, wenn eine Pflege im häuslichen Umfeld aus verschiedenen Gründen nicht (mehr) infrage kommt. An den Pflegekosten kann sich die Pflegekasse beteiligen, ausschlaggebend für die Höhe ist der vorliegende Pflegegrad.
Pflegegrad
Pflegegeld
Pflegesachleistungen
Vollstationäre Pflege
1 0 € 0 € 0 €
2 332 € 761 € 770 €
3 573 € 1.432 € 1262 €
4 765 € 1.778 € 1775 €
5 947 € 2.200 € 2005 €

Tabelle 3: Übersicht finanzielle Leistungen für Pflegebedürftige. Quelle: eigene Darstellung

Wie können Familien bei Kinderdemenz eine Haushaltshilfe finanzieren?

Wenn Sie ein Kind pflegen, das an Kinderdemenz erkrankt ist, ist Ihr Alltag mit zahlreichen Pflegeaufgaben gut gefüllt. Vielleicht bemerken Sie, dass kaum Zeit für die Haushaltsführung übrig bleibt. Wenn Sie Unterstützung beim Waschen, Kochen oder Einkaufen benötigen, kann eine Haushaltshilfe eine große Entlastung sein. Zur Finanzierung können Sie den Entlastungsbetrag nutzen, der monatlich 125 Euro beträgt.

Diese Entlastungsleistungen stehen Familien bei Kinderdemenz zu

Physisch und psychisch erschöpft – viele pflegende Angehörige berichten davon, dass der Pflegealltag deutliche Spuren in ihrem Leben hinterlässt. Gerade eine bestehende Kinderdemenz ist für Eltern eine große Herausforderung. Insbesondere dann, wenn die Kinder eine lückenlose Pflege benötigen. Neben den Pflegetätigkeiten können auch Verhaltensänderungen belastend sein – zeigt sich das eigene Kind plötzlich aggressiv, ist das für Eltern keine leichte Situation. Vor dem Hintergrund einer Pflegesituation ist es umso wichtiger, Auszeiten erleben zu dürfen und Angebote zu beanspruchen, die die Pflege und den Beruf von Familienangehörigen besser vereinbaren.

Auch hier lässt Sie die Pflegekasse nicht alleine und unterstützt Sie mit folgenden Leistungen:

  • Tages- und Nachtpflege: Eine stundenweise Unterbringung in einer stationären Einrichtung, entweder tagsüber oder nachts, gelingt mit der Tages- und Nachtpflege. Mit dem Entlastungsangebot der Pflegekasse können Sie beispielsweise tagsüber wichtige Termine wahrnehmen. Das Budget dafür steuert die Pflegekasse bei.
  • Kurzzeitpflege: Wie der Name bereits verrät, handelt es sich dabei um eine zeitlich befristete Pflege, die in dem Fall in einer stationären Einrichtung erfolgt. Das Budget für die Kurzzeitpflege kann beispielsweise dann notwendig sein, wenn die Pflegebedürftigkeit sehr plötzlich eintritt oder Ihr Kind nach einem operativen Eingriff eine intensive Pflege benötigt.
  • Verhinderungspflege: Wenn Sie aufgrund einer Erkrankung oder einer dringend benötigten Auszeit die Pflege Ihres Kindes vorübergehend nicht sicherstellen können, greifen Sie am besten auf die Verhinderungspflege, auch als Ersatzpflege bezeichnet, zurück. In dem Fall können sich beispielsweise Bekannte oder Nachbarn um Ihren Nachwuchs kümmern.
  • Betreuungs- und Entlastungsleistungen: Ein Budget in Höhe von 125 Euro pro Monat steht Ihnen für ausgewählte Betreuungsangebote und Unterstützungsleistungen, zum Beispiel in Form einer Haushaltshilfe, zur Verfügung. Damit ist diese Leistung der Pflegekasse zweckgebunden.

Entlastungsleistungen auf einen Blick

Pflegegrad
Tages- und Nachtpflege
Kurzzeitpflege
Verhinderungspflege
Entlastungsbetrag
1 0 € 0 € 0 € 125 €
2 689 € 1774 € 1612 € 125 €
3 1298 € 1774 € 1612 € 125 €
4 1612 € 1774 € 1612 € 125 €
5 1995 € 1774 € 1612 € 125 €

Tabelle 4: Übersicht Entlastungsleistungen. Quelle: eigene Darstellung

Gut zu wissen!

In den Medien haben Sie bestimmt von dem viel diskutierten Entlastungsbudget gehört. Die meisten Pflegebedürftigen haben erst im Jahr 2025 darauf Zugriff. Sollte Ihr Kind Pflegegrad 4 oder Pflegegrad 5 besitzen, können Sie jedoch das vorgezogene Entlastungsbudget (3.386 Euro) beanspruchen.

Kinderdemenz: Leistungen für Anpassungen in der Wohnung/dem Haus

In einer Pflegesituation ist es stets wichtig, zu überprüfen, welche Anpassungen die Pflege erleichtern. Das können verschiedene Materialien oder eine barrierefreie Umgestaltung des Wohnraums sein. Hier hilft Ihnen die Pflegekasse mit den sogenannten wohnumfeldverbessernden Maßnahmen und der Pflegehilfsmittelpauschale aus.

  • Pflegehilfsmittelpauschale: Bei der Pflege Ihres Kindes stellen Sie immer wieder fest, dass Hygiene eine besondere Rolle spielt. Sie sorgt nicht nur für ein gutes Wohlbefinden, sondern kann auch Infektionen Die Pflegekasse stellt Ihnen für ein hygienisches Pflegeumfeld monatlich 40 Euro als Zuschuss bereit. Mit den Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch wie Desinfektionsmitteln, Bettschutzeinlagen, Einmalhandschuhen oder Masken können Sie Ihr Kind situationsgerecht versorgen.
  • Budget für die Wohnraumanpassung: Bei einem Pflegebedarf ist eine barrierefreie Wohnumgebung ein Mittel, um die Pflege zu erleichtern und die Selbstständigkeit von Betroffenen zu erhöhen. Wenn Ihr Kind einen Pflegegrad mitbringt, kann die Pflegekasse einzelne Maßnahmen mit bis zu 4000 Euro bezuschussen.

FAQ: Häufige Fragen zum Pflegegrad bei Kinderdemenz