Das Herz schlägt schnell, die Augen weiten sich – Angst ist ein wichtiger Überlebensmechanismus. Durch Angst herrscht Alarmbereitschaft im Körper, er kann so schnell in Gefahrensituationen reagieren. Gewisse Angstgefühle oder Sorgen bewahren Menschen auch davor, unüberlegte Entscheidungen zu treffen. Scheinen die Angstgefühle aber übermächtig und reduzieren die Lebensqualität nachhaltig, kann eine Angststörung vorliegen. Beeinflusst die Erkrankung die Selbstständigkeit im Alltag, ist es sinnvoll, einen Pflegegrad bzw. eine Höherstufung zu beantragen.

Wir erklären Ihnen, wann Menschen mit einer Angststörung ein Pflegegrad zusteht und von welchen Pflegekassenleistungen sie profitieren.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Angststörung kann zu einer Einschränkung der Selbstständigkeit und damit zu einer Pflegebedürftigkeit führen.
  • Die Pflegekasse stellt Versicherten bei einem vorliegenden Pflegegrad verschiedene Unterstützungsleistungen zur Verfügung.
  • Bei einer Angststörung können Pflegebedürftige beispielsweise Pflegegrad 1 oder Pflegegrad 2 erhalten – in Kombination mit anderen Erkrankungen erhöht sich der Pflegegrad häufig.
  • Menschen mit einer Angststörung können, je nach vorliegendem Pflegegrad, Pflegesachleistungen, Pflegegeld und andere Angebote beanspruchen.

Was sind Angststörungen?

Jeder Mensch erlebt ab und zu Angstgefühle. Werden sie jedoch zu einem ständigen Begleiter und schränken den Alltag dauerhaft ein, spricht das für eine Angststörung. Betroffene empfinden auch in objektiv harmlosen Situationen starke Angst, zum Beispiel in geschlossenen Räumen oder in Anwesenheit einer Spinne. Menschen mit einer Angststörung beschreiben tiefgreifende reale Ängste, die mit psychischen und körperlichen Beschwerden, wie einem Engegefühl in der Brust, Herzrasen oder Schwitzen, einhergehen. Mediziner unterscheiden verschiedene Angststörungen wie eine generalisierte Angststörung, spezifische phobische Störungen (Höhenangst, Angst vor Gewitter) oder Panikattacken und Panikstörungen. Zu den Ursachen einer Angststörung zählen eine genetische Veranlagung, traumatische Erlebnisse oder bestehende psychische oder körperliche Erkrankungen.

Sind Menschen mit Angststörungen pflegebedürftig?

Hierzulande besitzen etwa 10-14 % der Menschen eine behandlungsbedürftige Angststörung. Doch längst nicht alle Patienten haben aufgrund dessen einen Pflegegrad. Eine Pflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegekasse setzt voraus, dass die Selbstständigkeit über voraussichtlich mindestens sechs Monate hinweg und in einem bestimmten Maße eingeschränkt sein muss. Viele Betroffene können mit der Angststörung unter Zuhilfenahme therapeutischer Angebote im Alltag soweit zurechtkommen, dass sie keine pflegerische Hilfe benötigen. Andere hingegen können ihren Alltag ohne die Unterstützung ihres Umfelds nicht bewältigen, zum Beispiel, weil die Angststörung den wöchentlichen Einkauf und die alleinige Gestaltung der Freizeitaktivitäten unmöglich macht. In diesem Fall kann die Pflegekasse eine Pflegebedürftigkeit feststellen.

Gut zu wissen!

Wann es bei Angststörungen zu einer Pflegebedürftigkeit kommt und wie ausgeprägt der Pflegegrad dann ist, können Pflegebedürftige, Angehörige und selbst Mediziner nicht voraussehen. Daher sind regelmäßige Kontrollen und ein wachsames Auge der Angehörigen wichtig.

 

Pflegegrad bei Angststörungen: Nutzen Sie unseren digitalen Begleiter für eine präzise Analyse

Erfahren Sie mit unserem kostenlosen Pflegebegleiter von DeinePflege mehr über die nächsten Schritte auf Ihrer Pflegereise. Welche Leistungen kommen für Sie persönlich infrage?

Jetzt die nächsten Schritte auf Ihrer Pflegereise planen

Angststörungen und Pflegebedarf: Wie beeinflusst die Erkrankung den Pflegebedarf?

Viele Menschen entwickeln erst im Laufe ihres Lebens eine Angststörung. Eine Rolle können hier Erkrankungen des Nervensystems, Atemwegs- oder Schilddrüsenerkrankungen spielen. Auch ein Ungleichgewicht im Hormonhaushalt oder Erkrankungen, die das Leben aus den Fugen geraten lassen, wie ein Schlaganfall oder ein Krebsleiden, können an der Entstehung beteiligt sein. Manchmal ist eine Angststörung also die Folge oder ein Begleiter bestehender Erkrankungen, für die womöglich bereits ein Pflegegrad besteht. Der Einfluss von Angststörungen auf den Pflegebedarf stellt sich meist anders dar als bei körperlichen Einschränkungen. Die klassischen Pflegemaßnahmen wie Unterstützung bei der Essensaufnahme, Hilfe bei der Körperpflege oder Begleitung bei der Mobilität sind weniger gefragt. Stattdessen drückt sich die Pflegebedürftigkeit dadurch aus, dass Betroffene nicht in der Lage sind, ihren Alltag selbstständig zu gestalten.4

Der Alltag kann sich durch eine Angststörung folgendermaßen verändern:

  • Betroffene sind nicht dazu imstande, bestimmte Erledigungen zu machen, zum Beispiel einzukaufen.
  • Der Pflegebedürftige nimmt ohne Unterstützung keine Termine außerhalb der Wohnung wahr, zum Beispiel beim Arzt oder im Sanitätshaus.
  • In angstbehafteten Situationen können Betroffene ausgeprägte Angstgefühle entwickeln, bis hin zu Panikattacken.
  • Pflegebedürftige ziehen sich aus ihrem Umfeld zurück, lieb gewonnene Hobbys werden zurückgestellt.

Auch wenn psychische Erkrankungen in der Gesellschaft heute auf eine bessere Akzeptanz stoßen, empfinden viele Menschen sie noch immer als stigmatisierend. Damit Ihr Angehöriger Ihnen aus Scham keine Beschwerden verschweigt, suchen Sie bei Hinweisen, wie einem sozialen Rückzug, am besten das Gespräch – seien Sie dabei einfühlsam und verständnisvoll.

Pflegegrad bei Angststörungen: Voraussetzungen und Einstufung

Führen Angststörungen zu einer Pflegebedürftigkeit oder erhöhen sie die Ausprägung der Pflegebedürftigkeit, können Betroffene sich Unterstützung in Form von Pflegekassenleistungen zur Seite holen. Mit den Pflegesachleistungen ist es beispielsweise möglich, einen ambulanten Pflegedienst zu beauftragen. Für die Inanspruchnahme der Pflegekassenleistungen müssen Pflegebedürftige jedoch einen Pflegegrad, früher Pflegestufe, besitzen. Der Pflegegrad spiegelt das Ausmaß der Pflegebedürftigkeit wider und sorgt für eine gerechte Verteilung der Unterstützungsangebote. Da Pflegesituationen teilweise komplex sind, gelingt so eine maßgeschneiderte Lösung für jeden Versicherten.

Pflegegrad bei Angststörungen: Voraussetzungen

Psychische Erkrankungen wie eine Depression oder eine Angststörung können genauso wie rein körperliche Erkrankungen in einem Pflegegrad münden. Damit die Pflegekasse einen entsprechenden Bescheid ausstellt, müssen jedoch verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein.

Dazu gehören:

  • Betroffene müssen in den letzten zehn Jahren über zwei Jahre hinweg oder länger Beiträge in die Pflegeversicherung eingezahlt haben. Alternativ waren sie mit einer Familienversicherung abgedeckt.
  • Die Selbstständigkeit von Betroffenen ist eingeschränkt, was dazu führt, dass sie Unterstützung aus dem Umfeld benötigen.
  • Der Pflegebedarf besteht voraussichtlich über mindestens sechs Monate oder permanent.

Ob Versicherte die Voraussetzungen erfüllen, prüft die Pflegekasse gemeinsam mit dem Medizinischen Dienst.

Kann man bei Angststörungen eine Pflegestufe (Pflegegrad) beantragen?

Viele Pflegebedürftige und Angehörige sind zurückhaltend, wenn es um die Beantragung eines Pflegegrads bei Angststörungen geht – dabei haben grundsätzlich alle Menschen Anspruch auf einen Pflegegrad, sofern die Selbstständigkeit eingeschränkt ist. Bis zum Jahr 2017 war die Ausgangssituation für Menschen mit psychischen Erkrankungen mit Blick auf Pflegekassenleistungen deutlich schwieriger. Das lag daran, dass vornehmlich körperliche Einschränkungen berücksichtigt wurden – besaßen Personen keine körperlichen Gebrechen, aber psychische Beschwerden, gingen sie weitestgehend leer aus. Heute sieht die Pflegekasse auch bei psychischen Beschwerden einen Pflegegrad vor, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind.

Welcher Pflegegrad bei Angststörungen?

Die Pflegekasse kann insgesamt fünf Pflegegrade verteilen – je ausgeprägter die Einschränkungen sind, desto höher fällt der Pflegegrad aus. Dieser ist nicht an eine bestimmte Erkrankung geknüpft, sondern richtet sich nach dem Ausmaß der Hilfsbedürftigkeit. Menschen mit einer Angststörung erhalten, bei Erfüllung der Voraussetzungen, meist Pflegegrad 1 oder Pflegegrad 2. Bestehen noch andere Erkrankungen oder gesellen sich diese mit der Zeit dazu, kann der Pflegebedarf ansteigen – Betroffene können dann auch Pflegegrad 3, Pflegegrad 4 oder Pflegegrad 5 aufweisen.

Ausprägung der Angststörung
Typische Beschwerden
Möglicher Pflegegrad
Leichte bis mittelschwere Ausprägung Betroffene empfinden Angst ohne reale Bedrohung, sie sind nicht dazu in der Lage, den Zustand durchBewältigungsstrategien zu entschärfen. Es zeigen sich körperliche Beschwerden wie Herzrasen, Engegefühl in der Brust und Zittern. 1-2
Starke Ausprägung, gegebenenfalls
in Kombination mit anderen Erkrankungen
Neben den oben stehenden Beschwerden kommt eine ausgeprägte Erwartungsangst hinzu, die den Pflegebedürftigen „lähmt“. Pflegebedürftige zeigen ein Rückzugs- und Vermeidungsverhalten (Betroffene ziehen sich aus dem Alltag zurück). 3, ggf. 4-5

Tabelle 1: Eigene Darstellung in Anlehnung an: 20100810192724_angsterkrankungen.pdf (internisten-im-netz.de)

Pflegegrad bei Angststörungen beantragen

Wenn Pflegebedürftige Leistungen der Pflegekasse beanspruchen möchten, müssen sie zuvor einen Pflegegrad beantragen – durch ihn sind Versicherte entsprechend eingestuft und empfangsberechtigt. Auch wenn im Hintergrund viele Maßnahmen getroffen werden müssen, um einen Pflegegrad festzusetzen, ist der eigentliche Antrag sehr einfach gestaltet.

Wann sollte ich einen Pflegegrad bei Angststörungen beantragen?

Im Gegensatz zu körperlichen Beschwerden zeigen sich psychische Leiden häufig nicht offenkundig – pflegende Angehörige bemerken, dass irgendwas nicht stimmt, können die Symptome aber nicht zuordnen. Genau deshalb ist es wichtig, dass Familienmitglieder auf ungewöhnliche Verhaltensweisen achten und den Angehörigen bei Bedarf zu einem Arzttermin motivieren. Ist die Diagnose gestellt, ist es wichtig, auf einen möglichen Pflegebedarf zu achten oder darauf, wie sich eine bestehende Pflegebedürftigkeit möglicherweise verändert. Stellen Sie bei Ihrem Angehörigen beispielsweise fest, dass eine normale Lebensführung durch die Erkrankung nicht mehr möglich ist, bietet es sich an, einen Pflegegrad zu beantragen.

Lohnt sich ein Pflegegrad bei Angststörungen?

Liegt eine Pflegebedürftigkeit vor, lohnt sich ein Pflegegrad in jedem Fall. Schließlich ist er die Voraussetzung für die Inanspruchnahme zahlreicher Pflegekassenleistungen. Selbst wenn Ihr Angehöriger „nur“ Pflegegrad 1 erhält, können alle Beteiligten dadurch eine spürbare Entlastung erfahren. Das gelingt beispielsweise mit dem Budget für Pflegehilfsmittel zum Verbrauch oder dem Entlastungsbetrag.

Was sind Anzeichen für eine Pflegebedürftigkeit bei Angststörungen?

Es gibt einige Anzeichen, die auf eine Pflegebedürftigkeit infolge von Angststörungen hinweisen. Die Hinweise dienen zur Orientierung, die eigentliche Beurteilung übernimmt nach der Antragstellung der Medizinische Dienst, dazu später mehr.

Folgendes deutet bei psychischen Erkrankungen wie Angststörungen auf eine Pflegebedürftigkeit hin:

  • Betroffene können durch ihre Erkrankung und die damit einhergehende Angst nicht mehr alleine wohnen.
  • Erkrankte schaffen es nicht mehr, ihren Alltag alleine zu bewältigen, beispielsweise einkaufen zu gehen oder den Haushalt zu erledigen.
  • Betroffene vernachlässigen soziale Kontakte und sind gesellschaftlich nicht mehr aktiv.
  • Die Erkrankung hat schwerwiegende Folgen für die Versorgung: Pflegebedürftige verschmähen das Essen oder kümmern sich nicht mehr um ihre Körperpflege.

So beantragen Sie einen Pflegegrad bei Angststörungen

Die Pflegekasse kümmert sich um (fast) alles, was die Pflege betrifft. Dazu gehört auch ein Antrag auf einen Pflegegrad. In wenigen Schritten kann Ihr Angehöriger die Pflegebedürftigkeit durch einen Pflegegrad bestätigt bekommen.

Pflegegrad bei Angststörungen: Schritt-für-Schritt-Anleitung

Die Pflegegrad-Beantragung ist simpel – dafür ist nur ein Formular nötig. Nach dem Eintreffen hat die Pflegekasse 25 Arbeitstage Zeit, um über den Pflegegrad zu entscheiden.

Schritt 1 – Suchen Sie sich das richtige Formular heraus: Die Pflegekasse stellt verschiedene Formulare bereit, um Leistungen wie die Verhinderungspflege zu beantragen. Noch bevor Ihr Angehöriger aber einen spezifischen Antrag auf Leistungen stellen kann, ist die Zuteilung eines Pflegegrads nötig – auch hierfür steht ein Formular bereit. Halten Sie auf der Webseite Ausschau nach dem „Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung“. Alternativ können Sie die Pflegekasse um Zusendung des Formulars bitten.

Schritt 2 – Füllen Sie das Formular mit Angaben: Das Formular fragt einige Informationen ab. Neben persönlichen Angaben erkundigt sich die Pflegekasse, wer die Pflege zukünftig übernimmt und ob zeitgleich Pflegesachleistungen beantragt werden sollen. Am Ende befindet sich ein Unterschriftsfeld – nur mit der nötigen Unterschrift kann der Antrag bearbeitet werden. Nach dem Ausfüllen senden Sie das Formular einfach an die zuständige Pflegekasse, die bei der Krankenkasse angesiedelt ist.

Schritt 3 – Warten Sie auf eine Kontaktaufnahme: Sobald der Antrag bei der Pflegekasse eingegangen und bearbeitet ist, beauftragt diese den Medizinischen Dienst mit der Pflegebegutachtung. Sie hat das Ziel, die verbliebende Selbstständigkeit festzustellen – das gelingt im häuslichen Umfeld. Keine Sorge, der Gutachter kommt nicht ohne Vorankündigung vorbei, zuvor erhält Ihr Angehöriger einen Anruf zur Terminkoordinierung.

Schritt 4 – Sichten Sie den Pflegekassen-Bescheid: Die Pflegekasse ist um eine schnelle Rückmeldung bemüht. Spätestens nach 25 Arbeitstagen erhalten Antragsteller Post, das ist gesetzlich geregelt. Der beiliegende Bescheid informiert Ihren Angehörigen über einen eventuell vorliegenden Pflegegrad. Nun steht es Pflegebedürftigen frei, Leistungen zu beanspruchen, die für den jeweiligen Pflegegrad vorgesehen sind.

Schritt 5 – Legen Sie bei Bedarf Widerspruch ein: Sie sind der Ansicht, dass der Pflegegrad nicht die tatsächliche Situation widerspiegelt? Antragstellern steht es zu, einen Widerspruch bei der Pflegekasse einzureichen. Doch Achtung: Für den Widerspruch, der schriftlich erfolgen muss, haben Sie nur einen Monat Zeit.

Höheren Pflegegrad bei Angststörungen beantragen

Eine Angststörung muss nicht zwangsläufig zunehmen. Mit der richtigen Therapie kann es gelingen, Beschwerden in den Griff zu bekommen. Verschlimmern sich bereits bestehende Erkrankungen, kommen neue hinzu oder löst der Alterungsprozess weitere Beschwerden aus, kann der Pflegebedarf steigen. Bemerken Sie einen Mehraufwand in einem oder verschiedenen Lebensbereichen können Sie bzw. Ihr Angehöriger einen sogenannten Höherstufungsantrag bei der Pflegekasse stellen. Auch hier ist der „Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung“ das richtige Formular. Allerdings setzen Sie das Kreuz diesmal bei der Option „Höherstufungsantrag“. Nun beginnt das bereits gewohnte Procedere erneut: die Pflegekasse prüft den Antrag, das Pflegegutachten erfolgt, anschließend bekommen Sie den Pflegegrad mitgeteilt.

Gut zu wissen!

Rutschen Sie in einen höheren Pflegegrad, stehen Ihnen mehr Leistungen zu. Das macht sich besonders bemerkbar, wenn zuvor Pflegegrad 1 bestand.

Kann ich einen Pflegegrad für meinen an Angststörungen erkrankten Angehörigen beantragen?

In der Regel sind Menschen mit Angsterkrankungen selbst in der Lage, ihre Formalitäten zu erledigen. Ist das aufgrund der psychischen Beschwerden oder anderer Erkrankungen nicht möglich, können Sie als Angehöriger den Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung ausfüllen. Wichtig ist hier, dass Sie dem Antrag eine Vollmacht bzw. Vorsorgevollmacht anfügen. Übrigens: Angehörige können vertretungsweise keinen Pflegegrad beantragen – die Leistungsberechtigung konzentriert sich stets auf den Pflegebedürftigen. Trotzdem erhalten pflegende Angehörige Entlastung durch die Pflegekasse, zum Beispiel mit dem Entlastungsbetrag, der Tages- und Nachtpflege oder dem Pflegegeld.

Pflegebegutachtung bei Angststörungen: Ablauf und Kriterien

Bevor die Pflegekasse einen Pflegegrad zuteilt, initiiert sie ein Verfahren, um die Einschränkung der Selbstständigkeit festzustellen. Dafür setzt sie auf einen verlässlichen Partner: den Medizinischen Dienst. Im Rahmen der Pflegebegutachtung prüfen Gutachter in insgesamt sechs Bereichen, wie viel Hilfe im Alltag erforderlich ist. Die Pflegebegutachtung klappt unkompliziert nach vorheriger Terminvereinbarung im häuslichen Umfeld. Der Grund für die Pflegebegutachtung beeinflusst nicht das Verfahren – so läuft der Termin bei einer bestehenden Multiple Sklerose genauso ab wie bei einer Angststörung. Folgende Tabelle zeigt Ihnen die Module, die bei dem Termin im Fokus stehen.

Modul
Modulbezeichnung Mögliche
Fragen/Themen
1 Mobilität Gibt es Einschränkungen in Bezug auf die Mobilität, beispielsweise das Treppensteigen?
2 Kognitive und kommunikative Fähigkeiten Klappt die Orientierung und die Kommunikation reibungslos?
3 Verhaltensweisen und psychische Problemlagen Welche Beschwerden löst die Angststörung aus, sozialer Rückzug, Stimmungsschwankungen?
4 Selbstversorgung Kann der Betroffene sich selbst versorgen, beispielsweise selbständig Körperhygiene betreiben und sich Nahrung zubereiten?
5 Umgang mit krankheits- und behandlungsbedingten Anforderungen Ist der Pflegebedürftige in der Lage, seine Medikamente ohne fremde Hilfe einzunehmen und Arzttermine einzuhalten?
6 Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte Kann der Pflegebedürftige trotz seiner Erkrankung seinen Alltag planen und soziale Kontakte pflegen?

Tabelle 2: Kriterien bei der Pflegebegutachtung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Pflegebegutachtung: Worauf muss ich achten? | gesund.bund.de und Das Begutachtungsinstrument | Pflegebedürftigkeit und Pflegebegutachtung | Medizinischer Dienst Bund (md-bund.de)

Den Modulen sind verschiedene Einzelkriterien zugeordnet – durch die Beurteilung der unterschiedlichen Kompetenzen können Gutachter den Pflegebedarf ermitteln. Um das Ergebnis sichtbar zu machen, sieht der Gutachter für die Kriterien eine Punkteanzahl vor. Am Ende ermittelt er so eine Gesamtpunkteanzahl, die den Pflegegrad verdeutlicht. Da manche Kriterien den Alltag stärker beeinflussen als andere sind die Module unterschiedlich gewichtet. Ein besonderes Augenmerk liegt darauf, wie gut sich Ihr Angehöriger selbst versorgen kann.

Der Gutachter prüft auch die Aktenlage

Vielen Menschen fällt es schwer, über ihre psychischen Beschwerden zu sprechen – aus Scham spielen sie ihre Hilfsbedürftigkeit manchmal herunter. Doch keine Sorge, Gutachter prüfen auch die Aktenlage, um ein möglichst vollständiges Bild zu erhalten. Sie können ihn bei seiner Arbeit unterstützen, indem sie Arztberichte, Entlassungsberichte und Medikamentenpläne bereit legen.

Angststörung: wie viele Punkte für welchen Pflegegrad?

Damit es eine klare Abgrenzung zwischen den Pflegegraden gibt, wird jedem von ihnen eine feste Punkteanzahl zugeordnet. Ihr Angehöriger kann den jeweiligen Pflegegrad also nur erreichen, wenn er bei der Pflegebegutachtung genügend Punkte erhalten hat.

  • Pflegegrad 1: 12,5 bis unter 27,0 Punkte
  • Pflegegrad 2: 27 bis unter 47,5 Punkte
  • Pflegegrad 3: 47,5 bis unter 70 Punkte
  • Pflegegrad 4: 70 bis unter 90 Punkte
  • Pflegegrad 5: 90 bis 100 Punkte

Welche Leistungen stehen mir bei einer Angststörung zu?

Benötigt Ihr Angehöriger aufgrund seiner Erkrankung eine medizinische Versorgung, ist die Krankenkasse der richtige Ansprechpartner. Wenn es hingegen um pflegerische Angelegenheiten geht, springt die Pflegekasse ein. Sie ermittelt in Zusammenarbeit mit dem Medizinischen Dienst die Pflegebedürftigkeit und stellt Unterstützungsangebote bereit.

Was zahlt die Pflegekasse bei Angststörungen?

Menschen mit einer Angststörung erhalten in der Regel eine häusliche Pflege. Hier kümmern sich meist pflegende Angehörige und/oder ein ambulanter Pflegedienst um die pflegerische Versorgung. Zwei zentrale Pflegekassenleistungen sind das Pflegegeld und die Pflegesachleistungen. Das Pflegegeld zahlt die Pflegekasse direkt an Pflegebedürftige aus – diese können den Betrag dann an pflegende Angehörige als eine Art Aufwandsentschädigung weitergeben. Die Pflegesachleistungen sind hingegen an einen bestimmten Zweck gebunden: Sie stehen ausschließlich für Dienstleistungen professioneller Pflegekräfte, sprich ambulanter Pflegedienste, zur Verfügung.

Sollte Ihr Angehöriger aufgrund anderer Erkrankungen eine vollstationäre Pflege benötigen, beteiligt die Pflegekasse sich hier an den Pflegekosten.

Achtung: Die Höhe vieler Pflegekassenleistungen wie Pflegegeld und Pflegesachleistungen orientiert sich an dem vorliegenden Pflegegrad.

Pflegegrad
Pflegegeld
Pflegesachleistungen
Vollstationäre Pflege
1 0 € 0 € 0 €
2 316 € 760 € 770 €
3 545 € 1431 € 1262 €
4 764 € 1778 € 1775 €
5 946 € 2200 € 2005 €

Tabelle 3: Übersicht finanzielle Leistungen für Pflegebedürftige. Quelle: eigene Darstellung

Wie können Patienten mit einer Angststörung eine Haushaltshilfe finanzieren?

Wiegen psychische Belastungen schwer, kann auch die Haushaltsführung zu einer großen Herausforderung werden. Für pflegende Angehörige stellt dies neben der Pflege eine zusätzliche Belastung dar. Die Beschäftigung einer Haushaltshilfe, die wäscht, einkauft und kocht, kann entscheidend zur Entlastung beitragen. Pflegebedürftige können den Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro pro Monat nutzen, um die Haushaltshilfe zu bezahlen. Auch das Pflegegeld steht dafür prinzipiell zur Verfügung.

Diese Entlastungsleistungen stehen Menschen mit Angststörungen zu

Ausgeprägte Ängste können den Alltag auf den Kopf stellen – Betroffene benötigen womöglich vorübergehend oder dauerhaft Unterstützung und Begleitung. Das gilt erst recht, wenn darüber hinaus körperliche Erkrankungen bestehen. Insbesondere pflegende Angehörige profitieren bei einer zeitintensiven Pflege von Unterstützungsleistungen – sie bringen Entlastung und sorgen für eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.

  • Budget für Tages- und Nachtpflege: Bei einer zeitintensiven Pflege bietet sich die Tages- und Nachtpflege Pflegebedürftige halten sich dabei für einige Stunden, entweder tagsüber oder nachts, in einer Pflegeeinrichtung auf. Die Pflegekasse beteiligt sich mit einem festen Budget, das sich an dem Pflegegrad orientiert.
  • Geld für die Kurzzeitpflege: Ihr Angehöriger muss vorübergehend stationär gepflegt werden, beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt oder weil Sie die Pflegeumgebung an neue körperliche Einschränkungen anpassen müssen? In dem Fall können Sie die Kurzzeitpflege beanspruchen – auch hier stellt die Pflegekasse ein festes Budget zur Seite.
  • Verhinderungspflege: Sie planen einen Urlaub, eine kurze Auszeit oder sind aufgrund einer Erkrankung verhindert? Keine Sorge, Sie haben die Möglichkeit, für Ihren Angehörigen die Verhinderungspflege zu beantragen. Mit dem Budget lässt sich dann eine Ersatzkraft arrangieren.
  • Budget für Betreuungs- und Entlastungsleistungen: Der Entlastungsbetrag ist, wie die Bezeichnung bereits verrät, als Entlastungsleistung vorgesehen. Mit dem zweckgebundenen Budget können Pflegebedürftige entweder an Betreuungsangeboten teilnehmen oder eine Haushaltshilfe beschäftigen.

Entlastungsleistungen auf einen Blick

Pflegegrad
Tages- und Nachtpflege
Kurzzeitpflege
Verhinderungspflege
Entlastungsbetrag
1 0 € 0 € 0 € 125 €
2 689 € 1774 € 1612 € 125 €
3 1298 € 1774 € 1612 € 125 €
4 1612 € 1774 € 1612 € 125 €
5 1995 € 1774 € 1612 € 125 €

Tabelle 4: Übersicht Entlastungsleistungen. Quelle: eigene Darstellung

Achtung! Die Pflegereform 2024 hat eine wichtige Änderung für Pflegebedürftige mit Pflegegrad 4 oder Pflegegrad 5, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, gebracht. Sie können im Jahr 2024 auf das vorgezogene Entlastungsbudget in Höhe von 3.386 Euro zurückgreifen. Das flexible Budget ist sowohl für die Kurzzeitpflege als auch für die Verhinderungspflege vorgesehen.

Gut zu wissen!

Personen mit einer Angststörung können unter Umständen einen Grad der Behinderung bekommen, mit denen sie bestimmte Nachteilsausgleiche erhalten. Einen entsprechenden Antrag stellt das Versorgungsamt zur Verfügung.

Angststörung: Leistungen für Anpassungen in der Wohnung/dem Haus

Grundsätzlich empfiehlt es sich, bei einer Pflegebedürftigkeit die Wohnumgebung kritisch zu hinterfragen: Gibt es Umbaumaßnahmen, die die Pflege erleichtern? Existieren Gefahrenquellen, die es zu vermeiden gilt? Bei einer alleinigen Angststörung müssen in der Regel keine Anpassungen in der Wohnung oder dem Haus erfolgen. Bestehen jedoch zusätzlich körperliche Einschränkungen, können folgende Maßnahmen sinnvoll sein:

  • Hausnotruf: Per Knopfdruck Hilfe verständigen? Das klappt mit einem Hausnotruf. Die Pflegekasse beteiligt sich mit 25,50 Euro pro Monat an einem Hausnotrufsystem.
  • Pflegehilfsmittelpauschale: Mit Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch wie Desinfektionsmittel, Bettschutzeinlagen, Einmalhandschuhe oder Masken können Sie das Pflegeumfeld im Handumdrehen an die pflegerischen Bedürfnisse anpassen. Hier steuert die Pflegekasse monatlich 40 Euro bei.
  • Wohnraumanpassung: Nimmt die Pflegebedürftigkeit durch körperliche Gebrechen zu, ist es sinnvoll, die Wohnumgebung „leichtgängiger“ zu gestalten. Die Pflegekasse stellt dafür bis zu 4000 Euro pro Einzelmaßnahme bereit, das kann beispielsweise eine ebenerdige Dusche sein.

FAQ: Häufige Fragen zum Pflegegrad bei Angststörung