Depressionen beeinflussen das Fühlen, Denken und Handeln von Betroffenen. Ihnen fehlt häufig der Antrieb und sie verfallen in tiefe Traurigkeit. Die Erkrankung kann darüber hinaus zu Störungen der Körperfunktionen führen und insgesamt einen hohen Leidensdruck verursachen. In der Regel gelingt es Menschen mit einer Depression nicht, sich alleine von den negativen Gedanken loszusagen. Eine Depression kann die Selbstständigkeit einschränken und somit eine Erklärung für einen Pflegegrad liefern.

Wir verraten Ihnen, unter welchen Umständen depressive Menschen einen Pflegegrad erhalten und wie Depressionen eine bestehende Pflegesituation verändern können. Außerdem geben wir Ihnen einen Überblick über Pflegekassenleistungen, die Betroffene im Alltag unterstützen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Depression kann eine Einschränkung der Selbstständigkeit nach sich ziehen.
  • Depressive Menschen benötigen unter Umständen Unterstützung bei der Alltagsgestaltung, Kommunikation und Selbstversorgung.
  • Stellt die Pflegekasse einen entscheidenden Hilfsbedarf fest, kann sie einen Pflegegrad zuteilen.
  • Menschen mit Depressionen können beispielsweise Pflegegrad 1 oder Pflegegrad 2 erhalten.
  • Pflegekassenleistungen wie Pflegesachleistungen oder Entlastungsleistungen helfen bei der Alltagsbewältigung.

Was sind Depressionen?

Depressionen zählen zu den affektiven Störungen, bei denen eine krankhafte Veränderung der Stimmung vorliegt. Bei einer Depression kommt es zu einem lange andauernden ausgeprägtem Stimmungstief. Die psychische Erkrankung verursacht ein breites Spektrum an Beschwerden. Klassischerweise leiden Betroffene unter einer gedrückten Stimmung, dem Verlust von Motivation und Interessen. Außerdem stellen sich oft zahlreiche körperliche Symptome ein – depressive Menschen finden häufig keinen Schlaf, haben einen reduzierten Appetit oder Schmerzen. Auslöser für eine Depression gibt es viele. Die psychische Erkrankung kann beispielsweise infolge von traumatischen Erlebnissen wie Missbrauch oder einschneidenden Erfahrungen wie einer Scheidung oder einem Verlust eines geliebten Menschen auftreten. Auch körperliche Umstände können Depressionen begünstigen – Hormonumstellungen während der Schwangerschaft oder Geburt können beispielsweise Grund für eine Depression sein.2 Von der Depression können depressive Verstimmungen abgegrenzt werden. Sie werden häufig durch akute Ereignisse wie Stress, Misserfolge oder Sorgen ausgelöst und dauern bis zu zwei Wochen an. Bei Depressionen spielen hingegen mehrere Faktoren eine Rolle – die Krankheitsepisoden dauern zudem deutlich länger an.

Gut zu wissen!

Bei Menschen, die das 65. Lebensjahr erreicht haben und Depressionen besitzen, wird häufig von einer sogenannten Altersdepression gesprochen.

Sind Menschen mit Depressionen pflegebedürftig?

Laut Schätzungen sind hierzulande etwa 5 % der Bevölkerung aktuell depressiv, also ungefähr vier Millionen Menschen. Auch wenn die Beschwerden bei einer Depression in der Regel sehr tiefgreifend sind, erfordern sie nicht immer eine Pflege. Menschen mit einer leichten Form der Depression spüren zwar Symptome, wie Niedergeschlagenheit, können ihren Alltag aber ohne fremde Hilfe bewältigen. Bei einer mittleren oder schweren Depression kann der Betroffene auf vereinzelte oder permanente Unterstützung angewiesen sein. Ihnen gelingt es womöglich nicht mehr, soziale Kontakte aufrecht zu erhalten. Außerdem können selbst die einfachsten Dinge im Alltag zu einem unüberwindbaren Hindernis werden. Therapieansätze wie die Verabreichung von Antidepressiva oder die Anwendung der kognitiven Verhaltenstherapie können Patienten stabilisieren. Inwieweit sie dann noch pflegebedürftig sind, ist sehr individuell und kann nicht vorausgesagt werden. Deshalb ist es wichtig, dass Sie das Wohlbefinden Ihres Angehörigen im Blick haben.

Depressionen und Pflegebedarf: Wie beeinflusst die Erkrankung den Pflegebedarf?

Eine Depression kann alleine auftreten oder gemeinsam mit anderen Erkrankungen bestehen. Manchmal ist sie auch Begleiterscheinung anderer körperlicher Beeinträchtigungen. So können Depressionen bei Diabetes, Demenz oder bei Parkinson auftreten. Menschen mit lebensbedrohenden Erkrankungen wie Krebs oder Amyotropher Lateralsklerose (ALS) können ebenfalls im Laufe ihrer Krankheitsgeschichte an Depressionen erkranken. In diesen Fällen kann sich sowohl der psychische als auch der körperliche Zustand auf den Pflegebedarf auswirken. Anders als gedacht, erfordert eine bestehende Depression aber nicht nur eine Unterstützung, um soziale Kontakte zu ermöglichen oder die Kommunikation aufrecht zu erhalten. Einige Betroffene lehnen in akuten Krankheitsphasen auch die Körperpflege oder Nahrungsaufnahme ab. Außerdem sind sie womöglich nicht mehr in der Lage, hauswirtschaftliche Tätigkeiten alleine zu erledigen. Kurzum: Eine Depression kann alleinig oder in Kombination mit anderen Erkrankungen, für die vielleicht schon ein Pflegegrad besteht, eine Selbstversorgung unmöglich machen.

So können Depressionen den Alltag verändern:

  • Der Betroffene ist nicht in der Lage, alleine aufzustehen und sich anzuziehen.
  • Der Pflegebedürftige schafft es nicht, wichtige Termine wie Arzttermine zu koordinieren und wahrzunehmen.
  • Der Betroffene zieht sich vollständig aus dem gesellschaftlichen Leben zurück und gibt alle sozialen Kontakte auf.
  • Der Pflegebedürftige hat oft keinen Appetit und verschmäht dann das Essen.
  • Der Betroffene kann selbst einfache Tätigkeiten im Haushalt, wie das Wäschewaschen oder Staubsaugen, nicht mehr bewältigen.
  • Der Antrieb zur Körperpflege, Mobilisation und Speisezubereitung lässt stark nach.

Gut zu wissen!

Bei bereits bestehenden Erkrankungen ist es manchmal schwer, die Anzeichen einer Depression einzuordnen. Bemerken Sie ein verändertes Verhalten, verliert Ihr Familienmitglied beispielsweise jegliches Interesse, suchen Sie am besten ein einfühlsames Gespräch. Die Abklärung sollte unbedingt beim Arzt stattfinden – als erster Ansprechpartner kommt der Hausarzt infrage.

Pflegegrad bei Depressionen: Voraussetzungen und Einstufung

Lösen Depressionen einen Pflegebedarf aus oder erhöhen sie diesen, ist es sinnvoll, zeitnah die Pflegekasse zu informieren. Erfüllen Betroffene die Voraussetzungen, kann die Pflegekasse ihnen einen entsprechenden Pflegegrad zuteilen und so verschiedene Leistungen verfügbar machen. Sie als pflegender Angehöriger profitieren dann indirekt beispielsweise von den Pflegesachleistungen. Mit dem dafür vorgesehenen Budget kann eine professionelle Pflegekraft (ambulanter Pflegedienst) beauftragt werden, die die Pflege anteilig oder vollständig übernimmt. Um die verschiedenen Angebote der Pflegekasse zu beanspruchen, benötigen Betroffene allerdings einen Pflegegrad. Er drückt die Einschränkung der Selbstständigkeit aus und sorgt so für eine bedarfsgerechte Verteilung der Leistungen. Ihr Angehöriger erhält somit genau die Unterstützungsangebote, die er zu Bewältigung des Alltags benötigt.

Pflegegrad bei Depressionen: Voraussetzungen

Psychische Erkrankungen wie eine Depression können einen Pflegebedarf hervorrufen und somit Grund für die Zuteilung eines Pflegegrads sein. Die Pflegekasse prüft eingehend, ob Antragsteller die Voraussetzungen erfüllen.

Folgende Voraussetzungen gelten für einen Pflegegrad:

  • Antragsteller müssen über mindestens zwei Jahre hinweg in den letzten zehn Jahren Beiträge an die Pflegeversicherung abgeführt haben – alternativ bestand eine Familienversicherung.
  • Die Selbstständigkeit ist nachvollziehbar und in einem für einen Pflegegrad vorgesehenen Ausmaß eingeschränkt.
  • Die Pflegebedürftigkeit besteht voraussichtlich über sechs Monate oder länger.

Wenn Sie mögen, können Sie als pflegender Angehöriger vorab prüfen, ob die Pflegeversicherungsbeiträge über den geforderten Zeitraum abgeführt wurden. Die medizinische Beurteilung obliegt jedoch Gutachtern, die im Auftrag des Medizinischen Dienstes handeln. Grundsätzlich gilt: Nach der Antragstellung müssen Sie sich um nichts weiter kümmern, die Pflegekasse übernimmt die weiteren Schritte.

Kann man bei Depressionen eine Pflegestufe (Pflegegrad) beantragen?

Noch immer hält sich die Ansicht hartnäckig, dass ein Pflegegrad nur für körperlich eingeschränkte Menschen vorgesehen ist. Dem ist allerdings nicht so. Mit der Einführung der Pflegegrade im Jahr 2017 werden neben körperlichen Beeinträchtigungen auch psychische Erkrankungen stärker berücksichtigt. Wer eine Einschränkung der Selbstständigkeit besitzt, kann prinzipiell einen Pflegegrad erhalten. Das kann auch auf Menschen mit Depressionen zutreffen.

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Welcher Pflegegrad bei Depressionen?

Die Pflegekasse ordnet Pflegebedürftigen einen von insgesamt fünf Pflegegraden zu. Dabei richtet sich der jeweilige Pflegegrad nicht nach der Erkrankung selbst, sondern nach dem Grad der Selbstständigkeit. So gibt es keinen speziellen Pflegegrad für Depressionen. Betroffene erhalten, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen, zumeist Pflegegrad 1 oder Pflegegrad 2. Bei schweren Verläufen in Kombination mit anderen bestehenden Erkrankungen sind auch Pflegegrad 3, Pflegegrad 4 oder Pflegegrad 5 möglich.

Verlauf der Depression
Typische Beschwerden
Möglicher Pflegegrad
Leichter bis mittelschwerer Verlauf Betroffene empfinden ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit und Niedergeschlagenheit. Bei mittelschwerer Ausprägung haben Patienten einen deutlicheren Leidensdruck – sie ziehen sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurück, haben kaum noch soziale Kontakte. 1-2
Schwerer Verlauf, gegebenenfalls in
Kombination mit anderen Erkrankungen
Neben den oben stehenden Beschwerden ist der Antrieb stark vermindert. Das wirkt signifikant auf das Alltagsleben aus. Die Haushaltsführung, die Körperpflege und die Nahrungszubereitung sind stark beeinträchtigt – Erkrankte können ihren Alltag ohne fremde Hilfe nicht mehr bewältigen. 3, ggf. 4-5 (bei Anwesenheit anderer Erkrankungen)

Tabelle 1: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Depressionen & depressive Verstimmungen | Symptome & Behandlung Wolfs Apotheke Bredstedt (wolfs-apotheke.de)

Pflegegrad bei Depressionen beantragen

Bevor Pflegebedürftige Zugriff auf Leistungen wie Pflegegeld oder Pflegesachleistungen erhalten, müssen sie einen Pflegegrad beantragen. Nach Erhalt eines Pflegegrads können Betroffene transparent nachvollziehen, welche Unterstützungsangebote ihnen zustehen. Keine Sorge, das Antragsverfahren gestaltet sich sehr einfach und ist in wenigen Minuten erledigt.

Wann sollte ich einen Pflegegrad bei Depressionen beantragen?

Egal, ob es sich um psychische oder körperliche Einschränkungen handelt: Einen Antrag auf einen Pflegegrad sollten Pflegebedürftige oder vertretungsweise pflegende Angehörige immer dann stellen, wenn die Selbstständigkeit beeinträchtigt ist. Damit gehen sie sicher, dass genügend Unterstützung für die Bewältigung des Alltags und die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte zur Verfügung steht. Noch immer sind psychische Erkrankungen teilweise mit einem gewissen Schamgefühl behaftet – womöglich spricht Ihr Angehöriger nicht offenkundig über seine tiefe Traurigkeit mit Ihnen. Stellen Sie Verhaltensänderungen fest, lässt sich Ihr Angehöriger in Ihren Augen beispielsweise zunehmend gehen, kann eine Depression dahinterstecken. Bitte denken Sie daran: Eine Depression ist eine Erkrankung, Betroffene sind nicht faul! Motivieren Sie Ihren Angehörigen im Bedarfsfall dazu, einen Mediziner aufzusuchen.

Lohnt sich ein Pflegegrad bei Depressionen?

Insbesondere dann, wenn die rein körperlichen Einschränkungen gering sind, fragen sich Erkrankte und Angehörige, was ein Pflegegrad bei Depression bringen kann. Seien Sie jedoch versichert, dass ein zugesprochener Pflegegrad in jedem Fall Vorteile bietet. Selbst mit Pflegegrad 1 erhalten Betroffene viele wertvolle Unterstützungsleistungen wie Pflegehilfsmittel zum Verbrauch, den Entlastungsbetrag oder eine Pflegeberatung.

Was sind Anzeichen für eine Pflegebedürftigkeit bei Depressionen?

Depressive Menschen sind nicht automatisch pflegebedürftig. Ein mittlerer und schwerer Verlauf kann jedoch die körpereigenen Fähigkeiten insoweit einschränken, dass eine normale Alltagsführung nicht mehr möglich ist. Die eingehende Beurteilung übernimmt der Medizinische Dienst im Anschluss an die Antragstellung.

Sie möchten vorab in Erfahrung bringen, was auf eine Pflegebedürftigkeit bei Depressionen hindeutet?

Dazu zählt Folgendes:

  • Betroffene sind offenkundig mit dem Haushalt überfordert, die Wäsche stapelt sich, das Geschirr wird nicht abgespült, der Einkauf bleibt aus.
  • Ehemals heiß geliebten Hobbys gehen Betroffene nicht mehr nach, sie besuchen beispielsweise ihre Sportgruppe nicht mehr oder haben das Häkeln aufgegeben.
  • Betroffene scheinen unregelmäßig oder kaum noch zu essen, sie verlieren an Gewicht.
  • Die Körperpflege kommt offenkundig zu kurz, Pflegebedürftige tragen beispielsweise über viele Tage hinweg die gleichen Kleidungsstücke.
  • Termine, die für das Wohlbefinden wichtig sind, wie Arzttermine zur Vorsorge, werden nicht vereinbart oder eingehalten.
  • Verabredungen mit Freunden wird nicht mehr nachgegangen, Betroffene scheinen sozial isoliert zu sein.

So beantragen Sie einen Pflegegrad bei Depressionen

Die Pflegekasse ist der richtige Ansprechpartner, wenn es um Belange rund um das Thema Pflege geht. Hier können Pflegebedürftige auch einen Antrag auf einen Pflegegrad stellen. Wir verraten Ihnen, welche Schritte dafür notwendig sind.

Pflegegrad bei Depressionen: Schritt-für-Schritt-Anleitung

Mit nur einem Formular stellen Betroffene einen Antrag auf einen Pflegegrad. Keine Sorge, danach erwartet Sie kein endloses Verfahren – bereits nach 25 Arbeitstagen muss die Pflegekasse ihre Entscheidung mitteilen.

Schritt 1 – Richtiges Formular ausfüllen: Bei der Pflegekasse erhalten Sie eine Vielzahl an Formularen, zum Beispiel einen Antrag auf die Verhinderungspflege. Bevor sich Antragsteller jedoch konkreten Leistungen widmen können, müssen sie einen Pflegegrad erhalten. Das kann mit einem „Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung“ klappen. Ihr Angehöriger wird hier gebeten, persönliche Angaben und Informationen zur Pflegeübernahme mitzuteilen. Antragsteller haben übrigens die Möglichkeit, zeitgleich eine Vielzahl an Leistungen wie Pflegesachleistungen, Pflegegeld oder die vollstationäre Pflege zu beantragen. Nach dem vollständigen Ausfüllen wird das Formular einfach per Post an die Pflegekasse gesendet.

Schritt 2 – Warten Sie auf einen Termin: Die Pflegekasse beauftragt zur Ermittlung der verbliebenen Selbstständigkeit den Medizinischen Dienst. Dieser entsendet einen Gutachter in das häusliche Umfeld, um eine Pflegebegutachtung durchzuführen. Zuvor wird Ihr Familienmitglied zur Abstimmung eines passenden Termins kontaktiert.

Schritt 3 – Beschäftigen Sie sich mit dem Pflegekassen-Bescheid: Antragsteller werden nach spätestens 25 Arbeitstagen von der Pflegekasse über den Pflegegrad informiert. Mit Erhalt des Bescheids hat Ihr Angehöriger das Recht, von Leistungen zu profitieren, die für den jeweiligen Pflegegrad vorgesehen sind. Achtung: Sind Antragsteller der Ansicht, dass der Pflegegrad nicht die tatsächliche Pflegesituation widerspiegelt, können sie einen Widerspruch einlegen. Dieser muss innerhalb eines Monats schriftlich bei der Pflegekasse eintreffen.

Höheren Pflegegrad bei Depressionen beantragen

Wenn Ihr Angehöriger einen Pflegegrad erhalten hat, bleibt dieser in seiner Höhe nicht zwangsläufig unverändert. Eine Depression kann in ihrer Schwere grundsätzlich zunehmen. Außerdem können Alterungsprozesse, voranschreitende Erkrankungen oder hinzukommende Krankheiten den Pflegebedarf erhöhen. Ist das der Fall, bietet es sich an, einen Höherstufungsantrag bei der Pflegekasse zu stellen. Das gelingt ganz unkompliziert mit dem „Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung“, bei dem Sie nun das Kreuz bei der Option „Höherstufungsantrag“ setzen. Um abschätzen zu können, wie sehr die Selbstständigkeit nun eingeschränkt ist, erfolgt erneut eine Pflegebegutachtung. Das Ergebnis kann ein höherer Pflegegrad sein. Bemerkbar macht sich das vor allem dann, wenn Pflegebedürftige zuvor Pflegegrad 1 hatten und nun Pflegegrad 2 oder höher – ihnen steht nun ein weitaus größeres Maßnahmenpaket zur Verfügung.

Kann ich einen Pflegegrad für meinen depressiven Angehörigen beantragen?

Depressive Menschen können sich auch von kleinen Aufgaben im Alltag überwältigt zeigen. Unter Umständen gelingt es ihnen nicht, Anträge selbstständig auszufüllen. Stehen Sie Ihrem Angehörigen dafür bestenfalls zur Verfügung und helfen Sie bei den Angaben. Sollte das Ausfüllen dennoch nicht klappen, können Sie das mit einer Vollmacht bzw. Vorsorgevollmacht stellvertretend erledigen – legen Sie hier die Vollmacht als entsprechenden Nachweis bei. Für sich selbst können Sie keinen Pflegegrad beanspruchen. Doch keine Sorge, auch Sie erhalten Entlastung im Alltag, beispielsweise durch den Entlastungsbetrag, der Tages- und Nachtpflege oder dem Pflegegeld.

Pflegebegutachtung bei Depressionen: Ablauf und Kriterien

Die Pflegebegutachtung ist gewissermaßen das Herzstück bei der Ermittlung des Pflegegrads. Kommt der Gutachter des Medizinischen Dienstes zu Ihrem Angehörigen nach Hause, steht die Beurteilung der Selbstständigkeit auf dem Plan. In insgesamt sechs Bereichen (Module) stellt der Gutachter den Hilfsbedarf fest. Hier geht es beispielsweise um die Mobilität, die Gestaltung des Alltagslebens und die Kommunikation. Bei depressiven Menschen sind die Module 3 (Verhaltensweisen und psychische Problemlagen), 4 (Selbstversorgung), 5 (Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen) und 6 (Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte) besonders von Interesse.

Modul
Modulbezeichnung Mögliche
Fragen/Themen
1 Mobilität Gibt es Einschränkungen (ausgelöst durch andere Erkrankungen) bei der Mobilität wie dem Treppensteigen?
2 Kognitive und kommunikative Fähigkeiten Ist der Pflegebedürftige in der Lage, sich zu orientieren und zu kommunizieren?
3 Verhaltensweisen und psychische Problemlagen Gibt es Stimmungsschwankungen oder Anzeichen von sozialem Rückzug?
4 Selbstversorgung Ist der Betroffene imstande, sich selbst zu versorgen, sich beispielsweise Mahlzeiten zuzubereiten oder Körperhygiene zu betreiben?
5 Umgang mit krankheits- und behandlungsbedingten Anforderungen Klappt die eigenständige Einnahme von Medikamenten und die Inanspruchnahme von Arztterminen?
6 Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte Ist der Betroffene trotz der Depression in der Lage, soziale Kontakte aufrecht zu erhalten und den Alltag umfänglich zu planen?

Tabelle 2: Kriterien bei der Pflegebegutachtung. Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an Pflegebegutachtung: Worauf muss ich achten? | gesund.bund.de und Das Begutachtungsinstrument | Pflegebedürftigkeit und Pflegebegutachtung | Medizinischer Dienst Bund (md-bund.de)

Die Module sind mit verschiedenen Einzelkriterien „bestückt“ – so erhalten Gutachter einen möglichst umfassenden Eindruck von der verbliebenen Selbstständigkeit und dem Hilfsbedarf. Für eine korrekte Abbildung sorgen Punkte, die den Kriterien zugeordnet werden. Am Ende ergibt sich eine Gesamtpunkteanzahl, die den späteren Pflegegrad begründet. Achtung: Die Selbstversorgung ist bei der Pflegebegutachtung besonders stark gewichtet und kann bei Depressionen eingeschränkt sein. Unter anderem deshalb können Menschen mit Depressionen einen Pflegegrad erhalten.

Gut zu wissen!

Viele Angehörige sorgen sich, dass der Antragsteller sich aus Scham „verstellt“ oder seine Beschwerden nicht offen kommuniziert. Der Gutachter lässt in die Beurteilung aber nicht nur Gesprächsinhalte miteinfließen, sondern prüft auch die Aktenlage. Am besten legen Sie entscheidende Dokumente wie Entlassungsberichte oder Medikamentenpläne im Vorfeld bereit.

Depressionen: wie viele Punkte für welchen Pflegegrad?

Die bei der Pflegebegutachtung erworbenen Punkte führen zu einem Pflegegrad – hier gibt es eine klare Abgrenzung.

  • Pflegegrad 1: 12,5 bis unter 27,0 Punkte
  • Pflegegrad 2: 27 bis unter 47,5 Punkte
  • Pflegegrad 3: 47,5 bis unter 70 Punkte
  • Pflegegrad 4: 70 bis unter 90 Punkte
  • Pflegegrad 5: 90 bis 100 Punkte

Welche Leistungen stehen mir bei einer Depression zu?

Depressive Menschen kennen aus ihrer Behandlung bereits einen wichtigen Kostenträger: die Krankenkasse. Sie übernimmt beispielsweise die Kosten für die Termine beim Psychiater oder für notwendige Medikamente. Ergibt sich ein Pflegebedarf, kann die Pflegekasse als Kostenträger hinzukommen. Sie stellt ein breites Angebot an Leistungen zur Verfügung.

Was zahlt die Pflegekasse bei Depressionen?

Depressive Menschen werden von Angehörigen meist im Rahmen der häuslichen Pflege versorgt. Sie bleiben also in ihrem gewohnten Umfeld und erhalten dort Unterstützung. Ein wertvolles Angebot für die häusliche Pflege ist das Pflegegeld, das direkt an Pflegebedürftige ausgezahlt wird. Sie können über den Betrag frei verfügen, geben es aber meist als kleine Aufmerksamkeit an pflegende Angehörige weiter. Ein weiteres wichtiges Angebot sind die Pflegesachleistungen. Sie sind für professionelle Pflegetätigkeiten durch einen ambulanten Pflegedienst vorgesehen. Ist eine vollstationäre Pflege aufgrund von gleichzeitig bestehenden Erkrankungen nötig, können Sie auch hier auf die Pflegekasse zählen. Sie beteiligt sich mit einem festen Budget an den entstehenden Pflegekosten. Wie Sie der folgenden Tabelle entnehmen können, bemisst sich die Höhe der Leistungen an dem vorliegenden Pflegegrad.

Pflegegrad
Pflegegeld
Pflegesachleistungen
Vollstationäre Pflege
1 0 € 0 € 0 €
2 316 € 760 € 770 €
3 545 € 1431 € 1262 €
4 764 € 1778 € 1775 €
5 946 € 2200 € 2005 €

Tabelle 3: Übersicht finanzielle Leistungen für Pflegebedürftige. Quelle: eigene Darstellung

Wie können Patienten mit einer Depression eine Haushaltshilfe finanzieren?

Kommen Tätigkeiten im Haushalt aufgrund der psychischen Erkrankung zum Erliegen, kann es sinnvoll sein, eine Haushaltshilfe zu beschäftigen – das trägt auch zur Entlastung der pflegenden Angehörigen bei. Für die Finanzierung kann Ihr Angehöriger den Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro monatlich einplanen oder das Pflegegeld nutzen. Sie können eine Haushaltshilfe auch steuerlich geltend machen. Lassen Sie sich für nähere Auskünfte am besten bei Ihrem Steuerberater beraten.

Diese Entlastungsleistungen stehen Menschen mit Depressionen zu

Entlastungsleistungen können sowohl Pflegebedürftigen als auch pflegenden Angehörigen zugutekommen. Wenn die Depressionen sehr ausgeprägt sind, kann das eine zeitintensive Pflege bedeuten, die, auch psychisch, nicht spurlos an Familienmitgliedern vorbeigeht. Die Pflegekasse unterstützt regelmäßige Auszeiten und eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf.

Dafür eignen sich folgende Leistungen:

  • Tages- und Nachtpflege: Tritt die Depression beispielsweise in Kombination mit einer Demenz auf, kann eine Tages- und Nachtpflege sinnvoll sein. Versicherte verbringen dabei einige Stunden während des Tages oder nachts in einer Pflegeeinrichtung. Angehörige können in der Zeit beispielsweise ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen. Die Pflegekasse sieht für die Leistung ein festes Budget vor.
  • Kurzzeitpflege: Manchmal müssen Pflegebedürftige für einen bestimmten Zeitraum in einer Pflegeeinrichtung gepflegt werden, beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt. Die Kurzzeitpflege stellt die nötigen finanziellen Mittel bereit.
  • Verhinderungspflege: Pflegende Angehörige stehen meist nicht das ganze Jahr über für die Pflege zur Verfügung. Auch sie werden krank oder benötigen eine Auszeit. Mit der Verhinderungspflege stellt das kein Problem dar.
  • Betreuungs- und Entlastungsleistungen: Entlastung wird mit den Entlastungsleistungen großgeschrieben. Mit dem festgelegten Budget, das bei allen Pflegegraden gleich hoch ausfällt, können Pflegebedürftige Betreuungsangebote oder eine Haushaltshilfe beanspruchen.

Entlastungsleistungen auf einen Blick

Pflegegrad
Tages- und Nachtpflege
Kurzzeitpflege
Verhinderungspflege
Entlastungsbetrag
1 0 € 0 € 0 € 125 €
2 689 € 1774 € 1612 € 125 €
3 1298 € 1774 € 1612 € 125 €
4 1612 € 1774 € 1612 € 125 €
5 1995 € 1774 € 1612 € 125 €

Tabelle 4: Übersicht Entlastungsleistungen. Quelle: eigene Darstellung

 

Achtung! Durch die Pflegereform 2024 kann eine gewisse Gruppe an Pflegebedürftigen von dem vorgezogenen Entlastungsbudget profitieren. Es steht Personen mit Pflegegrad 4 oder Pflegegrad 5 zur Verfügung, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Sie haben Zugriff auf insgesamt 3.386 Euro, die sie sowohl für die Verhinderungspflege als auch für die Kurzzeitpflege nutzen können.

Gut zu wissen!

Durch Depressionen, die länger anhalten, können Betroffene einen Grad der Behinderung erhalten. Um die damit verbundenen Nachteilsausgleiche zu bekommen, können sich Pflegebedürftige an das Versorgungsamt wenden.

Depressionen: Leistungen für Anpassungen in der Wohnung/dem Haus

Die Ansprüche an die Wohnumgebung können sich durch eine Pflegebedürftigkeit verändern. Bei dem alleinigen Vorliegen einer Depression ist das nicht zu erwarten. Bestehen zeitgleich jedoch andere Erkrankungen, kann es sinnvoll sein, einige Anpassungen vorzunehmen.

Dazu zählen:

  • Hausnotruf: Ihr Angehöriger drückt auf einen Knopf und setzt damit automatisch einen „Hilferuf“ ab – das klappt mit einem Hausnotrufsystem. Die Pflegekasse engagiert sich dabei mit monatlich 25,50 Euro.
  • Pflegehilfsmittelpauschale: In der Pflege ist Hygiene besonders wichtig. Genau diese kann durch Pflegehilfsmittel zum Verbrauch wie Desinfektionsmittel, Bettschutzeinlagen, Einmalhandschuhe oder Masken unterstützt werden. Die Pflegekasse sieht für die besonderen Hilfsmittel monatlich 40 Euro vor.
  • Wohnraumanpassung: Nehmen die körperlichen Fähigkeiten ab, kann die eigene Wohnumgebung zur Gefahrenquelle werden. Die Pflegekasse hilft mit bis zu 4000 Euro pro Einzelmaßnahme dabei, den Wohnraum entsprechend anzupassen.

FAQ: Häufige Fragen zum Pflegegrad bei Depressionen