Bei Amyotropher Lateralsklerose, kurz ALS, handelt es sich um eine chronisch fortschreitende Erkrankung des Nervensystems. Betroffene sind früher oder später auf eine pflegerische Versorgung angewiesen. Die Krankenkasse und die Pflegekasse unterstützen Patienten mit zahlreichen Leistungen. Für die Inanspruchnahme ist jedoch unbedingt ein Pflegegrad erforderlich.

Wir geben Ihnen einen Überblick über die Pflegegrade, die bei ALS zugeteilt werden. Außerdem erklären wir Ihnen, wie die Beantragung klappt und welche Leistungen Versicherten dann zustehen.

Das Wichtigste in Kürze

  • ALS, eine degenerative Erkrankung des Nervensystems, führt zu einer Pflegebedürftigkeit.
  • Je nach Ausprägung des Hilfsbedarfs bekommen Betroffene auf Antrag einen Pflegegrad von 1 bis 5 zugeteilt – den Antrag stellen ALS-Patienten direkt bei der Pflegekasse.
  • Im Rahmen der Pflegebegutachtung stellen Gutachter fest, inwiefern die Selbstständigkeit bei den Patienten eingeschränkt ist – daran orientiert sich der Pflegegrad.
  • Da die Krankheit vergleichsweise schnell voranschreitet, ist die regelmäßige Überprüfung des Pflegegrads sinnvoll.
  • Mit einem Pflegegrad können Pflegebedürftige zahlreiche Leistungen wie Pflegegeld, Pflegesachleistungen und Verhinderungspflege beanspruchen.

Was ist Amyotrophe Lateralsklerose (ALS)?

Die Amyotrophe Lateralsklerose, besser bekannt unter der Abkürzung ALS, ist eine schwere Erkrankung des Nervensystems. Dabei werden insbesondere Nervenzellen – die sogenannten Motoneuronen – geschädigt. Das hat schwerwiegende Folgen, denn die Nervenzellen haben die Aufgabe, Muskeln und Bewegungen zu kontrollieren bzw. zu steuern. Die Erkrankung betrifft unter anderem die Muskeln in den Extremitäten, die Atemmuskulatur, die Sprechmuskulatur und die Schluckmuskulatur.1 Mit weltweit ca. ein bis zwei Neuerkrankungen pro 100.000 Menschen und Jahr zählt die Amyotrophe Lateralsklerose zu den sogenannten Orphan Diseases, also zu den seltenen Erkrankungen. Darunter fallen in der Europäischen Union Krankheiten, von denen nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen betroffen sind. Zwar gibt es verschiedene therapeutische Ansätze, um Beschwerden zu lindern und um die Lebensqualität zu steigern, heilbar ist die Erkrankung aber nicht.

Gut zu wissen!

Bei 5-10 % der Betroffenen ist eine genetische Veränderung nachweisbar – sie kann die Erkrankung begünstigen oder verursachen. In den meisten Fällen ist die Ursache für die Amyotrophe Lateralsklerose allerdings unbekannt.

Sind ALS-Patienten automatisch pflegebedürftig?

Menschen mit Amyotropher Lateralsklerose sind nicht automatisch direkt mit dem Bekanntwerden der Erkrankung pflegebedürftig. Da ALS aber unaufhörlich voranschreitet, ergibt sich früher oder später ein Pflegebedarf. Daher ist es sinnvoll, dass Betroffene gemeinsam mit ihren Familienangehörigen überlegen, ob eine spätere häusliche Versorgung sichergestellt ist oder welche anderen Optionen es gibt. Egal, ob die Pflege in den eigenen vier Wänden oder in einer Einrichtung erfolgen soll, ein Pflegegrad ist unbedingt notwendig, um Leistungen der Pflegekasse zu beanspruchen.

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Amyotrophe Lateralsklerose und Pflege: Wie beeinflusst ALS den Pflegebedarf?

Der Verlauf der Erkrankung fällt sehr unterschiedlich aus. Eine exakte zeitliche Vorhersage über die Form und Ausprägung der Pflegebedürftigkeit ist also nicht möglich. Ausschlaggebend für den Krankheitsverlauf ist die Muskelgruppe, in der die Symptome auftreten. Zunächst zeigen sich die Beschwerden in einer isolierten Muskelregion wie den Handmuskeln, um sich dann auf benachbarte Muskelregionen, zum Beispiel im Arm und in der Schulter, auszudehnen. Wie lange es dauert, bis eine weitere Muskelgruppe in den Krankheitsverlauf mit einbezogen wird, ist unterschiedlich. Patienten und Angehörige berichten hier von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten. Durch den Fortschritt der Erkrankung kommt es zunehmend zur Muskelschwäche sowie Steifigkeit und damit auch zur Lähmung der entsprechenden Extremität – das hat natürlich auch einen Einfluss auf die Pflegebedürftigkeit.4

  • Die unteren Extremitäten sind betroffen: Beschwerden in den Beinen oder Füßen führen zu einer Gehstörung – Betroffene sind nun auf pflegerische Unterstützung und Hilfsmittel wie eine Gehstütze bzw. einen Rollstuhl angewiesen.4
  • Die oberen Extremitäten sind betroffen: Arme und Beine ermöglichen unter anderem das Schreiben, Schneiden, Tragen und Heben. Beschwerden, die mit den oberen Extremitäten in Verbindung stehen, können Betroffene daher stark einschränken. Sie benötigen nun beispielsweise Unterstützung bei der Nahrungszubereitung oder Körperpflege.4
  • Die Zunge, der Schlund oder Gaumen ist betroffen: Hier stehen Probleme mit der Sprachbildung, Kau- sowie Schluckstörungen im Mittelpunkt. Patienten fällt es nun insbesondere schwer, zu kommunizieren, oder sie sind dazu gar nicht mehr in der Lage. Betroffene benötigen Unterstützung/Aufsicht bei der Nahrungseinnahme und möglicherweise eine andere Form der Kommunikation (Augencode).

Pflegegrad bei ALS: Voraussetzungen und Einstufung

Die meisten Menschen erkranken an Amyotropher Lateralsklerose im Alter zwischen 50 und 70 Jahren. Es gibt aber auch wesentlich jüngere ALS-Patienten – bei ihnen bricht die Erkrankung zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr aus.[1] Anders als häufig vermutet, ist ein Pflegegrad nicht nur für Menschen vorgesehen, die aufgrund ihres Alters auf Unterstützung angewiesen sind. Auch Krankheitsprozesse können zu einer Pflegebedürftigkeit führen und somit einen Pflegegrad notwendig machen. Doch auch wenn die Amyotrophe Lateralsklerose bereits deutliche Beschwerden verursacht, erhalten Betroffene nicht automatisch einen Pflegegrad. Sie müssen zunächst einige Voraussetzungen erfüllen und aktiv einen Pflegegrad beantragen.

Voraussetzungen für einen Pflegegrad bei ALS

Um Leistungen der Pflegekasse gerecht verteilen zu können, ist der Pflegegrad an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Eine ALS-Erkrankung mündet früher oder später in jedem Fall in einer Pflegebedürftigkeit, sodass diese Voraussetzungen dann in der Regel auch erfüllt sind.

Amyotrophe Lateralsklerose: Voraussetzungen für einen Pflegegrad

  • Betroffene haben in den letzten 10 Jahren mindestens 2 Jahre in die Pflegeversicherung eingezahlt oder haben eine Familienversicherung in Anspruch genommen.
  • Die Selbstständigkeit ist feststellbar eingeschränkt, Patienten sind also auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen.
  • Die Hilfsbedürftigkeit besteht über voraussichtlich mindestens 6 Monate oder ist zeitlich unbegrenzt – dieser Punkt trifft bei ALS-Patienten in jedem Fall zu.

Gut zu wissen!

Die Pflegekasse genehmigt nur dann einen Pflegegrad, wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind.

Amyotrophe Lateralsklerose: Welcher Pflegegrad passt?

Die Pflegekasse vergibt an Pflegebedürftige einen von insgesamt fünf Pflegegraden. Vielleicht kennen Sie noch den Begriff „Pflegestufen“. Die Pflegestufen existierten bis zum Jahr 2017, danach wurden sie von den Pflegegraden abgelöst, um die Pflegebedürftigkeit noch besser abbilden zu können. Die nun geltenden Pflegegrade werden in Abhängigkeit von der vorliegenden Einschränkung der Selbstständigkeit vergeben. Das bedeutet, dass ein Mensch mit einer fortgeschrittenen Amyotrophen Lateralsklerose einen höheren Pflegegrad erhält, als eine Person im Frühstadium, die noch vergleichsweise wenig Beschwerden besitzt. Einen festen Pflegegrad für die Amyotrophe Lateralsklerose gibt es also nicht – vielmehr ändert sich der Pflegebedarf und damit auch der Pflegegrad mit zunehmendem Krankheitsfortschritt.

Übersicht Pflegegrad bei ALS

Die Pflegekasse bezieht sich bei der Verteilung der Pflegegrade stets auf die Selbstständigkeit – doch wie stark muss die Einschränkung für den jeweiligen Pflegegrad sein? Folgende Tabelle zeigt Ihnen, wann Betroffene mit ALS beispielsweise Pflegegrad 1 oder Pflegegrad 5 erhalten. Erfahrungsgemäß verbleiben Patienten durch den raschen Fortschritt der Erkrankung verhältnismäßig kurz in den jeweiligen Pflegegraden. Im Endstadium liegt häufig Pflegegrad 4 oder 5 vor – Betroffene sind dann in der Regel rund um die Uhr auf die pflegerische Unterstützung angewiesen.

Pflegegrad
Grad der Beeinträchtigung
1 Geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
2 Erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
3 Schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
4 Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit
5 Schwerste Beeinträchtigung der Selbstständigkeit mit besonderen Anforderungen an die pflegerische Versorgung

Tabelle 1: Eigene Darstellung in Anlehnung an: Pflegegrade (vdek.com)

Was passiert mit dem Pflegegrad, wenn ALS-Patienten versterben?

Menschen mit Amyotropher Lateralsklerose bleiben bis zum Lebensende pflegebedürftig. Das liegt daran, dass die Erkrankung weder heilbar noch eine wesentliche Verbesserung des Gesundheitszustandes zu erwarten ist. Eine Rückstufung des Pflegegrades kommt also nicht infrage. Versterben Menschen mit ALS verfällt der Pflegegrad automatisch. Eine Übertragung auf pflegebedürftige Angehörige oder sonstige Menschen ist nicht möglich.

Pflegegrad bei ALS beantragen

Auch wenn eine Pflegebedürftigkeit deutlich ausgeprägt ist, erhalten Menschen mit ALS nicht automatisch einen Pflegegrad. Schließlich muss zunächst festgestellt werden, in welchen Bereichen und wie stark der Betroffene in seiner Selbstständigkeit eingeschränkt ist. Menschen mit einer Amyotrophen Lateralsklerose erfüllen jedoch in der Regel die Voraussetzungen für einen Pflegegrad und müssen sich daher keine Sorgen um eine Genehmigung machen.

Wann sollten Menschen mit Amyotropher Lateralsklerose einen Pflegegrad beantragen?

Da der Genehmigungsprozess einige Zeit in Anspruch nimmt und sich Pflegebedürftige bzw. Angehörige zunächst mit dem Leistungsangebot vertraut machen müssen, ist es sinnvoll, den Pflegegrad-Antrag möglichst zeitnah zu stellen. Sobald eine Pflegebedürftigkeit erkennbar ist, lohnt sich ein entsprechender Antrag bei der Pflegekasse. Übrigens kann nicht nur eine körperliche, sondern auch eine psychische Erkrankung einen Grund für einen Pflegegrad liefern. Menschen, die aufgrund der ALS- Erkrankung mit Angstzuständen oder Depressionen zu kämpfen haben, können ebenfalls einen Anspruch auf einen Pflegegrad besitzen.

Pflegegrad bei ALS beantragen: 5 Schritte

Die Beantragung eines Pflegegrads ist kostenlos und gelingt in wenigen Schritten. Wir verraten Ihnen, wie Sie den Pflegegrad-Antrag möglichst schnell auf den Weg bringen.

  1. Rufen Sie die Pflegekasse an: Erfahrungsgemäß klappt die Kontaktaufnahme mittels Telefon besonders schnell. Rufen Sie bei der Pflegekasse an und bitten Sie um den „Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung“ – die Mitarbeiter senden Ihnen den Antrag dann zu. Viele Versicherer stellen das Dokument auch schon online zum Download bereit.
  2. Füllen Sie den Antrag mit Sorgfalt aus: Nur wenn Sie alle erforderlichen Angaben machen, kann der Antrag reibungslos bearbeitet werden. Oftmals ist es für Betroffene hilfreich, den Antrag mit einem Angehörigen auszufüllen. Ganz wichtig: Vergessen Sie die Unterschrift nicht. Nach dem Ausfüllen schicken Sie das Dokument an die Pflegekasse.
  3. Warten Sie auf einen Anruf vom Medizinischen Dienst: Ist Ihr Antrag bei der Pflegekasse eingegangen, beauftragt sie den Medizinischen Dienst, früher MDK. Dieser führt eine sogenannte Pflegebegutachtung durch, bei der die verbliebene Selbstständigkeit festgestellt wird. Der Gutachter gibt der Pflegekasse nach der Pflegebegutachtung eine Empfehlung für einen Pflegegrad – die letztendliche Entscheidung trifft allerdings die Pflegekasse. Ein Gutachter kommt allerdings nicht einfach zu Ihnen nach Hause, sondern vereinbart zuvor telefonisch einen Termin mit Ihnen.
  4. Öffnen Sie die Post von der Pflegekasse: Nun, nachdem die Pflegekasse alle Dokumente vorliegen hat, kann sie einen Pflegegrad zuteilen. Welchen Pflegegrad Sie zukünftig haben, darüber informiert Sie die Pflegekasse schriftlich.
  5. Legen Sie gegebenenfalls Widerspruch ein: Dieser Schritt ist optional, denn nur, wenn Sie nicht mit Ihrem Pflegegrad einverstanden sind, sollten Sie einen Widerspruch einlegen. Dafür haben Sie nach Zustellung des Bescheids einen Monat Zeit. Achtung: Der Widerspruch muss stets schriftlich erfolgen.

Kann ich auch als Angehöriger einen Pflegegrad beantragen?

Ihr Familienmitglied hat Amyotrophe Lateralsklerose und ist aufgrund der Beschwerden nicht selbst in der Lage, den Antrag zu stellen? Dann können Sie das als Angehöriger für den Patienten tun. Voraussetzung dafür ist allerdings eine Vollmacht bzw. eine Vorsorgevollmacht – diese muss dem Antrag auf einen Pflegegrad in Kopie beigelegt werden. Ein Pflegegrad ist übrigens ausnahmslos für den Pflegebedürftigen vorgesehen. Auch wenn sich pflegende Angehörige aufopferungsvoll um die Pflege kümmern, erhalten Sie keinen Pflegegrad. Allerdings profitieren auch sie von den Leistungen, die Pflegebedürftige nach der Bewilligung des Pflegegrads zustehen. Ganz konkret können Angehörige durch den Entlastungsbetrag, die Tages- und Nachtpflege oder das Pflegegeld Entlastung erfahren.

Können ALS-Patienten auch während einer Therapie einen Pflegegrad beantragen?

Die Beantragung vom Pflegegrad klappt völlig unabhängig von geplanten oder aktuellen Therapien. Grundsätzlich ist es möglich, den Pflegegrad vor, während oder nach einer Behandlung zu beantragen. Es ist aber stets wichtig, dass ein konkreter Hilfsbedarf vorliegt.

Folgendes deutet bei ALS auf einen Pflegegrad hin:

  • Betroffene haben Probleme mit der Mobilität, also mit dem Aufstehen, dem Treppensteigen oder damit, die Räume zu wechseln.
  • Die Zubereitung von Speisen und die Nahrungsaufnahme klappen nicht ohne fremde Hilfe.
  • Betroffene können die Körperpflege nicht selbst durchführen, sich beispielsweise die Haare waschen, die Zähne putzen oder die Fingernägel schneiden.

Höheren Pflegegrad bei Amyotropher Lateralsklerose (ALS) beantragen

Da die Erkrankung rasch voranschreitet, kann es passieren, dass Patienten innerhalb kürzester Zeit wesentlich stärker auf Hilfe von außen angewiesen sind. Anstatt in dem gewohnten Pflegegrad zu verweilen, ist es dann sinnvoll, eine Höherstufung zu beantragen. Das klappt ebenfalls bei der Pflegekasse. Sehen Sie sich den „Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung“ an, den Sie bereits zur Beantragung des Pflegegrads ausgefüllt haben. Am Anfang des Dokuments finden Sie mehrere Optionen zum Ankreuzen. Hier entdecken Sie auch ein Kästchen mit der Bezeichnung „Höherstufung“ – genau hier setzen Sie Ihr Kreuzchen. Auch dieser Antrag ist kostenlos und bietet sich immer dann an, wenn Sie das Gefühl haben, dass die momentanen Pflegeleistungen für Ihre Situation nicht ausreichen. Auch ein Pflegedienst, der im häuslichen Umfeld tätig ist, oder der behandelnde Arzt kann eine Einschätzung zum Pflegebedarf geben.

Pflegebegutachtung bei ALS: das prüfen die Gutachter

Wie bereits erwähnt, steht bei der Pflegebegutachtung die Selbstständigkeit des Antragstellers im Vordergrund. Dabei kommt es übrigens nicht auf die Erkrankung oder den jeweiligen Alterungsprozess an, der zu der Pflegebedürftigkeit geführt hat. Eine Pflegebegutachtung läuft bei Erwachsenen nämlich stets gleich ab. Kommt der Gutachter des Medizinischen Dienstes zu dem vereinbarten Termin in Ihr häusliches Umfeld, prüft er Ihre Selbstständigkeit in folgenden sechs Bereichen:

  1. Selbstversorgung: Inwieweit können Sie sich selbst versorgen, wie klappt die Körperpflege oder die Ernährung?[1]
  2. Umgang mit krankheits- und behandlungsbedingten Anforderungen: Wobei sind Sie auf Hilfe angewiesen, wenn es um die Krankheit oder Therapie geht – brauchen Sie beispielsweise Unterstützung beim Verbandswechsel oder bei der Medikamenteneinnahme?6
  3. Mobilität: Wenn es um die Themen Sitzen, Aufstehen, Liegen oder Fortbewegung geht, wie ist dort der Hilfsbedarf?6
  4. Alltagsleben und soziale Kontakte: Gibt es Schwierigkeiten bei der Planung des Alltags oder bei der Aufrechterhaltung sozialer Kontakte?6
  5. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: Sind Sie in der Lage, zu kommunizieren, sich zu orientieren und für Ihre Sicherheit Sorge zu tragen?6
  6. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen: Hat die Erkrankung dazu geführt, dass Sie unter Depressionen oder Ängsten leiden – benötigen Sie deshalb psychische Unterstützung?6

Der Gutachter vergibt für jedes Modul bzw. die zugehörigen Einzelkriterien eine Punktanzahl – je nachdem, wie viel Selbstständigkeit hier vorhanden ist. Zum Schluss ergibt sich eine Gesamtpunktzahl, die über den Pflegegrad bestimmt. Achtung: Nicht jedes Modul ist gleich gewichtet – hier kommt es insbesondere darauf an, wie wichtig das Modul für den Alltag des Antragstellers ist. Das Modul Selbstversorgung ist mit 40 % beispielsweise stärker gewichtet als die Gestaltung des Alltagslebens mit 15 %.6

Pflegegrad
Erforderliche Punktzahl
1 12,5 bis unter 27,0 Punkte
2 27 bis unter 47,5 Punkte
3 47,5 bis unter 70 Punkte
4 70 bis unter 90 Punkte
5 90 bis 100 Punkte

Tabelle 2:Eigene Darstellung in Anlehnung an: Pflegegrad bei Krebs. Voraussetzungen, Leistungen, Pflegegeld (pflege-durch-angehoerige.de)

Welche Ansprüche haben Menschen mit ALS?

Die Amyotrophe Lateralsklerose führt mit dem Voranschreiten in der Regel zu einer schweren Pflegebedürftigkeit. Deshalb ist es wichtig, dass Pflegebedürftige und Angehörige tatkräftige Unterstützung erhalten – diese umfasst eine medizinische und pflegerische Versorgung. Die Krankenkasse übernimmt die Kosten für die Behandlung mit Medikamenten oder für physiotherapeutische, logopädische oder ergotherapeutische Verfahren. Falls eine Ernährungssonde oder Hilfsmittel notwendig werden, ist auch hier die Krankenkasse der richtige Ansprechpartner. Für die pflegerische Versorgung ist die Pflegekasse die richtige Anlaufstelle. Sie stellt Menschen, sofern ein Pflegegrad vorliegt, Geld- und Sachleistungen zur Verfügung.

Welche finanziellen Hilfen gibt es für Menschen mit ALS?

Menschen mit einer fortgeschrittenen Amyotrophen Lateralsklerose können meist nicht mehr ins Arbeitsleben zurückkehren – zu groß sind die körperlichen Beeinträchtigungen. Viele Betroffene und ihre Angehörigen sorgen sich daher um die Finanzierung der nötigen Pflege. Die Pflegekasse beteiligt sich allerdings an der pflegerischen Versorgung, die grundsätzlich im häuslichen Umfeld (später mit Begleitung eines Intensivpflegedienstes) oder in einer stationären Einrichtung erfolgen kann. Wie umfangreich die Leistungen sind, richtet sich nach dem vorliegenden Pflegegrad.

Prinzipiell können ALS-Patienten auf Folgendes zurückgreifen:

  • Pflegegeld: Pflegebedürftige bekommen das Pflegegeld monatlich auf ihr Konto überwiesen. Sie können es als Anerkennung an pflegende Angehörige weitergeben.
  • Pflegesachleistungen: Dieser für die Bezahlung eines Pflegedienstes vorgesehene Betrag fällt, je nach Pflegegrad, sehr unterschiedlich aus.
  • Vollstationäre Pflege: Erhalten ALS-Patienten eine Pflege in einer stationären Einrichtung, reduziert ein entsprechender Betrag die Pflegekosten.
Pflegegrad
Pflegegeld
Pflegesachleistungen
Vollstationäre Pflege
1 0 € 0 € 0 €
2 332 € 760 € 770 €
3 572 € 1.431 € 1262 €
4 764 € 1.778 € 1775 €
5 946 € 2.200 € 2005 €

Tabelle 3: Übersicht finanzielle Leistungen für Pflegebedürftige. Quelle: eigene Darstellung

Diese Leistungen entlasten Pflegebedürftige und pflegende Angehörige

Durch die Amyotrophe Lateralsklerose kann sich der Pflegealltag schnell ändern. Vielleicht konnte das Familienmitglied noch vor drei Wochen selbstständig eine Gabel halten, nun ist das nicht mehr möglich. Die permanenten Umstellungen führen dazu, dass der Alltag mit der Erkrankung sehr anspruchsvoll ist. Daher ist es wichtig, dass Pflegebedürftige und Angehörige in allen Bereichen Entlastung erfahren. Die Pflegekasse hat dafür verschiedene Leistungen vorgesehen.

  • Tages- und Nachtpflege: Sich rund um die Uhr um einen Menschen zu kümmern, ist eine große Aufgabe. Die Tages- und Nachtpflege trägt dazu bei, dass ehrenamtliche Pflegepersonen eigene Termine wahrnehmen oder arbeiten gehen können. Erkrankte befinden sich dabei vorübergehend in einer Pflegeeinrichtung.
  • Kurzzeitpflege: Müssen ALS-Patienten vorübergehend in stationäre Versorgung, steht ein Budget für die Kurzzeitpflege zur Verfügung.
  • Verhinderungspflege: Natürlich können auch pflegende Angehörige verhindert sein, zum Beispiel durch einen Krankheitsfall oder durch einen Urlaub. Dann können Betroffene die Verhinderungspflege beanspruchen und einen ambulanten Pflegedienst
  • Betreuungs- und Entlastungsleistungen: Der Entlastungsbetrag kann nur für bestimmte Leistungen genutzt werden, ALS-Patienten können dafür beispielsweise eine Haushaltshilfe einstellen oder an einer Tagesbetreuung in Gruppen teilnehmen.

Entlastungsleistungen der Pflegekasse für ALS-Patienten auf einen Blick

Pflegegrad
Tages- und Nachtpflege
Kurzzeitpflege
Verhinderungspflege
Entlastungsbetrag
1 0 € 0 € 0 € 125 €
2 689 € 1774 € 1612 € 125 €
3 1298 € 1774 € 1612 € 125 €
4 1612 € 1774 € 1612 € 125 €
5 1995 € 1774 € 1612 € 125 €

Tabelle 4: Übersicht Entlastungsleistungen. Quelle: eigene Darstellung

ALS: Weitere Unterstützungsangebote für die häusliche Pflege

Viele Menschen möchten im Alter und bei Krankheit eine Pflege in den eigenen vier Wänden erhalten. Pflegende Angehörige tragen entscheidend dazu bei, indem sie die Versorgung entweder alleine oder gemeinsam mit einem ambulanten Pflegedienst übernehmen. Um das häusliche Umfeld möglichst genau auf die Bedürfnisse von ALS-Patienten abzustimmen, kann die Inanspruchnahme weiterer Pflegekassen-Leistungen sinnvoll sein.

Dazu zählen:

  • Budget für Hausnotruf: Die Amyotrophe Lateralsklerose ist eine Erkrankung, die schnell voranschreitet – Betroffene können so von der einen auf die andere Woche weitere Einschränkungen bemerken, mit denen sie zunächst lernen müssen, umzugehen Die Pflegekasse stellt Pflegebedürftigen jeden Monat einen Betrag (25,50 Euro) für den Hausnotruf zur Verfügung – im Ernstfall können Sie so schnell Hilfe rufen.
  • Pflegehilfsmittel zum Verbrauch: Hygiene ist im Pflegeumfeld stets wichtig. Vor allem dann, wenn ALS-Patienten eine künstliche Beatmung erhalten. Damit steigt nämlich das Risiko für eine Lungenentzündung. Mit

Desinfektionsmitteln, Bettschutzeinlagen, Einmalhandschuhen und Masken, also Pflegehilfsmitteln zum Verbrauch, gestalten Sie das Pflegeumfeld hygienisch. Die Pflegekasse stellt Versicherten dafür 40 Euro pro Monat zur Verfügung.

  • Wohnraumanpassung: Bei ALS sind Patienten zunehmend von Muskellähmungen betroffen. Darunter leidet auch die Mobilität. Mit Umbaumaßnahmen im häuslichen Umfeld können die Pflege vereinfacht und die Selbstständigkeit erhöht werden – die Pflegekasse beteiligt sich daran mit bis zu 4000 Euro mit den sogenannten wohnumfeldverbessernden Maßnahmen.

FAQ: Häufige Fragen zum Pflegegrad bei Amyotropher Lateralsklerose (ALS)